Читать книгу Ansichten eines Gastarbeiterkindes - Frontano Kore - Страница 5

Оглавление

2 Gründe für ein Pseudonym

2.1 Vorbemerkung

Es ist nicht das erste Mal, dass ich zu bestimmten politischen oder gesellschaftlichen Themen etwas kommentiere. Unter dem Pseudonym Frontano Kore schrieb ich vereinzelt bei Facebook Kommentare unter Artikel von Online-Zeitungen, als das noch möglich war und noch nicht als Fakeprofil galt. Dabei hatte ich das Gefühl, dass ich den Nerv vieler Leute traf, als Indikatoren dafür betrachte ich, neben zahlreichen Klicks, auch weitere Diskussionen, die dadurch entstanden. Viel später begann ich, unter meinem Pseudonym bei Fisch+Fleisch (F+F) zu bloggen. Weshalb ich meine bisherigen Blogtexte hier nun erneut inkognito veröffentliche, werden Sie weiter unten nachvollziehen können und ich werde es an einigen speziellen Begebenheiten konkreter machen. Es wird also eine kleine Reise in der Zeit, von 2015 bis in die Gegenwart, wobei ich den aktuellen Stand der Dinge nur teilweise streife, aber hier und da einen Abstecher in die Vergangenheit mache. Um eine größere Reichweite zu erzielen, habe ich mich nach viel zu langem Zögern entschlossen, so ein Buch zu publizieren. Manche Artikel sind überarbeitet und teilweise mit Anmerkungen aktualisiert, aber im Wesentlichen vollständig sinngleich geblieben, sodass sie jederzeit mit den Online-Beiträgen abgeglichen werden können.

Sie können sicher sein, dass ich einiges zu vermelden habe, das Sie – egal aus welcher politischen Ecke Sie auch kommen mögen – interessieren könnte, denn es wird ziemlich wahrscheinlich Ihr Weltbild zumindest ankratzen. Ich behaupte das, weil ich in meinem realen und virtuellen Umfeld einige Personen mit erstarrten Ansichten zum Reflektieren ihrer festgefahrenen Attitüden bewegen konnte. Als Indizien können meines Erachtens das Wahlverhalten gelten oder das Posten von Kommentaren bei Facebook, was fast schon ein intimer Einblick ist.

Mir ist völlig klar, dass die wenigsten Leser meiner Zielgruppe das Büchlein überhaupt zu Ende lesen werden, weil Sie vermutlich denken werden, dass sie das meiste eh schon von mir oder von anderen Autoren, Politikern oder sonst irgendwem gehört haben, und es einfach nichts mehr zu sagen gibt, weil alles schon gesagt wurde. Die Minderzahl wird es nur deswegen zu Ende lesen, weil sie mich unter einem soziologischen oder psychologischen Aspekt studieren möchte. Nach der Lektüre der verschiedenen Kapitel werden – meiner paranoiden Ansicht nach – sogar vermutlich einige Personenkreise versuchen, mich zu enttarnen, weil ich einige besonders linke beziehungsweise grüne Gruppierungen sowie türkische und islamische Bevölkerungsgruppen näher betrachte und mitunter extrem kritisiere. Hätte ich nicht Haus und Hof würde ich natürlich unter Klarnamen publizieren, aber wenn Sie selbst Familie haben, können Sie möglicherweise verstehen, weshalb man nicht immer mutig sein kann, weil es eben nicht nur einen selbst betrifft. Aber selbst, wenn ich den Mumm dazu hätte, wie beispielsweise einige Ex-Moslems, die sich bei YouTube und anderswo gegen Salafisten und Co. äußern, was wäre dann? Ich spekuliere mal: Im besten Fall werde ich vielleicht einmal schriftlich interviewt, weil ich ja unter einem Pseudonym schreibe und natürlich, weil ich ja ein Exot unter den Ausländern sei. Oder vielleicht würde ich einfach komplett von den angesprochenen Kreisen ignoriert oder einfach nur belächelt werden. Wir werden es nicht herausfinden können. Wie dem auch sei, es lässt sich für mein Buch respektive meine Blogtextsammlung nicht vermeiden: Sie werden viele persönliche Fakten erfahren, wobei ich an vielen Ecken darauf achten muss, dass ich nicht zu viel von mir verrate. Auch, wenn all das ausschließlich meine eigene Meinung wiedergibt, das Gute daran ist dennoch, dass viele Frauen und Männer mit Migrationshintergrund in meinem Alter sicherlich viele Punkte kennen und nachvollziehen können. Was ich also niederschreibe, ist kein Einzelfall, sondern gelebte Praxis, in welcher Form auch immer. Der Unterschied ist nur, auch wenn ich an manchen Stellen vage bleiben muss, dass ich es konkret ausspreche beziehungsweise niederschreibe. Für mich ist es nachvollziehbar, weshalb hart arbeitende Menschen mit ausländischen Wurzeln nicht auf die Barrikaden gehen, wegen all dem Irrsinn, der in Deutschland passiert und nicht selten auf unseren Rücken ausgetragen wird. Aber das werde ich noch eingehend erklären.

2.2 Heucheln oder Luthern?

13.06.2017

Oftmals komme ich mir vor, als wäre ich der einzig vernünftig denkende Mensch im Umkreis von hundert Kilometern. Offensichtlich ecke ich bei allen Bevölkerungsschichten an. Von Faschos, Islamisten und Antifanten ist hier noch nicht einmal die Rede, von denen bekomme ich eh in unregelmäßigen Abständen Hass- und Drohmails, oder was auch immer das darstellen soll. [Das war noch zu der Zeit als ich bei Facebook einen Account unter meinem Pseudonym laufen hatte.] Angst habe ich um mich selbst eigentlich nicht, aber sehr wohl um meine Familie, wenn ich enttarnt werde.

Lange bevor ich inkognito anfing, zu schreiben, war ich ja auch schon so, wie ich jetzt bin, denn ich warne eigentlich schon immer vor gewissen Sachverhalten. Damals gab mir ein ehemaliger Kumpel den Rat, ich solle mit meinen Ansichten lieber hinter dem Berg halten. Kein Witz, er schilderte mir ganz klar, dass ich Glück hätte, dass ich Ausländer sei, sonst wäre mein Auto schon längst verbeult oder gar abgefackelt worden.

Ich rede von normalen Leuten, also keinen Gutmenschen oder übertrieben Deutschtümelnden, sprich ganz einfachen Leuten, die sich in normalen Zeiten zwischen Seeheimer Kreis der SPD bis Wirtschaftsflügel der CSU dazugehörig fühlen würden – und heute vermutlich AfD wählen werden oder Politiker generell für Hochstapler halten. Im Netz gibt es sie anscheinend massenhaft, denn irgendwelche Menschen lesen ja – mal so nebenbei bemerkt – sogar meine bescheiden verfassten Kommentare, teilen sie oder stellen sie auf ihre eigenen Blogs. Anekdote am Rand: Es kam anfangs sogar vor, dass mir meine eigenen Texte über meine private Facebookseite empfohlen wurden. Aber persönlich habe ich noch keinen dieser vernünftigen Menschen getroffen. Mal im Ernst, die paar Leute, denen ich persönlich begegnet bin, sind entweder komplette Vollversager, einfach nur verkappte Faschos oder einfach nur gefährlich. [Mittlerweile habe ich einige vernünftige Leute getroffen, aber ich pflege aus vielerlei Gründen keine engen Verbindungen zu ihnen.]

Da ich zudem noch ein sogenannter Südländer bin, bin ich ja auch noch gebrandmarkt, sodass man mir offenbar unter scheinbar gleichgesinnten Mitstreitern immer weniger traut. Irgendwie ist das sogar nachvollziehbar, bei all den katastrophalen Nachrichten, die tagtäglich zu lesen sind. Aber ist es nicht auch so, dass der gemeine Bürger nicht zwischen Südländer und Südländer unterscheiden kann, so wenig, wie er Asiaten oder Afrikaner unterscheiden kann? Oder will er es einfach nicht mehr? Wenn dann so völlig unbedachte Worte fallen, die eigentlich Vornamen von Moslems sind, oder andere Begriffe, die ich an dieser Stelle nicht erwähnen möchte, die extrem diffamierend für nicht-islamische Menschen mit ausländischen Wurzeln sind, da zweifle ich ernsthaft am Verstand dieser Mitstreiter. [Diese Thematik und die beiden Folgenden blitzen immer wieder Mal in meinen Texten auf und auf den letzten Seiten werde ich diese erneut in den Fokus stellen.]

Mein realer Freundeskreis ist mittlerweile so sehr ausgedünnt, dass ich quasi nur noch alle paar Schaltjahre feiern gehe. Es ist immer wieder ein extrem peinliches Aufeinandertreffen zwischen alten Kumpel. Fast so, als würde man seiner Ex mit der neuen Freundin begegnen. Manchmal ist so etwas auch verbal äußerst unschön. Jaja, Sie haben keine Vorstellung davon, was ich manchmal durchleiden muss. Meine Frau und ich gehen übrigens kaum zusammen aus, schon gar nicht, wenn sich die Freundeskreise überschneiden. Und all der Terz nur, weil ich sage, was ich denke – was das ist, können Sie ja in meinen nicht mehr so wirklich klandestinen Schriften nachlesen.

Ich will hier keinesfalls pseudomäßig einen auf Luther machen oder mir anmaßen, mich zu vergleichen, aber manchmal kann auch ich mich in diesen Mann hineinversetzen, als er gesagt haben soll: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“ [Seine verachtenswerten Ansichten zur Hexenverfolgung und zu Juden sind mir durchaus bekannt, sind aber hier kein Thema – es ist nur eine passende Metapher, wie ich finde. Ich hätte auch einen der frühkirchlichen Märtyrer zitieren können, die in anderen Kontexten ähnlich argumentierten, nur das wäre dann tatsächlich hochgradige Anmaßung.] Ich frage mich ernsthaft, ob es all das wert gewesen ist. Vermutlich nicht. Aber was wäre die Alternative? So zu tun, als wäre man einer von denen? Nein Danke, dann bin ich lieber allein. Wahrhaftig zu sein in meinen Ansichten und diese notfalls auch begründen zu müssen, fühlt sich angenehmer an. Dennoch fühlt es sich widersprüchlich an. Wem diese Situation anzulasten ist, müsste klar sein, oder? Gucken Sie sich die 20 Uhr Nachrichten an und schauen Sie in die Gesichter dieser ganzen Vogelscheuchen, in ihren Maßanzügen (die Sie bezahlt haben). Das sind DIE.

2.3 Stolz oder Furcht wegen namentlicher Erwähnung?

20.06.2017

Muss ich fürchten, paranoid zu werden, oder sollte ich doch lieber stolz sein? Ich tendiere zum Stolz, allerdings auch ein wenig zur Furcht. Der Grund ist, dass ich, also eigentlich mein Pseudonym Frontano Kore, im Rahmen einer gut besuchten Veranstaltung zum Thema „Rechtspopulismus in den sozialen Medien“ (der genaue Titel und die Hochschule sollen unbedingt unerwähnt bleiben) vom Dozenten nicht nur namentlich erwähnt, sondern sogar ein Screenshot meiner ersten Texte in einer PowerPoint-Präsentation gezeigt wurde. Das Ganze dauerte insgesamt wohl nur ein paar Sekunden, weil ich nur eines von mehreren Beispielen gewesen bin, aber dennoch verleiht mir das ein gemischtes Gefühl.

Während der Schlussrunde hatten ein paar Teilnehmer darauf aufmerksam gemacht, dass keiner der thematisierten Personen zum rechtsradikalen Spektrum gezählt werden kann und einige der angesprochenen Autoren und Blogger selbst Migrationshintergrund haben und legitime Kritik an der derzeitigen Politik übten, was der Dozent aber nicht gelten ließ. Das Auditorium war wohl recht linkslastig und dementsprechend unruhig bei entsprechenden Kommentaren.

Einen sprunghaften Anstieg meiner Klicks für die betreffenden Texte habe ich nicht feststellen können. Allerdings fällt mir (und anderen Bloggern) seit längerer Zeit auf, dass von mir und anderen Usern geteilte Artikel (von mir als Frontano Kore) auf Facebook einfach verschwinden, oder unsichtbar für andere sind, sogar in geschlossenen Gruppen. Aber das ist ein anderes Thema. Wie auch immer, heute bin ich froh, dass ich anonym schreibe. An anderen Tagen nicht, also an denen, wo ich viel Zustimmung für meine Texte erhalte.

Auch in diesem Fall erstaunt es mich nicht, dass man mit seiner öffentlichen Meinung lieber bedeckt bleibt, weil man negative Konsequenzen befürchten muss. Selbst ein Gefällt mir kann schon eine Rote Karte bedeuten. Bis ich von diesem Vorfall hörte, habe ich mich dagegen gewehrt, dass mir jemand diese dummdämliche Pauschalisierung rechtspopulistisch – oder Schlimmeres – an den Kopf wirft. Mittlerweile ermüdet es mich nur noch und ich werde es vielleicht auch einfach akzeptieren und mich in jene [rechtspopulistische] illustre Gesellschaft einreihen (müssen?).

2.4 Lächerlich – Löschung von unbedeutenden Bloggern

24.08.2017

Gelöscht bei Facebook! Nun hat es mich auch erwischt! Nicht einfach nur gesperrt! Ich bin quasi nicht existent gewesen, da es keine Spuren mehr von mir gibt. Keinerlei Gründe beziehungsweise Vorwarnung wie bei einer Sperrung. Ich kann es kaum glauben.

Etwas Ähnliches ereilte mich anfangs auch auf einer anderen Plattform, aber darauf gehe ich jetzt nicht ein. Aber das, was ich in "Stolz oder Furcht wegen namentlicher Erwähnung?" schon einmal streifte, hat mich nun eingeholt. Ich habe über diesen Umstand erstmal lachen müssen, weil es so grotesk ist, dass sich jemand vor jemandem wie mir fürchtet. Aber ich gebe zu, dass ich auch etwas traurig war, oder doch eher wütend? Wütend, weil – wie richtigerweise oftmals schon erwähnt wurde – Jihad-Freaks, Kommunisten und andere Vollgestörte weiterhin ihren Geisteskot öffentlich absondern dürfen. Bei mir (bzw. uns) gab es berechtigte Anprangerung und Kritik an der „Religion des Friedens“ und deren Anhängern sowie an der Weltkanzlerin und ihrer meinungslosen Entourage und der offenbar unter Hypnose stehenden Vierten Gewalt. Die offiziellen Verlautbarungen sind mehr als nur fadenscheinig.

Für einige ist die Profillöschung eine Art Ritterschlag, für mich ein Schlag ins Gesicht. Denn hierdurch erreichen die Sperrer (ich nenne absichtlich keine Organisation bzw. Personen, die dafür verantwortlich sind), dass ich etwa Zweidrittel meiner Leserschaft nicht mehr erreichen kann. Alle Abonnenten und Freunde sind verloren gegangen, ebenso die erhellenden Korrespondenzen und Drohmails. [Aus den Drohmails wollte ich seinerzeit eigentlich einen Artikel machen.]

Nun ja, selbst wenn ich eine neue Seite oder ein neues Profil anlegte, man würde mich binnen kürzester Zeit wieder entfernen. [So war es auch.] Zudem würde es mich zu viel Zeit kosten, wieder annähernd die gleiche Anzahl an Follower zu erreichen wie vor der Löschung. Schließlich gehöre ja ich nicht zu den bekanntesten Schreiberlingen im Netz. Die Promis unter den Bloggern können im Gegensatz zu mir auf andere Personen bei Facebook sowie auf eigene Homepages und Blogs ausweichen, um von dort aus wichtige Informationen weiterzugeben und somit Widerstand zu leisten. Die meisten Gelöschten und Gesperrten kämpfen allein, verlieren aber zusammen. Eine Auflistung mit deren Namen und mit einem verlinkten Artikel wäre interessant, sodass man diese, in einem Text verarbeitet, hochlädt und weitergeben kann. Die Zeit läuft uns davon, wobei ich befürchte, dass selbst die kommende Bundestagswahl nichts mehr ändern wird. Weshalb es zu spät ist? Siehe meine Ausführungen in den letzten paarundfünfzig Kommentaren.

2.5 Würde es ohne das Thema Flüchtlinge eine Leere in uns geben? (I)

11.07.2018

In roten, grünen und dunkelroten Kreisen habe ich kaum Menschen mit Migrationshintergrund entdeckt, in meinem (linken) Umfeld gibt es auch tatsächlich nur ein einziges Paar, das binational ist und da sind beide sogar keine Deutschen. Nun ja, es bleibt dabei: Die meisten glauben, es sei eigentlich alles in Ordnung und ich böser Rechtspopulistenanhänger würde mit allem, was ich so von mir gebe, maßlos übertreiben. Morde und Übergriffe seien ohnehin Einzelfälle und ich sollte lieber zusehen, dass ich nicht mit meiner Meinung anecke. Denn wegen so etwas könnte ich womöglich noch Ärger mit der Polizei bekommen oder meine Chefs könnten Wind davon kriegen und mich ins berufliche Abseits oder gar Aus stellen. Aber das das wohl Heftigste war die Aussage eines Verwandten, die ich sinngemäß wiedergebe: „Okay, du hast ja in vielem recht. Aber wem bringt das was? Deine Ansichten darf man nicht öffentlich vertreten.“ Ich fragte, weshalb. Seine Antwort: „Sieh dich an, du kannst doch auch nur anonym schreiben, weil du die Konsequenzen fürchtest. Du hast ja gegen jeden etwas: Linke, Rechte, Moslems, Kirchen, Politiker und sogar Außerirdische! Stell dir vor, die Nachbarn, die (türkischen und arabischen) Kunden erfahren, wer du bist, dann fällt das auch auf uns zurück und wir verlieren im schlimmsten Fall unsere finanzielle Existenz! Willst du das denn wirklich? Nein, also reiß dich am Riemen! Geh arbeiten (soll heißen: arbeite hart bzw. arbeite viel) und sei weiterhin einfach nur ein anständiger Junge.“

Ansichten eines Gastarbeiterkindes

Подняться наверх