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Klaudios Ptolemaios

(* um 100 n. Chr. Ptolemais [Oberägypten], † um 160)

Klaudios Ptolemaios, der während des zweiten Drittels des zweiten Jahrhunderts in Alexandria, der Hochburg griechischer Wissenschaft und Forschung im Hellenismus, wirkte, hat die mathematischen Inhalte der Astronomie, Optik und Harmonik (Musiklehre) als letzter kreativer Vertreter mathematisch-naturwissenschaftlicher Forscher der griechisch-römischen Antike für lange Zeit abschließend bearbeitet; allein Diophantos, der im 3. Jahrhundert ebenfalls in Alexandria wirkte, erarbeitete mit der Zahlentheorie ein für die Antike neues Gebiet, allerdings aus der reinen Mathematik. Die Spätantike beschränkte sich dann auf die Einbettung der Erkenntnisse in philosophische Systeme (vor allem des Neuplatonismus und des Stoizismus) und auf die Kommentierung älterer philosophischer, mathematischer und naturwissenschaftlicher Schriften, wobei durchaus neue Einzel­erkenntnisse mit einflossen, während die Römer sich überhaupt vorwiegend der selektiven Zusammenfassung des vorliegenden Wissens widmeten.

Aus dem Leben des Ptolemaios ist aufgrund seiner Beobachtungsdaten lediglich bekannt, dass er zwischen den Jahren 127 und 147 in Alexandria astronomische Beobachtungen angestellt hat; um so größer ist aber der Einfluss seiner Werke auf seine Zeitgenossen und die Folgezeit bis ins 17. Jahrhundert gewesen. Den größten hatte von ihnen ohne Zweifel die ›Syntaxis mathematike‹ (›Mathematische Zusammenstellung‹), das nach einer arabisch-lateinischen Verballhornung so genannte ›Almagestum‹. Das Werk ist allerdings mehr als eine Zusammenstellung der mathematischen Kenntnisse zur Astronomie; denn Ptolemaios ent­wickelt hier darüber hinaus auf der Grundlage eigener und älterer Beobachtungen besonders des Hipparchos zumindest für die Planeten ein erstes, ältere Theorie-Elemente zusammenfassendes Bewegungsmodell, das den beobachteten Planetenörtern für lange Zeit genau genug entsprach, und in seinen übrigen Teilen ist das ›Almagestum‹ als das erste systematische Handbuch der mathematischen Astronomie anzusprechen, dessen Aufbau und Inhalt noch lange vorbildlich bleiben sollten.

Nach den Beweisen für die zu den Berechnungen und Tafeln benötigten geometrischen Sätze und einer allgemeinen Einführung in das geozentrische Weltbild auf der Grundlage aristotelischer Physik ist das 3. Buch der Bewegung der Sonne und den Jahrespunkten gewidmet, wobei Ptolemaios zwar im Anschluss an die beiden alexandrinischen Mathematiker Adrastos von Aphrodisias und Theon von Smyrna die kinematische Gleichwertigkeit der von Apollonios von Perge vorgeschlagenen Epizykeltheorie und der Exzentertheorie des Hipparchos betont, sich aber wegen der größeren Einfachheit bei der Sonne für die letztere entscheidet. Die scheinbar ungleichförmige Bewegung der Sonne wird daraufhin aus der Exzentrizität ihrer Kreisbewegung abgeleitet. Für den Mond zog Ptolemaios die Epizykeltheorie ihrer größeren Anpassungsfähigkeit wegen vor, musste sie aber zur Berücksichtigung der von ihm entdeckten Evektion gegenüber Hipparchos durch einen beweglichen Exzenter als Träger des Epizykels, auf dem der Mond herumgeführt wird, erweitern. Für die damals bekannten fünf Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Venus und Merkur reichte nicht einmal die Kombination beider Bewegungsmodelle aus, um die von der Erde aus ungleichförmig erscheinenden Bewegungen als aus sich überlagernden gleichförmigen Kreisbewegungen (einem Epizykel auf exzentrischem Trägerkreis / ›Deferenten‹) resultierend darstellen zu können. Ptolemaios musste vielmehr einen sogenannten Ausgleichskreis einführen, um die im Anschluss an die aristotelische Physik geforderte Gleich- und Kreisförmigkeit aller Bewegungskomponenten zu erhalten: Der Epizykelmittelpunkt bewegt sich weiterhin auf einem zur Erde exzentrischen Kreis, jedoch jetzt nicht mehr mit gleichförmiger Lineargeschwindigkeit, sondern mit gleicher Winkelgeschwindigkeit bezogen auf den Ausgleichspunkt außerhalb des Mittelpunktes des Deferenten und der Welt (Erde). – Dieser immer wieder kritisierte ›Verstoß‹ gegen die aus der aristotelischen Physik gezogenen Forderungen, der zwar auf eine gute Übereinstimmung von Theorie und beobachteten Örtern führte, aber physikalisch als Rotationsbewegung undenkbar gewesen ist, war es übrigens, der Copernicus später veranlasste, eine Verbesserung der ihm vorliegenden Theorien mit Ausgleichsbewegung durch strikte Befolgung der (aristotelischen) physikalischen Grundsätze vorzunehmen. – Die weiteren Bücher handeln über Ursachen und Berechnungen von Sonnen- und Mondfinsternissen sowie von den Fixsternen, deren nach Sternbildern geordneten Katalog mit genauen Örtern Ptolemaios gegenüber Hip­parchos um 200 erweitern konnte. Er wurde immerhin bis hin zu Tycho Brahe – nur wegen der Präzession jeweils auf die neue Zeit reduziert – unverändert übernommen. Neue systematische Fixsternbeobachtungen beginnen erst wieder im ausgehenden 17. Jahrhundert.

Das ptolemaiische, geozentrische Planetensystem dagegen, das im ›Almagest‹ für jeden Planeten gesondert mathematisch entwickelt wurde (so dass sich daraus kein zusammenhängendes ›System‹ ergab), fand zwar mit seiner Anordnung der Planeten und mit seinen mathematischen Elementen ebenso lange Anerkennung, nur hatte sich ergeben, dass die Perioden der sich der mittleren Bewegung überlagernden anomalistischen (Kreis-)Bewegungen einer Revision unterzogen werden mussten, damit die danach berechneten Tafeln zu den beobachteten Werten führten: Die Theorien für die einzelnen Planeten wurden durch neue Perioden modifiziert, das System nicht; und die auf Eudoxos von Knidos zurückgehende Art, ungleichförmige Bewegungen auf gleichförmige Bewegungen auf rotierenden Sphären (die im reduktionistischen mathematischen Modell wie im ›Almagest‹ als Kreise gedacht wurden) zurückzuführen, hat sich sogar so lange gehalten, bis das System Johannes Keplers mit den drei Bewegungsgesetzen sich seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert allmählich durchsetzte.

Ein ›physikalisches‹ System neben der mathematischen Theorie hatte auch Ptolemaios in seiner Schrift ›Hypotheses planetarum‹ aufzustellen versucht, indem er im Anschluss an Theon von Smyrna nach aristotelischem Muster die imaginären Kreise des ›Almagest‹ zu massiven Äthersphären ergänzte, zu Kugelschalen mit teils nicht-konzentrischen Begrenzungsflächen, und die Epizykel als Vollkugeln durch eine freigelassene Röhre in diesen Sphären rollen ließ. Durch das konzentrische Aneinanderreihen der Sphärensysteme aller Planeten (einschließlich Sonne und Mond), deren zum Durchmesser relative Dicke sich aus den Größen von Epizykel und Deferent ergab, gewann Ptolemaios so die Möglichkeit, auch absolute Entfernungen zu berechnen, wie sie im Falle des Mondes aufgrund von Parallaxenbestimmungen und für die Sonne daraufhin aus den Finsternissen seit Aristarchos von Samos bekannt waren. Für die das Universum abschließende Fixsternkugel errechnete er so einen Durchmesser von knapp 20 000 Erddurchmesser, einen Wert, der mit geringfügigen Modifizierungen bei den Anhängern eines geozentrischen Weltbildes ebenfalls bis ins 17. Jahrhundert hinein anerkannt war. – Tycho Brahe erhielt nach derselben Methode für sein geo-heliozentrisches System einen Wert von 14 000 Erddurchmessern, während nach Copernicus eine große Lücke zwischen der Saturn- und der unermesslich weit entfernten Fixsternsphäre klaffte (was lange Zeit einen der Gründe für die Nicht-Anerkennung seines heliozentrischen Systems bildete). Die Präzession, deren zu kleinen Wert von 1° in 100 Jahren Ptolemaios unverändert von Hipparchos übernommen hatte, wurde dann erst seit Thabit Ibn Kurra und seiner Zeit in einem solchen ›physikalischen‹ System berücksichtigt. Es wurde im lateinischen Mittelalter und dann bis ins 17. Jahrhundert parallel zu dem reduktionistischen, rein mathematischen Berechnungsmodell tradiert und benutzt; erst Copernicus’ Ziel war es dann, beide Betrachtungsweisen zu einer Einheit zusammenzufassen.

Von ähnlich großem Einfluss wie das ›Almagestum‹ waren die ›Tetrabiblos‹ (›Viererbuch‹) des Ptolemaios, das erste astrologische Handbuch, in dem die Inhalte orientalischer Gestirnsreligionen auf griechische Naturphilosophie gegründet und die Einflussnahme der (Gestirns-)Götter auf das irdische Geschehen systematisch zusammengefasst wird, seine astronomisch-geographischen Tafeln, in denen die Werte des ›Almagestum‹ bereits revidiert wurden, und seine ›Geographie‹, die nach dem Vorbild des Hipparchos im wesentlichen nur die mathematische Geographie umfasst und eine Sammlung von nach Landschaften und ›Klimata‹ zwischen zwei Parallelkreisen geordneten Örtern mit ihrer geographischen Breite und Länge darstellt, die noch zu Beginn der Neuzeit die Grundlage für alle Weltkarten bildete. Die ›Harmonik‹ des Ptolemaios ist ebenfalls ein Handbuch über die ihm vorliegenden mathematischen Musiktheorien seit den älteren Pythagoreern – sie übte noch starken Einfluss auf Johannes Keplers Vorstellungen von der ›Weltharmonik‹ aus. In seiner ›Optik‹ wird zwar die Reflexion im Anschluss an Eukleides und Heron von Alexandria wieder zusammenfassend behandelt, doch erfährt die Brechung der Lichtstrahlen beim Eintritt in ein anderes Medium (Luft – Wasser, Luft – Glas, Wasser – Glas) eine vollkommen selbständige Behandlung aufgrund eigener Messreihen. Einfalls- und Brechungswinkel wurden von ihm erstmals mittels einer graduierten Scheibe in der Art der aus der Astronomie bekannten Astrolabien gemessen. Für Einfallswinkel zwischen 10° und 80° kam Ptolemaios so zu recht annehmbaren Ergebnissen, wenn er auch noch weit von der Entdeckung des Brechungsgesetzes durch Willebrord Snel­lius (1620/21) entfernt war, für dessen Entdeckbarkeit aber selbst Keplers Korrekturen noch zu ungenau gewesen waren.

Die wichtigsten Naturwissenschaftler im Porträt

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