Читать книгу Der Fisch - Gerhard Nattler - Страница 11
Kapitel 9.
ОглавлениеBeatrice saß bei einem Glas Wein im Sessel. Sie hatte die Füße hochgelegt und las bei leiser Musik in einem Buch.
»Seid ihr erfolgreich gewesen?«
»Er hat die gesamten fünfzig Kilo aufgetrieben. In der nächsten Woche erhalten wir die gleiche Menge noch einmal. So können wir die Schiffladung beinahe kompensieren. Wegen der großen Lieferung werden wir in den nächsten Tagen telefonieren. Hast du etwas von einer Explosion mitbekommen?«
Beatrice wusste von nichts. Sie schlug vor, auf der Internetseite der Ruhrzeitung nachzusehen. Sie wurden fündig.
Explosion in Dorsten – Bombenanschlag?
»In der Nacht zu Mittwoch wurden die Dorstener Anwohner im Stadtteil Berge von einer heftigen Explosion geweckt. Im Schrebergarten der ›Blumenfreunde‹ war in einer Laube eine Gasflasche mit Propangas geborsten. Die Feuerwehr war in Minutenschnelle vor Ort und hatte die Lage bald unter Kontrolle. Noch während die Löscharbeiten andauerten, erschien die Kriminalpolizei mit zwei Beamten des Dezernats Tötungsdelikte. Unser Reporter war vor Ort und hatte die Möglichkeit sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Polizei hält sich bei Fragen zu der Ursache zurück. Die Nachbarn kennen den Toten als netten und umgänglichen Mitbürger deutscher Nationalität ohne Migrationshintergrund. Sie schließen ein Attentat nicht aus, weil Feuerwehrleute von einer Fernzündung sprachen. Wie auf einigen Aufnahmen unseres Reporters zu sehen ist, wurde der Wagen des Opfers während der Löscharbeiten vom Parkplatz entwendet. Nach Ansicht des Platzwartes konnte das nur von zwei oder mehreren Tätern durchgeführt werden. Kommt der Terror jetzt nach Dorsten?«
Darunter waren Bilder der abgebrannten Laube und des verwüsteten Gartens sowie der Menschenmenge, auf der keine einzelnen Personen zu identifizieren waren. Auf einem kleineren Foto war ein Auto zu erkennen, das den Parkplatz des Schrebergartens verließ. Das Nummernschild war geschwärzt. Kein Foto und keine Erwähnung der Leiche. Darauf folgten einige Interviews mit Leuten aus der Nachbarschaft, darunter auch Niesser und Maranowski.
Die Geschwister sahen sich fragend an. Ihre Firma hatte mit dieser Explosion nichts zu tun.
»Wie kommt Wang dazu, uns hinter dem Anschlag zu vermuten?« Kris war besorgt. »Handelt es sich bei dem Toten um Mike, den wir seit vorgestern nicht erreichen können?«
»Versuche, ihn zu erreichen.«
Er wählte dessen Nummer. Es meldete sich die Stimme mit der bekannten Ansage von der Unerreichbarkeit des Teilnehmers.
»Warum sollte Wang uns hinter dem Anschlag vermuten, wenn er nicht an Mike denkt?«, überlegte Beatrice. »Er verhält sich stets sehr distanziert und ist vorsichtig mit seinen Äußerungen. Und er ist immer gut informiert«, stellte sie fest.
Kris stimmte ihr zu. »Soll ich den ›Fisch‹ einmal anrufen?«, fragte er?
»Auf keinen Fall! Lassen wir ihn in Ruhe. Er wird uns wissen lassen, was geschehen ist, wenn er es für nötig hält.«
»Wann triffst du dich mit Wang?«, meldete sich Kris aus der Küche.
»Wir haben keinen Termin ausgemacht.«
Er kam mit einem Weinglas zurück. »Hast du einen Schluck für mich?«
Sie schenkte ein.
Sie nahmen einen Schluck.
»Sag mal, Beatrice«, dachte Kris nach einer Weile laut nach, »sollten wir zum Schrebergarten fahren und die Situation vor Ort begutachten? Von diesen Nachbarn, die interviewt wurden, könnte man etwas über den Toten erfahren, das nicht in den Nachrichten steht.«
»Was wollen wir sie fragen? Wir werden nur auffällig. Die Polizei wird das Gelände abgesperrt und nur für Mitglieder geöffnet haben. Aber …«
Ihr Handy meldete sich und kündigte durch den Ton eine verschlüsselte Nachricht auf der Signal-App an.
»Dann wollen wir einmal nachsehen, wer an uns denkt.« Es handelte sich um eine Nachricht, für die sie ein Passwort benötigte. Das bedeutete, die Mitteilung löschte sich selbständig, wenn sie nicht kurzfristig geöffnet würde.
»Der Lange schreibt:
›Habe die Leiche nicht sehen können. Das Auto wurde entsorgt. Mike soll mit letzter Kraft noch Hinweise gegeben haben. Yú hat Mike als Spitzel enttarnt und will, dass ihr die Firma auf weitere Ratten abklopft. Sucht nach einem USB-Stick und evtl. nach Dokumenten. Seine Adresse ist Lembeck (s. Karte). Schlüssel liegt ab heute Nacht bei euren Eltern. Der zweite Schlüssel ist für einen Stauraum unter der Treppe‹.«
Eine zweite Nachricht erschien mit der angemeldeten Karte.
Sie schob es Kris hin. Er las die Nachricht und betrachtete die Karte.
»Dann ist Mike der Tote? Das ist entsetzlich! Er soll der Spitzel gewesen sein? Um Gottes willen! Was wusste er?« Er öffnete die Karte. »Scheint ein Haus abseits in dem Wald gelegen, durch den der Lembecker Weg führt.«
»Scheint mir auch so. Ich habe eine Idee. Lass uns heute Abend etwas essen gehen. Auf dem Rückweg fahren wir dort kurz vorbei. Vielleicht ist der Schlüssel schon dort.«
»Der Friedhof wird geschlossen sein, Beatrice. Schau auf die Uhr.«
Kris wartete kurz ab. Die Nachricht löschte sich wie gewöhnlich dreißig Sekunden, nachdem sie als ›gelesen‹ markiert worden war. Sie schob das Smartphone in ihre Handtasche, die auf dem Tisch lag.
»Dann lass uns noch ein Glas trinken.«