Читать книгу Zum Glück gibt es Aktien! - Gerd Haufe - Страница 9

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4. Alles Vorurteile – oder?

Niemand weiß, was er kann, bevor er es versucht.

Publilius Syrus

Deutschland sei ein Land von Aktien-Muffeln, behauptete das Deutsche Aktieninstitut (DAI) in einer Studie vom 28.02.20204. Zwar hat im Zuge der Corona-Pandemie das Interesse an Aktien, insbesondere in der jüngeren Bevölkerung, etwas zugenommen, aber es besitzen in Deutschland bis jetzt nur 17,5 % der Bevölkerung Aktien oder Aktienfonds5. Bei den Gründen für die Aktienzurückhaltung, die das DAI erforscht hat6, fallen besonders zwei Punkte auf:

1. „Aktien sind nur was für Profis.”

Zwar ist es für Experten mit Fachwissen und Erfahrung leichter, mit Aktien umzugehen, aber auch ein Profi hat mal klein angefangen. Im täglichen Leben gibt es viele anspruchsvolle Tätigkeiten, die ebenso von Laien ausgeführt werden können. Mit etwas Grundverständnis muss ein tropfender Wasserhahn kein Anlass sein, gleich den Klempner zu rufen. Das Autofahren kann erlernt werden, und wer sich mit einer gewissen Leidenschaft in der eigenen Küche engagiert, braucht den Vergleich mit dem nächsten Restaurant nicht zu scheuen. Nach der Lektüre dieses Buches gibt es keine Ausreden mehr! Einfach anfangen und mit ein paar Aktien selbst Erfahrungen sammeln!

2. „Ich habe kein Geld zur Anlage in Aktien.”

Klar ist: Wer nichts als Schulden hat, kann keine Aktien kaufen. Andererseits kann bereits ab 25 Euro ein monatlicher Sparplan7 eingerichtet werden. Bei einer angenommenen jährlichen Rendite von 4,7 %8 und einer Anlagedauer von 20 Jahren ergibt sich bei einer monatlichen Sparrate von 25 Euro ein Betrag von 9855,76 Euro9. Erwischt man eine gute Phase am Aktienmarkt, kann der Endbetrag sogar dreimal so hoch liegen. Das Ergebnis könnte dann durch eine erfolgreiche Anlagestrategie weiter vermehrt werden. Und kann nicht bei ehrlicher Betrachtung (fast) jeder mit etwas gutem Willen mindestens 25 Euro monatlich abzweigen?

Angst scheint ein wichtiger Grund für die Zurückhaltung in Sachen Aktien zu sein. In der repräsentativen Studie der Initiative „Aktion pro Aktie”, einer gemeinsamen Aktion der Direktbanken ING Bank, Comdirect und Consorsbank, sind die beiden am häufigsten genannten Motive: „Habe Angst, mein Geld zu verlieren” und „Habe Angst, die falschen Aktien zu kaufen”. Leider sind beide Befürchtungen begründet. Aber es gibt gute Gegenmittel, um die Ursache der Angst zu beseitigen.

Das Risiko, mit Aktien Verluste zu erleiden, sinkt mit der Dauer der Anlage. Blicken wir 50 Jahre zurück, so bestand ab 10 bis 15 Jahren Anlagehorizont kein Verlustrisiko mehr10. Neben dem Faktor Zeit gibt es weitere Möglichkeiten, das Risiko zu verringern: Anlagemittel auf mehrere Aktien streuen, besonders riskante Titel meiden und in Euphorie-Phasen keine Aktien kaufen (siehe Kapitel 8b).

Auch gegen die zweite Befürchtung, die falschen Werte zu kaufen, kann etwas getan werden. Kapitel 8a beschreibt, wie Sie mit einfachen Mitteln gute Aktien auswählen können. Kapitel 8d zeigt schließlich, warum es gar nicht so schlimm ist, falls das einmal nicht gelingen sollte.

Weitere Gründe, die so manchen von der Aktienanlage abhalten, könnten darin liegen, dass Aktien zuweilen einen schlechten Ruf haben. Das Umfeld der Börse wird öfter mit negativ belegten Begriffen in Verbindung gebracht. Wer will schon als Zocker oder Spekulant gelten? Sogar die Heuschrecke wurde als Bild missbraucht11, um Kritik an Finanzinvestoren zu üben.

Für den zuweilen schlechten Ruf der Aktie und ihres Umfelds gibt es verschiedene Erklärungen. Zum einen wird darauf verwiesen, dass das Wissen und die Bildung in Finanzfragen in Deutschland nicht ausgeprägt seien und wir beispielsweise in Schulen mehr Unterrichtseinheiten zum Thema einführen sollten. Zum anderen gab es in den letzten Jahrzehnten immer wieder Gelegenheiten, um schlechte Erfahrungen mit Aktien zu sammeln. So wurde die Aktie der Deutschen Telekom (T-Aktie) als Volksaktie bezeichnet und der beliebte Schauspieler Manfred Krug bewarb sie in den 1990er Jahren erfolgreich in Fernsehspots. Zunächst stieg der Kurs bis ins Jahr 2000 auf über 100 Euro, doch in der Folge brach die Aktie durch das Platzen der sogenannten Dotcom-Blase12 auf unter 10 Euro ein. Auch wenn sich der Aktienkurs inzwischen etwas erholt hat, liegt er immer noch weit unter den damaligen Höchstkursen. Dadurch haben viele Anleger Geld verloren. Seien wir ehrlich, das kann passieren. Aktienkurse sind trotz aller Forschung und moderner Technik nicht zuverlässig vorhersehbar. Aber wer damals bei der Telekom-Aktie nicht alles falsch gemacht hat und sein Depot streute, langfristig dachte und im Zuge der Börsentalfahrt günstig zukaufte, liegt vermutlich heute mit dem gesamten Wertpapierdepot deutlich im Plus. Wer dagegen aus Frust nach dem Kurssturz verkaufte und sich von der Börse abwandte, für den sind die Verluste endgültig und damit schmerzhaft.

In dem Zusammenhang mag es tröstlich sein, dass Fehleinschätzungen und Misserfolge bei Aktien systembedingt dazugehören. Jeder, wirklich jeder Investor, sogar der erfahrene Profi, ist davon betroffen. Da braucht man nur zu recherchieren, welche aktiven Portfoliomanager beispielsweise unter dem Kurssturz der Wirecard-Aktien litten oder wer den Papieren der Deutschen Bank lange Jahre die Treue gehalten hat.

Auch ich habe im Laufe von 50 Jahren Aktien gekauft, die enttäuscht haben. Gleichzeitig sah ich Papiere in meinem Depot, die stark gestiegen sind, sodass insgesamt die Gewinne die Verluste mehrfach überwogen. Augenzwinkernd kann gesagt werden: Aktien können 1000 % und mehr gewinnen, dagegen nur 100 % verlieren.

Umwege erhöhen die Ortskenntnis oder anders formuliert, aus Fehlern lernt man. Wichtig ist das Anfangen, just do it! Fehler gehören dazu, nur wer nichts tut, macht keine Fehler. Obwohl das bei Aktien bereits der erste Fehler sein könnte …

Mit 5 Cent zum Vermögen

»Felix, schau mal, da liegt eine 5-Cent-Münze.« Oma Silvia zeigte auf den Boden im Eingangsbereich der örtlichen Sparkasse.

Ihr Enkel schien viel mehr von dem überdimensionalen Smartphone im Schaufenster fasziniert zu sein. »Ach, das lohnt doch nicht. Aber hier, schau mal! Zum Geburtstag wünsche ich mir ein iPhone.«

Kopfschüttelnd bückte sich Silvia nach dem Geldstück. »Na dann werde ich eben selbst reich.«

»Mit dem Klimpergeld?«, spöttelte Felix lachend, packte die Hand seiner Oma und versuchte, sie zum Eisstand an der nächsten Ecke zu ziehen.

»Wenn du jeden Tag 5 Cent beiseitelegen würdest und später in Aktien investierst, könntest du dich als Rentner eines fernen Tages über 50.000 Euro freuen.«

»Wow! Krass! Damit könnte ich mir viele iPhones kaufen«, staunte Felix.

4 Link: https://www.dai.de/aktionaerszahlen/#/veroeffentlichungen/dokumenttitel/aktionaerszahlen-2019-aktieninteresse-gesunken; abgerufen am 19.07.2021.

5 DAI Studie vom 25.02.2021; Link: https://www.dai.de/aktionaerszahlen/#/veroeffentlichungen/dokumenttitel/aktionaerszahlen-2020-deutsche-begeistern-sich-mehr-und-mehr-fuer-aktien; abgerufen am 19.07.2021.

6 DAI Studie vom 16.01.2019; Link: https://www.dai.de/studien/#/pressemitteilungen/dokumenttitel/mehr-aktionaere-in-deutschland-gleichgueltigkeit-und-missverstaendnisse-ueberwinden; abgerufen am 19.07.2021.

7 Nähere Informationen zum Thema Sparplan siehe Kapitel 8d.

8 Das ist die niedrigste beobachtete Durchschnittsrendite bei 20 Jahren Sparplandauer; Stand 31.12.2020. Quelle: Deutsches Aktieninstitut (www.dai.de); Link: https://www.dai.de/rendite-dreiecke/#/rendite-dreiecke/dokumenttitel/regel-maessig-sparen-lohnt-sich-das-dax-rendite-dreieck-fuer-die-monatliche-geldan-lage-stand-dezember-2019; abgerufen am 12.06.2021.

9 Berechnet mit dem Finanzrechner der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ); Link: https://finanzrechner-rendite.faz.net/rechner/faz/gleicherzins/; abgerufen am 12.06.2021.

10 Quelle: Deutsches Aktieninstitut (www.dai.de); Dax-Rendite-Dreieck, Stand Dezember 2020; https://www.dai.de/rendite-dreiecke/#/rendite-dreiecke/dokumenttitel/50-jahre-aktien-renditen-das-dax-rendite-dreieck-des-deutschen-aktien-instituts-stand-dezember-2019; abgerufen am 12.06.2021.

11 Siehe dazu Wikipedia „Heuschreckendebatte"; Link: https://de.wikipe-dia.org/wiki/Heuschreckendebatte; abgerufen am 12.06.2021.

12 Weltweite Spekulationsblase mit Technologie- und Internet-Aktien.

Zum Glück gibt es Aktien!

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