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6. Kapitel

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Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, als Christel mit einem zornigen Blick sich vor ihre Schwester stellte.

»Aber Hanna, wie kannst du bloß den alten Mann so kranken, der ein Menschenalter in unseren Diensten gestanden hat?«

»Du meinst Herrn Brinkmann«, erwiderte Hanna kühl. »Weißt du denn nicht, dass er gekündigt hat und wie eine Ratte das Schiff verlassen will, das ihm nicht mehr sicher genug erscheint?«

»Gekündigt, Brinkmann hat gekündigt?«

Kopfschüttelnd drehte Christel sich um und ging zum nächsten Stuhl, um sich zu setzen.

»Hältst du das für ein so großes Unglück, Schwesterchen? Ich finde, dass der Mann stumpf geworden ist, genauso wie unser Vater, der nur noch Interesse für seine theoretischen Untersuchungen hat. Ich betrachte es als ein Glück, wenn wir eine jüngere, tüchtige Kraft bekommen!«

»Mehr als Brinkmann kann keiner leisten. Auch der Herr Nadrenko nicht, der sich uns heute geradezu aufgedrängt hat. Glaubst du wirklich alles, was er uns erzählt hat?«

»Aber Christel, ich begreife nicht, weshalb du so misstrauisch gegen den Menschen bist. Selbst wenn etwas Dichtung ihm zwischen die Wahrheit gelaufen ist, bleibt er doch ein sehr interessanter Mann, und wir können ihm nur dankbar sein, dass er sich ins dieser Weise des Gutes annimmt.«

Christel schwieg und zuckte die Achseln. Hanna fuhr hartnäckig fort:

»Ich finde, dass man ihn nicht wie bisher behandeln kann. Brinkmann isst an unserem Tisch. Jetzt, wo wir wissen, dass Nadrenko in Wirklichkeit ein Graf und ein gebildeter Mensch ist, wäre es unpassend, ihm das Essen in seine Wohnung zu schicken!«

»Er scheint es doch nicht anders gewünscht zu haben«, erwiderte Christel ruhig, »sonst würde ihn der Vater doch schon mal zu Tisch geladen haben. Außerdem finde ich es unpassend, dass wir ihn jetzt zu Tisch bitten, wo wir Mädchen allein sind.«

»Ach Christel, sei doch nicht so spießbürgerlich. Brinkmann liegt krank. Herr Nadrenko kommt, mir Bericht über die Wirtschaft zu erstatten, da ist es doch nur natürlich, dass ich ihn zu Abendbrot bitte.«

Christel zuckte die Achseln und stand auf.

»Du bist die Ä1teste, du hast es vor den Eltern zu verantworten. Aber ich sage dir, dass ich dagegen bin.«

»Die Verantwortung will ich auf mich nehmen«, erwiderte Hanna lachend.

Wirklich stellte sich Herr Nadrenko nach dem Feierabendläuten im Gutshause ein. Am Nachmittage hatte er ein Sportkostüm, wie es bei den Inspektoren auf dem Lande üblich ist, getragen. Jetzt hatte er sich wie zu einer Gesellschaft mit langem, schwarzem Rock angezogen, als erwarte er, den Abend im Gutshause zu verleben. Hanna erwartete ihn im Arbeitszimmer ihres Vaters. Nadrenko begrüßte sie wie ein Kavalier, trat nach der zweiten Verbeugung auf sie zu und führte ihre Hand an die Lippen.

»Gnädigstes Fräulein gestatten, dass ich gehorsamst Meldung abstatte. In Andreaswalde ist nichts Neues. Nur eine Kleinigkeit möchte ich erwähnen. Die Meierei hat heute Abend statt der abgerahmten Milch meinen Leuten Vollmilch gegeben. Ich habe durch Befragen meiner Leute festgestellt, dass das bisher schon immer geschehen ist, und habe mir gestattet, die Meierin ganz energisch zur Rede zu stellen. Es sind doch immerhin mehr als zweihundert Liter Vollmilch, die der Butterbereitung dadurch entzogen werden.«

Der Mann von Eisen

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