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Der heilige Platz

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Tacitus rühmt an den Germanen seiner Zeit, dass sie es „unter der Würde der Himmlischen finden, sie in Wänden einzuschließen“, und nennt als Kultplätze luca ac nemora, Wälder und Haine. Zahlreiche Ortsnamen in Deutschland, England und Skandinavien, die auf -loh, -low, -lund oder ähnlich enden, lassen sich auf sie zurückführen. Archäologisch sind Kulthaine schwer auszumachen. Viel besser erforscht sind Opfermoore wie das berühmte Thorsberger Moor bei Schleswig oder Oberdorla in Thüringen. Feste Kultgebäude gab es aber ebenfalls. Schon für das dritte Jahrhundert ist in der Siedlung auf der Feddersen Wierde in Niedersachsen eine Halle nachweisbar, die auch für Kultversammlungen diente. In Skandinavien entwickelte sich daraus der als hof (mit sächlichem Geschlecht) bekannte „Tempel“-Typ der Wikingerzeit, der aus einer Blóthalle mit angebautem Altarraum bestand.

Wenn historische Quellen, teilweise sogar Tacitus selbst, von germanischen Tempeln berichten, konnte es sich allenfalls um solche Hallen, aber nicht um Götterschreine im römischen Sinn handeln, obwohl es in römisch beherrschten Gebieten auch das gab. Das Wort templum muss ja nicht immer ein Gebäude bezeichnen. Rudolf Simek stellt fest, dass es vielfach „wohl ganz allgemein für Heiligtum“ stand, denn noch im 8. und 9. Jahrhundert wurden entsprechende germanischen Wörter wechselnd als „heilige Stätte, heiliger Hain“ oder „Tempel“ glossiert: gotisch alhs, angelsächsisch alh oder ealh und althochdeutsch und altsächsisch alah („geschützter Ort“), das gleichbedeutende angelsächsische bearo und althochdeutsche baro oder paro sowie angelsächsisch heargh und althochdeutsch harug, das dem nordischen hörgr (Altar) entspricht und eine Stätte mit einem Altar beschreibt.

Eine vielsagende Bezeichnung ist das altenglische Wort friðgeard (neuenglisch frithgard), das wörtlich „Friedensgarten“ bedeutet und damit einen eingefriedeten Platz unter freiem Himmel meint, der in lateinischen Texten oft fanum genannt wird. So berichtet die mönchische „Vita Columbani“ von einem mit Holz eingefriedeten, von Bäumen umgebenen fanum der Langobarden Anfang des 7. Jahrhunderts, weitere fana werden im 6. Jahrhundert im fränkischen Gallien und in Fredegars Bericht über den Friesenzug Karl Martells erwähnt. Die nordische Bezeichnung bedeutet einfach „geweihter Ort“.

Nach diesen Beispielen bevorzugen wir heute den Kult unter freiem Himmel, am besten auf Waldlichtungen oder Wiesen am Waldrand, denn dort sind wir der Natur und den Göttern am nächsten und können die Opfergaben direkt der Erde oder einem offenen Feuer übergeben. Ideal sind historische Heiligtümer und natürliche Kraftorte, die besonderes Heil in sich tragen, aber auch jeder andere geeignete Platz in der Natur kann zum heiligen Platz werden.

Dazu muss er umhegt, das heißt vor schädlichen Kräften geschützt, für die Dauer des Rituals von der profanen Umwelt abgegrenzt, dem rituellen Zweck geweiht und von den Göttern geheiligt werden. Er wird zu einem Ort zwischen den Welten, an dem wir mit Göttern und Ahnen dieselbe Gegenwart teilen. Als der Ort, der alle vereint, ist der Kultplatz für die Dauer des Rituals das Zentrum des Kosmos, in dem der Weltbaum Yggdrasil alles, was existiert, vereint. Dies symbolisiert die Irminsul (altsächsisch: „erhabene Säule“), die an ihm aufgestellt werden kann und während des Rituals Yggdrasil ist.

Für die Umhegung und zeitweilige Weihe des Platzes als Kultort gibt es mehrere Möglichkeiten, die im Praxisteil beschrieben werden. Ein fixer, auf Dauer eingerichteter Kultplatz oder ein Tempel muss natürlich nicht jedes Mal neu umhegt und geweiht werden. Bei freien Plätzen empfiehlt sich eine feste Umzäunung. Im Thorsberger Moor etwa war die Stelle im See, an der von einem Steg aus die Opfergaben ins Wasser geworfen wurden, von einem Flechtwerkzaun umgeben. Das eigene Haus als natürlicher Hort des Sippenfriedens bedarf, wenn man darin ein Ritual abhält, keiner zusätzlichen Umhegung.

Das Heilige Fest

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