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Alhazen

(eigentlich Abu ‚Ali al-Hasan Ibn al-Hasan

Ibn al-Haitham)

(* um 965 Basra, † 1039 oder später Kairo)

Ibn al-Haitham, im lateinischen Mittelalter kurz Alhazen genannt, war in bereits reiferem Alter nach Ägypten übergesiedelt, wo er einige Jahre im Dienste des Fatimiden-Kalifen al-Hakim stand. Nach dessen Tod oder vielmehr Verschwinden im Jahre 1021 sah Alhazen sich dann gezwungen, seinen Lebensunterhalt in Kairo als Abschreiber mathematischer und anderer Bücher zu erwerben. Er selbst verfasste insgesamt fast 200 Werke mathematischen, physikalischen, naturphilosophischen und medizinischen Inhalts.

Alhazens mathematisches und naturwissenschaftliches Wissen basierte wie das seiner Zeitgenossen im arabisch-muslimischen Kulturkreis auf dem der Griechen, deren Schriften über die syrischen Christen in den Osten vermittelt und schließlich ins Arabische, die Kultur- und Religionssprache des gesamten Islam, übersetzt worden waren. Einer der wirksamsten Vermittler des griechischen mathematischen Schrifttums war der syrische Arzt, Mathematiker und Philosoph Abul Hasan Thabit Ibn Kurra gewesen, der, als Angehöriger der Christentum und Islam trotzenden Sekte der Sabier im seit dem Hellenismus stark von griechischem Denken und griechischer Kultur geprägten Harran, dem griechischen Hellenopolis, durch verschiedene Kulturen geprägt, sich nach einem gründlichen mathematisch-philosophischen Studium in Bagdad mit seinen griechischen, syrischen und arabischen Sprachkenntnissen den sogenannten ›Drei Brüdern‹, den Söhnen des Musa Ibn Schakir, zur Verfügung stellte, die in Bagdad eine Übersetzerschule unterhielten. Thabit ibn Kurra übersetzte hier die Werke griechischer Mathematiker, verfasste aber auch eigene Werke zu Medizin, Mathematik und Astronomie auf der Grundlage der selbst übersetzten und noch nicht übersetzter griechischer Schriften.

Alhazen ging dann in seinen Schriften erstmals verstärkt kritisch mit diesem Wissen um und gab den physikalischen Wissenschaften damit neue Impulse. In starkem Maße führte er auch das (qualitative) Experiment in seine Physik ein und bewies mittels genial erdachter und durchgeführter Versuche, dass die Erklärungen des Aristoteles nicht immer mit den Naturerscheinungen selbst übereinstimmten. Sein Hauptinteresse galt der Optik: Er hatte eine bessere Kenntnis vom Bau des Auges und vom Sehvorgang als seine Vorgänger, kannte die vergrößernde Wirkung von Linsen, untersuchte die sphärische Aberration und versuchte erstmals, aus der Dauer der Dämmerung, also aus dem Stand der Sonne unter dem Horizont während der letzten Dämmerungserscheinung, die Höhe der lichtbrechenden Lufthülle, später von Willebrord Snellius ›Atmosphäre‹ genannt, zu berechnen. Seine ›Große Optik‹, in der seine neuen Erkenntnisse mit dem antiken Wissen zu einem Handbuch vereint waren, wurde zusammen mit dem Werk über die Dämmerungsdauer, dem ›Liber de crepusculis et nubium ascensionibus‹, gegen Ende des 12. Jahrhunderts in Spanien, wahrscheinlich von Gerhard von Cremona an der Übersetzerschule von Toledo, ins Lateinische übersetzt und 1572 unter dem Titel ›Opticae thesaurus Alhazeni‹ von Friedrich Risner auch gedruckt herausgegeben. Besonders in der Bearbeitung von Roger Bacon und dem schlesischen Optiker Witelo beeinflusste sie stark die abendländische Optik bis hin zu Johannes Kepler.

Einen ähnlich nachhaltigen Einfluss übten die kosmologischen Ansichten Alhazens aus, denen zufolge die Planetenbewegungen durch das Zusammenwirken mehrerer fester, undurchdringlicher Äthersphären entstehen, wozu er Vorstellungen, die Ptolemaios abweichend von dem System homozentrischer Äthersphären des Aristoteles für ein mechanisches ›Planetarium‹ entwickelt und Thabit Ibn Kurra ausgearbeitet hatte, zu physischen umformte. Diese nicht, wie bei Aristoteles, konzentrisch, sondern entsprechend den mathematischen Modellen unterschiedlich begrenzten Äthersphären gingen dann als ›physikalische‹ Erklärung der Elemente der mathematischen Astronomie in die ›Theoricae planetarum‹ des lateinischen Mittelalters ein, die, parallel zur mathematischen Astronomie der Sphärik tradiert, die astronomischen Vorstellungen bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts mit prägten. Verständlich wird daraufhin, dass Alhazen die ptolemaiische ›Ausgleichsbewegung‹ als unphysikalisch ablehnte und darin eine ungebrochene, aber kaum konsequent bedachte Tradition begründete, die letztlich zwar auf die Kritik von Ptolemaios’ Zeitgenossen Sosigenes zurückgriff, aber bis hin zu Nicolaus Copernicus fortlebte, dessen Ziel ja eine Astronomie ohne dieses Manko ptolemaiischer Astronomie war.

Die wichtigsten Naturwissenschaftler im Porträt

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