Читать книгу Jesus nach 2000 Jahren - Gerd Ludemann - Страница 38

Mk 6,45-56: Jesu Seewandel und Heilung vieler Kranker

Оглавление

(45) Und sogleich drängte er seine Jünger, in das Boot einzusteigen und an das andere Ufer nach Bethsaida vorauszufahren, bis er selbst das Volk entläßt. (46) Und er verabschiedete sich von ihnen und ging auf den Berg zu beten.

(47) Und als es Abend geworden war, war das Boot in der Mitte des Meeres und er allein auf dem Land. (48) Und er sah sie sich abquälen beim Rudern, denn sie hatten Gegenwind, und bei der vierten Nachtwache kommt er zu ihnen wandelnd auf dem Meer. Und er wollte an ihnen vorbeigehen. (49) Als sie ihn aber auf dem Meer wandeln sahen, meinten sie, daß es ein Gespenst sei, und sie schrien auf. (50) Alle nämlich sahen ihn und wurden verwirrt.

Er aber sprach sogleich mit ihnen und sagt ihnen: »Schöpft Mut, ich bin es, fürchtet euch nicht!« (51) Und er trat zu ihnen in das Boot und der Wind legte sich, und sie gerieten innerlich völlig außer sich. (52) Denn sie hatten bei den Broten keine Einsicht gewonnen, sondern ihr Herz war verstockt. (53) Und sie fuhren hinüber zum Land und kamen nach Genezareth und legten an.

(54) Und als sie aus dem Boot herausstiegen, erkannten sie ihn sogleich (55) und liefen umher in der ganzen Gegend und begannen, auf Liegen die Kranken herzutragen, wo sie hörten, daß er es sei. (56) Und wo er Dörfer oder Städte oder Gehöfte betrat, legten sie die Kranken auf die freien Plätze und baten ihn, daß sie wenigstens den Saum seines Gewandes berühren dürften. Und alle, die ihn berührten, wurden gerettet.

Redaktion

V. 45-46: Das Boots-, Volks- und Gebetsmotiv sind redaktionell.

V. 48b: »denn sie hatten Gegenwind« ist ein mk Nachtrag (vgl. zu 5,8).

V. 51-52: Hier wird das mk Jüngerunverständnismotiv besonders deutlich sichtbar; V. 52 bezieht sich auf die Speisungsgeschichte Mk 6,34-44 zurück und stellt deren Interpretation dar. Vgl. später 8,14-21.

V. (53.)54-56: Dieses Stück ist ebenso wie 1,32-39; 3,7-12 eine redaktionelle Bildung, ein Summarium, das ausführlich Jesu Heiltätigkeit schildert und im mk Kontext die Massenszene von 6,30-34 aufnimmt.

Tradition

V. 45-51: Dieses Stück ist, formal betrachtet, eine Epiphaniegeschichte, im Unterschied zu dem Naturwunder 4,37-41. Gelegentlich wird aber gefragt, ob es sich bei beiden Erzählungen nicht um Varianten ein und desselben Archetyps handelt. Dann müßte die Stillung des Sturmes (vgl. V. 48.51) das ursprüngliche Motiv sein, das durch den Seewandel in den Hintergrund gedrängt wurde. Doch zeigt der abgerissene Satz V. 48 (»Er wollte an ihnen vorbeigehen«), daß der Seewandel traditionsgeschichtlich am Anfang steht.

Die Erzählung vom Seewandel Jesu soll dessen Ebenbürtigkeit mit anderen Söhnen Gottes aus der Umwelt des frühen Christentums erweisen, die ebenfalls auf dem See wandeln können. Denn in der Antike galt die Fähigkeit, auf dem Wasser zu gehen, als göttliche Macht. Weiter sind hier aber auch alttestamentliche Parallelen zu berücksichtigen, denen zufolge Gott auf dem Wasser bzw. den Wogen des Meeres wandeln kann (vgl. Hiob 9,8; Ps 77,20).

Möglicherweise ist die Geschichte von Jesu Seewandel eine Ostergeschichte. Hierzu würden auch V. 49f passen, wo die Tatsächlichkeit der Gegenwart Jesu betont und die Furcht der Jünger, ein Gespenst gesehen zu haben, zurückgewiesen wird (vgl. Lk 24,36-43). In einer zweiten Stufe wäre dann diese Ostererzählung um das Motiv der Rettung aus der Seenot erweitert worden.

Historisches

Gegen die Historizität der Erzählung vom Seewandel Jesu sprechen a) die zahlreich vorhandenen Analogien aus der damaligen Umwelt und im Alten Testament, b) der Charakter und die Form der Erzählung und c) ihre mögliche Herkunft aus der Ostersituation.

Jesus nach 2000 Jahren

Подняться наверх