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Die Unterlagenstory

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Der 19.06. war ein Donnerstag.

Am Nachmittag rief Oma Grete an, dass die Papiere bei ihr seien. „ Ich komme aber jetzt nicht, dass ist mir zu beschwerlich“, teilte sie mit. Als ich nach Feierabend die Worte aus zweiter Hand vernahm wurde ich unruhig. Mit dem Gedanken, ‘wie bekomme ich die Dokumente über die Mauer‘, lief ich ziellos im Haus umher, bis ich mich konzentrieren konnte.

Am Abend erwartete ich Oma Friedel aus Oelde zurück. Sie war bei ihrer Jugendfreundin. Ich würde meine Mutter vom Grenzübergang am Bahnhof Friedrichstrasse, dem sogenannten Tränenpalast, abholen - so war es ausgemacht.

Hätte sie doch mal angerufen, dann wäre das Problem anders gelöst worden. Sie hätte die Unterlagen gleich von Tante Erna mitbringen können, aber diese Problematik konnte sie auch nicht mehr richtig begreifen. Gab sie mir doch vor Ihrer Reise in den Westen den Rat: „ Wenn die Zeit nicht reicht, dann fährst du eben später!“

Die wenigsten alten Menschen, die ständig rüber fuhren, lebten noch in der Realität. Sie befanden sich schon in einer anderen Zeit, in der der Grenzübertritt schon eine Selbstverständlichkeit geworden war. Bei mir war das ja auch der Fall, als ich noch zur See fuhr. Rentner durften fahren und der Staat war froh, wenn sie blieben. Ein Rentner im Westen kostet den Staat nichts mehr und einer der wieder kommt, bringt den Verbleibenden begehrte Artikel aus dem Westen mit. Egal was passierte, es war immer im grünen Bereich.

Nachdem ich unsere Freunde noch erfolglos aufgesucht hatte, um nachzufragen ob sie noch Besuch aus Westberlin erwarteten, sprach ich mit Oma Grete, sie rief zum Glück nochmals an. Ein Telefonat von Ost nach West war aussichtslos. Ihr Anruf kam einer Gedankenübertragung gleich.

Ich bat sie zum Bahnhof Friedrichstraße / Westseite zu kommen und Oma Friedel abzufangen, wenn sie mit dem Zug aus Köln ankam, und die Papiere dann am sie zu übergeben.

„Für dich tu ich‘s Gerd“ - mir fiel ein Stein vom Herzen. Infolge ihres großen Gewichtes hatte sie erhebliche Schwierigkeiten in der Fortbewegung.

Viel Zeit blieb nicht. Oma Grete musste noch nach Spandau, um den Brief aus der Wohnung zu holen und sich beeile, damit sie Oma Friedel nicht noch zu guter Letzt verpasste.

Hinter der schweren eisernen Pforte am Bahnhof Friedrichstraße wartete ich.

Um 19:45 Uhr war es endlich soweit - Oma Friedel trat durch die Tür, die schwer und unerbittlich hinter ihr den ‚Eisernen Vorhang‘ wieder verschloss. Im Auto gab sie mir die Post. Noch bevor ich anfuhr öffnete ich den Umschlag. Er enthielt alles, was ich für die Behörden benötigte.

Am Freitag früh meldete ich mich sofort im Büro der Kaderleitung. Genosse Müller war immer noch auf Dienstreise, nur Parteigenossin Frau Rummel, eine etwas ältliche zurückgebliebene Mitarbeiterin, die zu keiner Aussage fähig war, konnte mein Anliegen entgegen nehmen. Genossin Plötz, die Bearbeiterin für Kaderangelegenheiten, hatte Haushaltstag.

In der Mappe, die Frau Rummel endlich fand, lag fein vorbereitet meine betriebliche Genehmigung, bereits mit Dienstsiegel versehen. Es fehlte die Unterschrift des Betriebsdirektors. Alle Vorarbeiten waren von mir genehmen Mitarbeitern, in meinem Sinne, abgeschlossen.

Obwohl die letzte entscheidende Hürde noch nicht genommen war, schlug mein Herz bei diesem Anblick etwas schneller.

Nach Angaben von Frau Rummel war alles zurückgehalten worden, weil die Unterlagen nur unvollständig vorlagen.

Ich legte die Fotokopien zum Vorgang in die Unterschriftenmappe.

Die fast wie im Krimi per ‚Oma-Kurier‘ übergebenen Dokumente hatten im letzten Moment ihr Ziel erreicht. Es half jetzt nur beten, aber würde das die Gedanken und die Hand des Direktors beeinflussen?

Wenige Stunden waren erst vergangen. Die Mittagspause war nahe, da klingelte das Telefon. Mein Chef rief mich zu sich.

Sofort nach Öffnen der Tür konnte ich den Grund seines Anrufes sehen. Auf dem Schreibtisch des Technischen Direktors lagen die hart umkämpften Unterlagen, Meldezeugnis, Geburtsurkunde - nichts weiter.

„Sie sehen schon, worüber ich mit Ihnen sprechen muss. Der Direktor hat mir die unangenehme Aufgabe zugeschoben es ihnen beizubringen. Ihr Antrag wurde entsprechend einer Rücksprache mit der Kombinatsleitung abgelehnt. Wir haben vom Kombinat die Anweisung leitende Angestellte, die Einsicht in vertrauliche – Unterlagen haben, die Genehmigung der Westkontakte zu verwehren. Es handelt sich bei ihnen nicht einmal um einen runden Geburtstag, Silberhochzeit oder dergleichen. Achtundsiebzig Jahre wird ihre Tante alt.

Die Ablehnung hat nichts mit ihrem Parteiaustritt zu tun, wenn sie das fragen wollten.“

„Ist es generell die VD-Unterschrift, die dieses bewirkt?“

„Nein, allein die Tatsache, dass sie, als Abteilungsleiter der Betriebsleitung, Einblick in die Unterlagen haben, reicht aus.

Musste das sein, dass sie gerade jetzt den Antrag auf Besuchserlaubnis stellen, können sie sich nicht denken, dass der Direktor gereizt ist?“ erwiderte er.

„Sie sagten mit meinem Parteiaustritt habe das nichts zu tun!“ entgegnete ich ihm.

„Ach sie wissen doch, dass der Direktor sich das nicht bieten lässt. Er verlangt von mir, dass ich ihnen eine Stelle mit so niedrigem Gehalt anbiete, dass sie von sich aus kündigen. Ich sagte schon, ich brauche sie als Fachmann, ihre Verbindungen zur Yachtwerft und ihre Erfahrungen. Sie haben es doch geschafft, dass die Technologie bei uns ins Rollen gekommen ist und dass wir gute Arbeit leisten. Soll ich denn den Thomas stellvertretend als Haupttechnologen einsetzen und sie als Mitarbeiter? Ich möchte nicht, dass sie gehen. Wir brauchen doch ihre Fachkenntnis!“

„Wer das Eine will muss das Andere mögen, das gilt für mich wie für den Betrieb! Ich weiß, dass ich in dieser Auseinandersetzung den Kürzeren ziehen werde, aber ich unternehme äußerlich nichts, womit ich innerlich nicht übereinstimme. Ich bin nicht aus Karrieresucht in die Partei gegangen und habe meinen Austritt nicht im Sinne einer Karriere unterdrückt!“

„Na, da hat der Direktor auf seine Weise ja Recht, denn immerhin haben sie den Austritt aus der führenden Kraft des Staates erklärt, damit ihre differierende Meinung zum Ausdruck gebracht und jemand, der die Taten unserer Staatsführung anzweifelt, ja sich in Parteiausschüssen davon distanziert, denn etwas anderes ist das nicht, den können wir nicht von den neuen Regelungen profitieren lassen.“

„Diese Erkenntnisse unterscheiden uns“, erwiderte ich.

„Sie können sich beschweren. Es sind schon einige bis zum Staatsrat gegangen, aber wollen sie das ganze bis zum Ende betreiben? Sie machen sich doch kaputt. Wenn der Direktor durchkommt wird ihnen ein mieses Angebot gemacht und in keinem anderen Betrieb, wo sie sich auch bewerben werden, bekommen sie mehr Geld. Wie weit wollen sie noch gehen?“

„Ich weiß nicht, ich lasse die Grenzen durch die Tatsachen bestimmen. Ich kenne meine Grenzen!“

„Man sagte mir schon, dass durch ihren Parteiaustritt ein Umdenkungsprozess in der ‚Technologie‘ hervorgerufen wurde. Thomas und Uta, deren ideologische Einstellung sowieso nicht hervorzuheben ist, sind in ihrem gesellschaftlichen Verhalten provozierender geworden! Ist der Absolvent, mit dem sie neulich das Einstellungsgespräch führten, wenigstens in der Partei oder in entsprechenden Organisationen?“

„Das ist in der Akte vermerkt, genau kann ich’s momentan nicht sagen. In der Partei ist er meines Wissens nicht“.

„Hm, na, sie wissen Bescheid. Wir müssen in der kommenden Woche nochmals miteinander reden. Erst spreche ich mit dem Kaderleiter und dem Ökonomischen Direktor wegen ihrer Umbesetzung und ihres Gehaltes. Wir müssen sehen, ob wir einen Weg für ein annehmbares, personengebundenes Gehalt finden. Lassen sie sich meine Worte durch den Kopf gehen und ziehen sie die notwendigen Schlussfolgerungen daraus.“

Damit war die Unterredung beendet. Ich verließ das Büro des Technischen Direktors.

Es wird ernst

Am vierten August musste ich wieder zur Arbeit. Mein Urlaub war zu Ende, der graue Alltag hatte mich wieder.

Drei Wochen Waren zu kurz um mich effektiv zu erholen. Zwei Wochen waren wir in der Tschechoslowakei, ein paar Tage auf dem Gehöft von Reni und Jürgen in Niederoderwitz, den Rest genossen wir daheim. Die Tage auf dem Campingplatz, in Cerna am Lipno-Stausee, entschädigten uns für viele Alltagssorgen.

Wir hatten die herrliche Umgebung, die Sonnenuntergänge am von Bergen umrahmten See und die böhmische Kultur genossen. Einkaufsbummel gehörten zum Urlaub, wie auch die Ausflüge zu den herrlich gelegenen Burgen und Klöstern dieser Gegend. Es war beeindruckend die mittelalterliche Geschichte bis hin zur heutigen Zeit am Beispiel der Burg von Cesky Krumlov zu verfolgen. Bereits vor sechshundert Jahren regierten hier Fürsten germanischen Geblüts. Den Großteil der Geschichte war diese Burg Wohnung und Sitz derer von Schwarzenberg.

Irgendwie berührte es uns komisch, dass man den Erläuterungen der Touristenführung nicht folgen konnte, da alle Führungen in tschechischer Sprache präsentiert wurden.

Als aufmerksame Besucher konnten wir diesen Mangel durch das Studium de ausliegenden Dokumente kompensieren, da diese ausnahmslos in deutscher Sprache verfasste waren.

Die Tschechoslowakei war für die DDR-Bürger noch das einzige Land, in das sie frei reisen durften und in dem sie sich wohl fühlen konnten. Die Preise entsprachen den DDR-Verhältnissen, bei manchen Waren sogar erheblich niedriger, das Angebot reichhaltiger und farbenfroher.

Für diesen Campingurlaub zahlten wir 1833,- Mark, da war alles drin, vom Essen über Benzingeld bis hin zum Kauf einiger Souvenirs.

Diesmal waren wir nur zu dritt. Mandy reiste das erste Jahr allein mit ihrem Freund nach Ungarn. Der Reiz der westlichen Atmosphäre lockte die ‚Kinder‘ in dieses westlich orientierteste Land des sozialistischen Lagers, obwohl die finanziellen Belastungen hier weitaus größer waren.

In Vorbereitung des Abflugs gab ich meine ganzen seemännischen Kenntnisse bezüglich der Zollabfertigung an die Jugend weiter.

Zusätzliches Geld und Umtauschbescheinigungen hatten wir für jede Kontrolle sicher im Gepäck verstaut. Mit den offiziell tauschbaren 560,- Mark, die schlappen 3600,- Forint entsprachen, wäre man schon nach wenigen Tagen pleite, zudem kam erstmalig der Formel-1-Zirkus nach Budapest. Deprimierend war der Wechselkurs von 1:6 für Ostmark zum Forint, da man doch für eine D-Mark satte einundzwanzig Forint erhielt.

Der Drang ins Ungarnland dominierte, denn man fuhr mit dem ständigen Bewusstsein: ‚Wie lange darf man noch, wann wird auch dieses Land, das bereits jetzt infolge seines Visazwanges nicht mehr für jeden zugänglich ist, für uns erreichbar sein? - vielleicht einmal so wie Jugoslawien, das einer Westreise gleichgesetzt wurde‘.

In Cerna hatten wir uns erholt. Hier waren Natur und Umwelt noch gesund, was man auch am aufgeschlossenen Verhalten der Menschen spürte.

Obwohl die Region von Thüringern, Erzgebirglern und Sachsen teilweise überlaufen war, wurde man vom Gefühl einer freien Entfaltung belohnt. Allerdings war nicht alles so eitel Sonnenschein.

Die Ideologie konnte sich nicht verleugnen. Wir erfuhren, dass die Zeltplatzwarte offensichtliche Treffen mit Bürgern, oder Verwandten aus der Bundesrepublik, der tschechischen Polizei meldeten, die dieses dann den DDR-Behörden übermittelte. Gleiches galt auch für DDR-Bürger, die den Kontakt mit Menschen aus dem anderen Teil Deutschlands suchten. Der Diensteifer in der Ausführung solcher Mitteilungen wird von einem zum anderen Zeltplatzwart unterschiedlich gewesen sein. Uns berührte diese Information des deutsch mit österreichischem Akzent sprechenden Platzwartes nicht, vielleicht weil wir am Grenzübergang die ständige Nähe der eigenen Polizei mit ihrem steifen, intoleranten Auftreten hinter uns gelassen hatten. Die Tschechen waren gelassen, was ganz wesentlich zum Erholungseffekt beitrug.

Trotz der angehäuften Arbeit fiel es mir relativ leicht in den allgemeinen Trott zurück zu finden. Die direkten Chefs waren in Urlaub. Erst eine Woche später wurde ich etwas stärker in die persönliche und betriebliche Wirklichkeit zurückgerufen.

Es ging nicht um fachliche Probleme, die wurden weiterhin schnell und gewissenhaft von meiner Abteilung erledigt, es war vielmehr ein Zufall, der mir die im Mai geführten Gespräche wieder in Erinnerung rief.

In der Mittagspause traf ich den Kollegen Hänsel, Inspektor der Binnenreederei, zuständig für die neuen Kanalschubschiffe, mit denen wir derzeit viele Schwierigkeiten hatten. Da ich die Problematik von Anfang an kannte und aus meiner Seefahrtzeit die nötigen Erfahrungen mitbrachte, galt ich als absoluter Kenner der Materie in der Betriebsleitung. Kollege Hänsel verfügte über ähnliche Voraussetzungen.

Er berichtete mir von einem Ende Juli geführten Gespräch mit meinem Chef, das auf gezielte Abwerbung seiner Person hinaus lief. Er wollte ihn in seinen Bereich, die Abteilung Technologie holen.

„Sag mal, habt ihr denn eine Stelle frei bei euch?“ fragte er mich.

„Ich nehme an, dass er dir meinen Posten als Hauttechnologe anbieten wollte. Er steht momentan heiß. Seit meinem Austritt aus der Partei wird er von Richter gedrängt, mich mit Hilfe einer GVS-Verpflichtung von meinem Posten zu entheben und mir eine Mitarbeitertätigkeit mit so wenig Gehalt anzubieten, dass ich schon aus finanziellen Gründen ablehnen werde. Das fachliche Loch muss gestopft werden und es ist keiner da - aber du bist jung, flexibel und von operativer Schaffenskraft, das bringst du schon!“ entgegnete ich.

„Ich habe eigentlich keinen Bedarf unter seiner Führung zu arbeiten, der verbreitet ja nur Hektik. Ich habe mir etwas anderes ausgesucht, will die Stromschubschiffe übernehmen und anschließend mit den Schiffen in den Westeinsatz. Fünf Jahre habe ich mich mit der jetzigen Truppe rumgeschlagen. Nee, zu viel Verantwortung, zu viel Nervenkrieg“, erwiderte er.

Ich hatte genug gehört und konnte mich auf eine weitere Forcierung meiner Angelegenheit nach Rückkehr meines Chefs einstellen. Eigentlich wollte ich nur eine gute, fachlich fundierte Arbeit leisten, aber das reichte eben hier nicht aus.

Alle waren aus dem Urlaub zurück, die erste Arbeitswoche im September fand ihren Abschluss.

Zu neun Uhr wurde am Freitag eine Arbeitsberatung der Abteilungsleiter beim Technischen Direktor einberufen. Drei Monate lagen zwischen der letzten Beratung und dieser. Sie versprach also problemreich zu werden, wurde zügig und operativ geführt, alle Abteilungsleiter erhielten umfangreiche und neue Aufgaben.

Eigentlich wollte Kollege Fleczok, der Technische Direktor, mittags fertig sein, aber die Zeit jagte dahin. Um 14:45 Uhr wurde endlich, nach pausenloser Beratung, der Schlusspunkt gesetzt. Ich bat noch um eine persönliche Unterredung.

Von verschiedenen Seiten hatte ich gehört, dass ich den Betrieb wechseln wolle, allein mir war nichts davon bekannt. Sollte es sich um ein bewusst von er Betriebsleitung in Umlauf gebrachtes Gerücht handeln, meine Ablösung ideologisch vorzubereiten, ohne Erklärungen abgeben zu müssen?

Gezielt sprach ich Fleczok daraufhin an: „ Wir hatten im Juni ein Gespräch, in dem sie mir eröffneten, dass ich aufgrund meines Parteiaustritts und der daraufhin verstärkten Forderung nach Geheimnisträgerschaft, der ich nicht zustimmte, meinen Posten nicht behalten könne. Sie sagten, dass sie mir mein vorheriges Arbeitsgebiet mit damaligem Gehalt personengebunden zubilligen würden, der Betriebsdirektor sich aber der Gehaltszubilligung entgegenstelle. Die Frage sollte Ende Juni, Anfang Juli geklärt werden.

Ich möchte jetzt wissen, woran ich bin. Steht die Problematik so noch an, wie sie sich im Juni darstellte? Muss ich mich langsam um eine andere Arbeitsstelle umsehen? In meiner Abteilung werden die Planstellen nacheinander besetzt. Im Februar 87 kommt ein Absolvent vom Studium und jetzt soll ich Harald, der als Abteilungsleiter Schweißtechnik abgelöst wurde, bei mir in die Position des Technologen für Schweißtechnik übernehmen, dann bin ich ausgebucht mit meinen Planstellen. Für mich ist dann nichts mehr offen, wie sie es sich aber vorgestellt hatten!“

„ Harald wird voraussichtlich nicht in ihrer Abteilung eingesetzt werden. Sie wissen ganz genau, dass ich sie nicht entbehren kann. Ich spiele die Frage nicht hoch und fordere den Kaderleiter nicht heraus Position zu beziehen. Es werden Anstrengungen unternommen einen Ersatz zu finden, der Direktor und der Kaderleiter drängen darauf. Ich sage ihnen aber ganz klar, dass ich, solange ich auf diesem Platz sitze, einer Neubesetzung des Haupttechnologen nur zustimmen werde, wenn sie weiterhin als Mitarbeiter mit HF 4-Gehalt bei mir eingesetzt werden. Das ist für sie keine Sicherheit, aber mehr kann ich dazu nicht sagen“, erwiderte er.

„Ich wollte nur wissen, wie ich mich zu verhalten habe und wie die Aktivitäten hinter meinem Rücken zu deuten sind“ entgegnete ich und verabschiedete mich mit den besten Wünschen fürs Wochenende.

Nun hatte ich es aus berufenem Munde erfahren. Ich sitze nur so lange im Sattel, bis man einen fachlich gleichwertigen Ersatz gefunden hat, der auch die ideologischen Voraussetzungen der Parteimitgliedschaft erfüllt. Erst dann wird der Forderung nach ideologischer Besetzung, im Sinne einer Gewährleistung der führenden Rolle der Partei in allen Institutionen und Abteilungen, Rechnung getragen und der Makel, dass ein Leitungsmitglied sich offiziell gegen die allgemeine parteiliche Richtlinie wendete, getilgt. Erst dann ist die Gefahr einer Kettenreaktion für den Betrieb gebannt.

Einige Genossen, auch in Leitungsfunktionen der Werften tätig, beobachteten derzeit sehr genau den Lauf der Dinge und zogen Schlussfolgerungen für ihre persönlichen Verhaltensweisen, duckmäusern oder aufbegehren war die Frage, so wie meine eigenen Konsequenzen bereits in diesem Verlauf in meinem Innern vorprogrammiert wurden.

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