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3.Knutschen im Kollektiv

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Das war schon eine feine Erfindung: das Kollektiv. Alles, was man irgendwie gemeinsam unternahm, vollbrachte man als Kollektiv. Im Kollektiv wurde gelernt. Im Kollektiv wurden Exkursionen unternommen. Im Kollektiv wurden wesentliche, zuweilen allerdings auch ausgesprochen unnütze Fragen diskutiert. Doch das Wichtigste war: Im Kollektiv fand man in der Regel zu einer Meinung, nämlich der richtigen. Jedenfalls zu dem, was man just für richtig hielt.

Für Uwe - wie auch immer - meist mit beträchtlichem Erkenntnisgewinn. Was hatte er bisher schon gewusst von der Welt! Nichts! So gut wie nichts! Und jetzt lernte er, dass es überall dialektisch zuging, und zwar dialektisch-materialistisch! Das hieß: Das Sein des Menschen bestimmt dessen Bewusstsein! Also alle möglichen Widersprüche im Kopf waren da nicht, weil dort in Selbstschöpfung aus sich selbst heraus entstanden, sondern weil aus der Realität dorthin gekommen! Selten bewusst, aber letztlich unabwendbar spiegelten sich faktisch bei jedem Menschen im Kopfe mehr oder weniger einstige, vor allem jedoch aktuelle soziale Prozesse.

Uwe war für die neuen Erkenntnisse überaus aufgeschlossen. Zuweilen allerdings kam er ins Grübeln. Letztlich unausgesprochen und also auch nicht diskutiert blieb beispielsweise die Frage, wie das Proletariat nun eigentlich seine Oberen findet, die Leute, die wissen, wo es lang geht, also die, die das Volk regieren. Eigentlich war das die Kardinalfrage: Wer kürt wen zum Oberen? Geschieht dies durch Wahlen? Und was kann der Bürger damit entscheiden? Oder entscheidet letztlich die Partei? Aber weshalb unnötig Fragen stellen! Im Moment lief eigentlich alles ganz gut im Lande. Und Uwe war ja auch nicht hier, um unangenehm aufzufallen. Schließlich und endlich war er recht gut aufgehoben im Kollektiv.

Obwohl man diese neuartige Gemeinschaftlichkeit auch nicht überbewerten sollte. Zuweilen war von Gemeinschaft und gemeinsamen Intentionen herzlich wenig zu spüren. Der ideale Mensch – es gibt ihn nicht; das ideale Kollektiv – es gibt es nicht.

Eine bedenkliche Erfahrung in dieser Hinsicht machte Uwe, als das gesamte Studienjahr eines Tages aufbrach, um das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg zu besichtigen. Uwe hatte sich prompt an seinen alten Biologielehrer erinnert, der völlig ausgerastet war, als damals die Nazi-Verbrechen bekannt geworden waren. Für Uwe war der Gang nach Buchenwald daher a priori ein außergewöhnlicher Vorgang, geprägt von ehrfürchtigem Gedenken an die unschuldigen Opfer. Und er hatte gedacht, es würde allen so gehen.

Höchst befremdlich für ihn war daher die Art, wie sich seine Kommilitonen auf den Weg machten. Nachdem sie den Bus verlassen hatten, zogen sie auf dem Waldweg los, lösten sich in Gruppen auf und schienen alsbald auf fröhlicher Kaffeefahrt zu sein. Keine Einstimmung auf den verhängnisvollen Ort vor ihnen, sondern Blödelei da, Hänselei dort. Uwe sonderte sich ab. So viel Teilnahmslosigkeit konnte er nicht fassen. Hatten die Menschen, die dort oben auf dem Berg grausam umgekommen waren, nicht verdient, dass man sich ihnen ruhig und würdig näherte und so ihr Opfer irgendwie heiligte?

Als die Studenten schließlich einzeln oder in Gruppe durch das eiserne Lagertor schritten, das den Passanten noch immer absurd mit der Inschrift „Jedem das Seine“ empfing, wurden sie denn doch still. Der Ort ungeheuerlicher deutscher Verbrechen ergriff jetzt alle Sinne. Unschlüssig blieb das Häuflein junger Leute zunächst am Tor stehen. Es sollte eine Führung stattfinden.

Alsbald kam ein alter, ergrauter Herr heran, musterte die Ankömmlinge aufmerksam und grüßte mit brüchiger Stimme. Er schien ein ehemaliger Häftling gewesen zu sein; denn seine Schilderungen, die er nun gab, beeindruckten durch Sachkunde, aber auch durch einen wehmütigen Sprachton, der emotional berührte. Zunächst verharrten sie am Torgebäude, in dem sich Arrestzellen befanden und in dem Häftlinge gefoltert und auch ermordet worden waren.

Dann gingen sie zum 15000 qm großen Appellplatz, von dem aus noch Reste von Wachtürmen und vom hohen Stacheldrahtzaun zu sehen waren. Wenn man ins Lager verbracht wurde, erfuhren die Studenten, genoss man sogenannte „Schutzhaft“ - ein Begriff, der besonders abscheulich verschleierte, worum es eigentlich gegangen war, nämlich um Mord. Über 50000 Menschen, Juden, Christen, Kommunisten, Sozialdemokraten, kriegsgefangene Russen, waren im Lager auf unterschiedliche Weise umgebracht worden, zum Beispiel im Keller des Krematoriums, wo sie an eigens installierten Wandhaken hingerichtet wurden, um dann nebenan in den Verbrennungsöfen der Erfurter Firma „Topf- und Söhne“ verbrannt zu werden. Stumm standen die Studenten vor diesen Öfen, von Empfindungen ergriffen, die sich nicht beschreiben lassen. Geradezu verzweifelt, gleichsam als geistigen Schutz, als ob sich das Grauen damit fern halten ließe, wiederholte Uwe in Gedanken unablässig den Schwur: Nie wieder Faschismus! Nie wieder! Von den anderen unbemerkt, aber sehr bewusst, verneigte er sich dann am Eingang des Ofenraums an der Stelle, an der am 18. August 1944 auf Befehl Hitlers der KPD-Vorsitzende und Reichstagsabgeordnete Ernst Thälmann erschossen worden war.

„Machen Sie sich keine Illusionen, Genossen“, sagte der Alte auf einmal mit merklich gehobener Stimme, „die Mörder sind unter uns! Der Mörder von Thälmann lebt unbehelligt in Westdeutschland. Jetzt hier lang.“

Genug der Einzelheiten, genug des Grauens! Uwe drängte es an die frische Luft, hinweg von diesem Ort unfassbarer deutscher Verbrechen. Mit einem scheuen „Danke“ zu dem alten tapferen Mann ergriff er die Flucht. Andere folgten ihm. Und obwohl sie das perverse Haupttor schon lange hinter sich gelassen hatten, kam lockere, gelöste Stimmung unter den Kommilitonen nicht auf. Irgendwie lief jeder für sich, musste jeder erst einmal für sich mit dem ins Reine zu kommen versuchen, was sie da an unbeschreiblichen Eindrücken in sich hatten aufnehmen müssen. Erst als sie wieder im Bus saßen, der sie zurück nach Weimar brachte, löste sich die entsetzliche Spannung und schlug in einen Gegensatz um - in den Willen, die Eindrücke möglichst bald abzuschütteln, ja zu vergessen.

Noch hatten sie Weimar nicht erreicht, war schon ein Termin ausgemacht, nämlich der Besuch des schwedischen Films „Sie tanzte nur einen Sommer“. In der Nachmittagsvorstellung würde man wahrscheinlich noch Plätze bekommen. Auch Uwe hatte den Film natürlich schon gesehen, aber diese erregende Liebesgeschichte konnte man sich zweifellos mehr als einmal ansehen. Im Moment war sie bestens dafür geeignet, sich nach Buchenwald wieder dem Leben zuzuwenden.

Zunächst also zum Kino, um Karten zu kaufen. Mehr oder weniger zufällig hatte sich ergeben, dass sich dem „Ratstannen-Kollektiv“ Heinrich, Erich und Uwe drei Kommilitoninnen angeschlossen hatten: Marie-Luise, Gabriele und Gudrun. Die drei entpuppten sich als glühende Verteidigerinnen der Nacktszene des heiß diskutierten Films. Ein guter Grund mehr für die drei Männer, ihre Angel auszuwerfen.

Nach einem kurzen Imbiss in der Nähe des Kinos und einem Thüringer Bier zogen die drei Paare los. Wofür man sie hätte halten können, was sie aber natürlich nicht waren. Doch Tendenzen zeichneten sich ab. Heinrich, der stürmische Gefühlsmensch, hatte sich a priori für die kräftige, mitunter drastisch direkte Marie-Luise entschieden. Erich, der kleine erotische Angeber, machte der in der Regel Sittsamkeit demonstrierenden Gabriele versteckte Avancen. Und Uwe, der Ahnungslose, begriff, dass er, wollte er überhaupt irgendwelche Chancen haben, Gudrun zumindest ein gewisses Interesse signalisieren musste. Dergestalt in gewisser Weise vorsortiert saßen die sechs denn auch im Kino. Wo der Film allerdings die eine oder andere stattgehabte leise Annäherung erst einmal wieder vergessen machte.

Beim ersten Besuch des Films hatte Uwe an sich halten müssen; denn bei der ungewöhnlichen Nacktszene war sein Glied unruhig geworden. Da er sich inzwischen für erwachsen gehalten hatte, was ja nun wirklich stimmte, hatte er sich verkniffen, dem Unabhängigen auch nur die geringste Chance einzuräumen. Im dunklen Kino hätte gemäße Behandlung während der Szene durchaus mächtigen Lustgewinn bedeuten können, aber er hatte widerstanden.

Nun beim zweiten Besuch des Films konzentrierte sich Uwe von vorn herein darauf, möglichst keine Einzelheit der Szene zu verpassen. Und als sich die wunderschöne nackte Kerstin ihrem Geliebten, dem ebenfalls nackten Göran, zum Kusse näherte, wäre ihm beinahe ein tiefer Seufzer entschlüpft. Irgendetwas in der Richtung musste ungewollt sogar passiert sein, denn Gudrun neben ihm schaute überrascht her. Und ihr Blick, so empfand Uwe, schien verständnisinnig.

Nach der Vorstellung war ihnen schnell klar: Das Gesehene musste ausgewertet werden! Ein, zwei Bier und bisschen Wodka mussten jetzt drin sein! Auch ohne Alkohol schon ziemlich aufgekratzt zogen sie denn los und fanden sich alsbald in einer gemütlichen Kneipe wieder an einem Tisch für sechs Personen.

Noch bevor sie etwas getrunken hatten, begann Heinrich, der Gefühlsmensch, zu schwärmen. Ihn hatte der Film an seine Freundin erinnert und daran, dass man in unmittelbarer Nähe seines Heimatdorfes in kleinen, klaren Weihern nicht nur erfrischend baden, sondern auch einer Freundin nahe kommen konnte. Marie-Luise giftete. Was er in Mecklenburgischen Weihern treibe, gehöre jetzt nicht hier her. Sie fand es kühn und gut, dass die Schweden nicht prüde gewesen waren, dass sie sich hier Naturalismus geleistet hatten. Nach einigem Für und Wider wurden sie sich jedoch einig, dass es sich nicht um Naturalismus gehandelt habe; denn dann hätte auch gezeigt werden müssen, wie es die beiden im flachen Wasser treiben. Das aber sei von den Filmemachern der Phantasie des Zuschauers überlassen worden. Also handelte es sich um Realismus!

Inzwischen waren die sechs bei der zweiten Runde Bier plus Wodka angekommen. Uwe gab ihrer Debatte ein neues Thema. Hatte es diese Kerstin verdient, fragte er, bei einem Motorradunfall ums Leben zu kommen? Da regte sich Gudrun. Leidenschaftlicher als bei ihr vermutet argumentierte sie, dass das ja die Tragödie sei. Deshalb sei man als Zuschauer letztlich so mitgenommen. Nicht wegen der nackten Leiber, sondern wegen dieses unverdienten Schicksals.

Das war der Moment, in dem Uwe zum ersten Mal richtig auffiel, dass diese Gudrun über einen echt prächtigen Busen verfügte. Jetzt, wo sie sich aufregte, wogte er geradezu einladend auf und ab. Welch Wonne, da mal hin fassen zu dürfen! Uwe hielt an der Kontroverse fest, erzwang sich so Gudruns Aufmerksamkeit. Tragödie hin, Tragödie her, meinte er, für ihn stand fest, dass ein versöhnliches Ende der wunderbaren Liebe dieser Menschen gerechter geworden wäre. Gudrun widersprach heftig. Darum sei es doch gar nicht gegangen, sondern darum, die unlösbaren Klassenwidersprüche aufzuzeigen, nämlich zwischen der vom Pfarrer borniert gehaltenen Landbevölkerung und dem doch schon etwas aufgeklärten Bürgersohn aus der Stadt.

Nun griff Erich ein, den Kopf gewichtig anhebend und sein Bierglas fester fassend. Das mit den Klassen, meinte er, sei ja eigentlich nur ein Nebeneffekt. Viel ernsthafter müsse geprüft werden, ob das klassische Prinzip Tragödie überhaupt hier in Anwendung gebracht werden könne. Denn in der Antike spiele ja immer irgendwie eine massive Schuld eine Rolle, die dann zur Tragödie führe. Schuld im antiken Sinne könne er bei Kerstin und Göran aber nicht ausmachen.

Jetzt argumentierte Marie-Luise dazwischen. Erich solle bitte nicht anfangen, eine Vorlesung zu halten. Dazu sei morgen früh wieder Zeit. Und im Übrigen sei das Thema nun wirklich erschöpfend durchgekaut. Viel interessanter sei zu erfahren, wie die drei Junggesellen auf ihren Buden im Ratstannenweg so zurechtkämen.

In der Tat. Marie-Luises Einspruch nach dem zweiten Bier plus Wodka war gut terminiert. Alle waren prompt zu einem Themenwechsel bereit. Und ausgerechnet die als ein wenig prüde geltende Gabriele lancierte alsbald eine Idee, die zwar zunächst überraschte, aber schließlich immer verführerischer erschien: Nämlich aufzubrechen und die Buden der Junggesellen zu besichtigen. Allein die Frage, wessen Zimmer sie aufgeräumt und wessen Zimmer sie verlottert antreffen würden, erwies sich als geradezu abendfüllend.

Es hatte ja im Ratstannenweg eine erfreuliche Änderung gegeben. Da beim Schauspiel ein paar Männer den künstlerischen Anforderungen nicht hatten gerecht werden können, war Platz geworden im Männerhaus auf Belvedere und vom älteren Semester waren Jochen Hottas und Heinz Diestel vom Ratstannenweg ins Kavaliershaus gezogen. Was zur Folge gehabt hatte, dass Heiner, Erich und Uwe nun jeweils ihr eigenes Zimmer bewohnten. Sturmfreie Bude! Ob das die drei Weiber wussten? Selbstverständlich hatte keiner der Männer Einwände gegen Gabrieles Vorschlag. Alsbald zogen die sechs angenehm alkoholisiert Arm in Arm in breiter Reihe durch das dunkle Weimar hinaus zum Ratstannenweg. Und diesmal schien Uwe die Strecke, sonst durchaus eine echte Herausforderung, überraschend kurz.

Finsternis im Ratstannenweg, spärliche Laterne, dunkel das Haus, nur bei Dieter noch Licht. Eigentlich herrschte schon Nachtruhe, klar, aber die wurde erst einmal ausgesetzt. Die ursprüngliche Idee, nämlich die Zimmer zu inspizieren, war längst vergessen. Man beschloss, im großen Eckzimmer, in dem ursprünglich die drei Männer gemeinsam campiert hatten, noch ein bisschen zu tanzen. Es war dies eigentlich gar kein Beschluss, es ergab sich einfach aus der schönen Gelöstheit, mit der die sechs alkoholselig auf den drei Betten gelandet waren, die da noch standen. Dieter von nebenan, der natürlich noch überm Selbststudium gesessen hatte, brachte bereitwillig sein Radio. Und schon tanzten die Paare.

Uwe spürte sofort, dass er mit Gudrun eine fabelhafte Tänzerin erwischt hatte. Und was das Erregendste war: Sie ließ sich fest zum Körper heranziehen, so dass ihre Brüste spürbar wurden. Als Erich überraschend noch eine Flasche bulgarischen Rotwein anschleppte, die sofort von Mund zu Mund wanderte, verknüpfte sich die Zeremonie aus heiterem Himmel mit einer allgemeinen Kuss-Orgie.

Plötzlich wanderte die Flasche mit Kuss von Mund zu Mund. Gabriele, von der Uwe die Flasche bekam, küsste kurz und scheu, Gudrun hingegen, der er die Flasche weiter gab, küsste inbrünstig in bester Laune. Das konnte ja heiter werden! Uwe wurde für einen Moment unsicher, fragte sich, ob er irgendwie bremsen müsste. Heinrich agierte bereits im Unterhemd, Erich hatte die Hosenträger abgestreift. Und die Weiber hatten nicht nur ihre Jacken längst abgelegt, auch ihre Blusen luftig gemacht. Uwe fand, dass er hier nicht der Tugendwächter zu sein hatte. Außerdem war äußerst spannend, wie sich das jetzt hier entwickeln würde.

Nachdem die Weinflasche geleert war, zog Heinrich Marie-Luise zum Küssen an sich und ließ sich langsam aufs Bett niedersinken, wo beide küssend liegen blieben. Prompt rief Erich, „wir gehen mal nebenan“ und verduftete mit seiner Gabriele, die zwar offenbar überrascht war, aber ebenso wenig abgeneigt. Und Gudrun schaute Uwe groß an.

„Komm“, sagte er, „das können wir auch!“, fasste um ihre Taille und zog sie nebenan in sein Zimmer. War Uwe dieser ungewöhnlichen Herausforderung gewachsen? Wie ihm schien, durchaus. Nur nicht reflektieren jetzt, sondern tun! Maßvoll, aber tun!

Gudrun hatte sich nicht gleich aufs Bett gelegt, sondern sich erst einmal artig gesetzt. Er nahm neben ihr Platz, sagte: „Das ist mein Reich“ und entschloss sich, mit Küssen fortzufahren. Was sie erfreulicherweise nicht verweigerte, sondern erwiderte. Der Alkohol hatte ihn mutig gemacht und löste weitere Hemmschwellen. Schon tastete er nach ihrem Busen, einem griffigen Fleisch unter der Bluse. Sie ließ ihn geschehen, schob jetzt ihre Zunge vor beim Küssen. Uwe war im Rausch. Langsam zog er Gudrun nieder, lag jetzt neben ihr und versuchte, zur nackten Brust vorzudringen.

„Mann“, sagte sie jetzt fast vorwurfsvoll, setzte sich auf, zog rasch ihre Bluse aus und löste den Büstenhalter. Uwe verschlug es den Atem.

„Weib!“ keuchte er, ihren strotzenden nackten Busen bewundernd. Schon griff er wie hypnotisiert nach diesen atemberaubenden Hügeln, die sich ihm lüstern entgegenstreckten. Zunächst noch scheu zwar, doch da Gudrun ihn gewähren ließ, kostete er die Gelegenheit aus und knetete immer kräftiger. Zum allerersten Mal in seinem Leben ergötzte er sich an einer nackten Weiberbrust! Fast überforderte es seine Sinne.

Plötzlich warf sich Gudrun ruckartig zurück auf Bett und machte die Beine breit; dabei straffte sie den Rücken, so dass sich ihre Brüste keck aufreckten. Uwe erstarrte gebannt. Ihm schoss ein wilder Gedanke durch den Kopf, aber er verwarf ihn sofort. Was da soeben geschehen war, konnte eine Einladung gewesen sein, eine Aufforderung. Aber er musste, hol’s der Teufel, er musste sie übersehen! Nicht nur, weil die Tür seines Zimmers nicht verschlossen war. Vor allem, weil er keinen Gummi parat hatte!

Und gar ein Kind für geile Sekunden? Nein, kein Kind! Und schon gar nicht mit Gudrun! Er war zwar besoffen, ziemlich besoffen, aber das bewältigte er noch. Er behielt klaren Kopf. So tat er denn, als habe er diese möglicherweise eindeutige Geste gar nicht wahrgenommen, warf sich mit Leidenschaft auf die liegende Gudrun und küsste und knutschte, dass sie stöhnte. So viel nackte Brust auf einmal und ganz und gar aus heiterem Himmel, das war ohnehin mehr, als Uwe sich für diesen Tag hatte träumen lassen.

Jetzt fing Gudrun an, an seiner Hose zu nesteln, nicht irgendwo, sondern ganz gezielt dort, wo eigentlich ein Strammer auf Erlösung warten müsste. Weit gefehlt! Da unten spielte sich nichts ab. Uwe registrierte es mit Verwunderung, als sie mit einem Finger schon bei seinem guten Stück angelangt war. Sein Penis hatte keine Lust! Uwe verstand das nicht. Und offenbar war auch Gudrun irritiert, denn sie hörte auf, den schlappen Kerl zu suchen. In dem Moment kam Uwe auf die ihn berauschende Idee, eine ihrer prallen Brustwarzen in den Mund zu nehmen. Gudrun ließ es geschehen, Uwe spürte aber, dass sie gleichsam als Kommentar ihre Beine zusammenpresste. Irgendwie war eine kritische Situation entstanden.

Da klopfte es an die Tür. Sie schreckten auf. Marie-Luise rief mit kräftiger Stimme: „Wir müssen los!“

Nebenan war man also am Ziel gewesen. Jedenfalls war das jetzt Uwes erster Gedanke. Er ließ ab von Gudrun, sie erhob sich und ordnete ihre Kleidung. Auch Uwe stopfte sein Hemd wieder ordentlich in die Hose. Man traf sich im Flur. Erich wartete bereits mit Gabriele, die arg ernüchtert schien. Heinrich, noch immer in Schwung, forderte emphatisch, die drei Frauen bis Belvedere zu begleiten. Uwe und Erich schauten sich erschrocken an, und Marie-Luise lachte los.

„Du bist total närrisch“, sagte sie und beteuerte, sie seien emanzipiert und fänden ihren Weg allein. Woraus Uwe schlussfolgerte, dass deren Beziehung soeben denn doch so ganz innig nicht gewesen sein konnte. Also Verabschiedung an der Tür, mäßiges Hallo. Vorbei! Auch kein Bedarf, sich noch auszutauschen. Total müde verkroch sich jeder der drei Herren in sein Zimmer.

Uwe fand keine Ruhe. Was eigentlich war da abgelaufen? Er hatte ein ausgesprochen erotisches Abenteuer mit einer Frau gehabt, ohne sie zu lieben! Es war auch keinerlei Liebe entstanden! Alle Knutscherei war rein körperliche Ergötzung gewesen. Er hatte sich an einem immerhin außergewöhnlich geeigneten Objekt einem emotionalen Rausch hingegeben, hatte tolle Brüste bestmöglich ausgekostet. Zwar hatte er keinen Sex gehabt, und das war bitter, zweifellos; aber das war bei solch einer allerersten Runde wahrscheinlich auch nicht zu erwarten gewesen. Seltsamerweise hatte sein Penis ja überhaupt nicht mitgespielt. Möglicherweise verübelte der allzu viel Alkohol. So erfolgreich der Abend verlaufen war, der offenbar lose Zusammenhang von Lust und Liebe gab neue Rätsel auf.

Worauf es auch am nächsten Morgen keine schlüssigen Antworten gab. Beim Marsch hinauf nach Belvedere ließ Erich durchblicken, dass Gabriele offenkundig noch Jungfrau sei. Womit klar war, dass er das irgendwie erfahren haben musste, andererseits aber wohl eine Entjungferung nicht stattgefunden hatte. Heinrich, in Erinnerung schon wieder gefühlig schwärmend, gab kund, dass er bis zur feuchten Muschi vorgedrungen sei. Zunächst ließ er noch offen, womit. Doch dann kam heraus, dass er nur gefingert hatte.

Nun sollte Uwe berichten. Aber er hatte Glück. Er musste nicht Rede und Antwort stehen, weil sich im nämlichen Moment ein fremder früher Wanderbursche zu ihnen gesellte, dem ihre erotischen Abenteuer nichts angingen. Insgeheim indessen schlussfolgerte Uwe, dass er die unvermutet gebotene Gelegenheit recht gut genutzt hatte. Und er fand normal, dass die Knutscherei keine Folgen hatte. Sie begrüßten die drei Emanzen an diesem Morgen immerhin mit besonderem Hallo. Aber das war’s dann auch schon. Sie gingen zur Tagesordnung über.

Gelegentlich allerdings überlegte Uwe, ob er nicht neuerlich versuchen sollte, an Gudruns berauschenden Busen zu kommen. Ihr Verhalten war ja sogar so gewesen, als ob sie geneigt sei, mit ihm zu bumsen. Endlich mal rein mit seinem Steifen in eine Muschi! Das war doch das Allernötigste für ihn. Aber irre! Völlig irre! Gudrun lockte ihn nicht. Wenn er sie während der Vorlesungen heimlich beobachtete und abtaxierte, dann war da Funkstille. Von ihr ging kein Reiz aus. Jedenfalls nicht für Uwe. Der Busen war toll! Gewiss! Aber sonst? Ungefüge Figur! Ganz und gar nicht sein Fall. Wahrscheinlich würde sie sehr anhänglich sein. Es würde schwer werden, die Frau wieder los zu werden. Seine geile Gier hatte ihn neulich fast kopflos gemacht. Sobald er nun seinen Kopf bemühte, riet der, die Finger von der Frau zu lassen. Vorlesungen, in denen Uwe über sein aktuelles sexuelles Befinden meditierte, waren für die Wissenschaft verloren.

WOLLUST ACH - Uwe, der Student

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