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Lima am 30. Juni 1980 - Überlebenskampf

Tagsüber musste sie das Kind in der winzigen Hütte zurücklassen. Die Kleine wimmerte, weinte, schrie. Nach wenigen Tagen gab das Baby den Kampf um sein bisschen Leben auf. Es lag im Kot, ein Teefläschchen als Nahrung neben den winzig kleinen Händchen, die zu Fäusten geballt waren. Ab und zu sah eines der Geschwister nach ihm, doch sie waren damit beschäftigt, auf den stinkenden Abfallhalden mit Hacken und Stöcken oder den bloßen Händen Brauchbares herauszuholen.

Dabei heißt es Heerscharen von Fliegen zu vertreiben, sich mit den kreisenden Geiern herumzuärgern und Stöcke oder Müll nach ihnen zu schleudern. Den streunenden, abgemagerten Hunden gilt es gute Fundstücke abzujagen, um schließlich das Beutestück in Tüten und Säcke zu stopfen. Am Ende des Tages werden die so gesammelten Reichtümer auf dem Rücken abtransportiert. Man wird versuchen, sie zu verkaufen. Noch verwertbare Lebensmittel schleppen die Kinder in ihre Behausung.

Einen Namen hatte das Kind noch immer nicht. Kind heißt es nur: Nina, Mädchen. So braucht man es nicht anzumelden und die Ausstellung eines Totenscheines entfällt, denn beides kostet Geld. Geld, das Maxima nicht besitzt.

Niemand weiß, wie viele Kinder das erleiden müssen. Es heißt nur: „Jedes dritte Kind hat die Chance zu überleben“. Geboren werden, um zu sterben.

Etwa jeder zweite Peruaner ist ein Indianer, ein Drittel sind Mestizen, also Mischlinge aus Indianer und Weißen, und nur 12 % sind Weiße. In Armut leben etwa sechzig Prozent der Peruaner. Sie sind die Leidtragenden der verfehlten Politik, der Aufstände, des Mordens durch das Militär. Dem Reichtum weniger steht das Elend der Massen gegenüber. Vielen Indios bleibt nur noch Betteln oder Diebstahl offen und so schließen sie sich gewaltlosen Bewegungen an, um ihre Menschenrechte einzufordern.

Frauen und Kinder sind die billigsten Arbeitskräfte und halten die Familien am Leben. Sie versorgen auf dem Lande die Tiere, schleppen Feuerholz und Wasser herbei, sind für die Ernte zuständig, laufen kilometerweit zum Markt, um ihre Waren feilzubieten und halten Haushalt und Kinder in Ordnung.

Und der Mann? Zu viele fühlen sich als berechtigte Patriarchen und sind Machos. Ein echter Mann zeugt allzu oft zahlreiche Kinder und überlässt dann die Familie sich selbst.

Um dem täglichen Überlebenskampf standzuhalten, wird die Droge Koka gekaut. Schmerzen, nicht behandelte Krankheiten und auch der Hunger werden so überlagert. Drogenhändler und Drogenmafia machen gute Geschäfte.

Früher durften Indiokinder nicht die Schule besuchen, sondern wurden vom Staat bewusst als Analphabeten zu billigsten Hilfskräften herangezogen. Die Indios wurden enteignet, man nahm ihnen gutes Ackerland ab und gab ihnen schlechten Grund und Boden.

Heute bietet Peru einen kostenfreien Schulbesuch und es besteht Schulpflicht vom 8. bis zum 14. Lebensjahr. In den Städten gibt es Kindergärten, auf sie bauen die Primarschule und dann die Sekundarschule mit Fachschule und Abitur auf.

In den großen Städten sind etwa 11 Prozent noch Analphabeten, auf dem Land steigt dieser Anteil auf bis zu 70 Prozent.

Kinder und Jugendliche müssen Geld verdienen, um der Familie das karge Überleben zu sichern. Reiche ermöglichen ihren Kindern teure Privatschulen und damit eine gute schulische Ausbildung und leider investiert der Staat in die Schulbildung für alle sehr wenig.

Arme Kinder legen oft einen kilometerlangen Schulmarsch zurück, nach einem schweren Arbeitstag zu Hause. Und dennoch oder gerade deshalb wollen diese Kinder zur Schule gehen. Sie werden am ganz frühen Morgen und am späten Nachmittag bis in die Nacht hinein im Schichtbetrieb unterrichtet.

Auf dem Land und in den großen Elendsvierteln um die Städte herum kümmert sich der Staat wenig um die Bildung seiner Kinder.

Fast alle Peruaner sind katholisch. Die Indios sind sehr gläubig und haben aus der Inka- und Indianer-Zeit religiöse Sitten, Bräuche und Überlieferungen übernommen und in den christlichen Glauben eingebettet, sodass alles miteinander und ineinander verwoben ist.

Viele christliche Feste fallen mit den alten Bräuchen zusammen und werden als ein großes Fest in der Gemeinde begangen.

Das wichtigste Jahresfest zu Ehren des Sonnengottes „Inti Raymi“ fällt mit dem Fest des heiligen Johannes zusammen. An heiligen Wallfahrtsorten treffen sich Tausende von Menschen an einem bestimmten Tag. Dort sprechen sie mit Gott, musizieren, tanzen, feiern. Sie bringen symbolische Opfergaben und bitten ihre Götter um Erfüllung. Dabei nimmt die Pachamama, die Mutter Erde, das Spiegelbild zur Muttergottes ein.

Priester nutzten den Indioglauben aus, die Menschen wurden ausgebeutet und gehorchten.

Das Bild des leidenden Christus am Kreuz wird von den Indios am höchsten verehrt. Von ihm erwarten sie Hilfe und Verständnis für ihr eigenes Leben.

Mit langem Atem zum großen Glück

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