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1.7 Die unsichtbaren Wirkfaktoren

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Noch eine weitere Erkenntnis, die ich Ihnen vortragen möchte.

Das, was wirkt, ist unsichtbar! Erst die Bewegungen, die neue Zustände schaffen, lassen Rückschlüsse auf die Ursachen zu. Es sind die verborgenen „Be-Wirklichkeiten“, die unsichtbaren, konstruktiven oder destruktiven Kräfte, die die Unternehmensergebnisse bewirken.

Die Auswirkungen, die Resultate sind immer zwangsläufig – sie sind gar nicht mehr zu verhindern, wenn jemand etwas entschieden und bewirkt hat. Der Stein ist ins Wasser gefallen, und selbst die hundertste Welle hat ihren Ursprung im Steinwurf.

Erträge sind immer das Ergebnis von bewirkendem Wissen und Energien. Oder noch konsequenter formuliert: Entscheidend beim Managen sind nicht die in Geldeinheiten errechneten Gewinne oder Verluste, sondern was von wem, wie, wann, wo, warum bewirkt wurde. Sich darum zu kümmern, ist die eigentliche Führungsaufgabe.

Das bedeutet: Wenn etwas berechnet werden kann, ist das Entscheidende schon geschehen. Dann hat sich das Bewirkende bereits in beispielsweise Geld, Produkten oder konkreten Dienstleistungen materialisiert bzw. ist wahrnehmbar geworden. Lässt sich etwas bewerten und berechnen, dann ist das, was das Resultat bestimmt, schon vorbei – hat der Pfeil die Sehne verlassen.

Das zielorientierte Organisieren von menschlichem Wissen und der menschlichen Energie sind Ursprung aller wirtschaftlichen Ergebnisse. Ohne Wissen und Energie ist Geld Papier, Maschinen sind eine Ansammlung von Metall – ein Haufen Schrott – und Kunden würden verzweifelt nach Lösungen für ihre Bedürfnisse suchen.

Ohne das Engagement, die Kenntnisse und Fähigkeiten von Menschen, ohne deren Tun werden keine unternehmerischen Ziele erreicht und keine Gewinne erwirtschaftet!

Bei der nachfolgenden Abbildung handelt es sich um ein Chart aus einem meiner Vorträge, mit dem ich die unterschiedlichen Ebenen eines Unternehmens erkläre – frei nach Rudolf Mann. Die beiden oberen Ebenen sind die Wirkkräfte in einem Unternehmen, die erst auf der Bewegungs- und Ergebnisebene sichtbar werden.


Zu jedem Sichtbaren gehört das Unsichtbare – jede sichtbare Auswirkung wurde von unsichtbaren Kräften bewirkt. Ergebnisse entstehen, weil sie bewirkt und so geschaffen werden.

Und obwohl sich diese beiden Erfolgsfaktoren – menschliches Wissen und Energie – nicht so einfach zeigen, sind sie trotzdem das Geheimnis erfolgreicher Unternehmen. Sie sind Dreh- und Angelpunkt auch meiner Überlegungen.

Kümmert man sich nicht um diese Frage, werden die negativen Entwicklungen der Psychosozialen Gesundheit dramatisch sein. Es muss uns Führungskräften gelingen, mehr als bisher für das Wohlergehen unserer Mitarbeiter zu sorgen, nicht weil wir altruistisch und selbstlos werden möchten, sondern weil es das Ökonomische Prinzip verlangt.

Wir müssen einen Quantensprung in der Qualität von zwischenmenschlichen Beziehungen erreichen, um so eine produktive, effiziente und effektive Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Erst wenn diese menschlichen Grundbedürfnisse (Sinnhaftigkeit, Wohlergehen, gutes Lebensgefühl) wieder ausreichend berücksichtigt werden, entfalten sich bei den Mitarbeitern Innovationsfähigkeiten, Kreativität, Kooperationswille und Motivation.

Mein Anliegen ist also die Frage: Wie werden die menschlichen Erfolgsfaktoren genutzt? Was behindert ihren Einsatz und wie kann man mögliche Begrenzungen auflösen? Geschieht eine merkliche Verbesserung der Psychosozialen Gesundheit im Unternehmen, wenn die vorhandenen Leistungsmöglichkeiten sinnvoll genutzt werden?

Maschinen, Material oder Informationen können nichts bewirken, wenn sie nicht durch die Mitarbeiter eingesetzt und zielgerichtet genutzt werden. Nur Menschen können etwas veranlassen und brachliegende Chancen in Gewinne transformieren. Dass sie sich dabei der Maschinen, der Materialien oder Informationen bedienen und dadurch die Möglichkeit haben, ihre Initiativen mit den erforderlichen Ressourcen zu versorgen, versteht sich von selbst.

In dem Wort „Verantwortung“ ist die „Antwort“ enthalten. Da stellt sich die spannende Frage: Auf was müssen Manager Antworten finden? Welche Antworten erhalten sie selbst?

Führungskräfte sind sich oft nicht bewusst, dass sich ihre Vorstellungen und Verhaltensweisen, ihr Tun oder Unterlassen, in Gewinnen und Verlusten materialisieren.

Wenn es mit dem Unternehmen gut läuft, dann ist man schon bereit, die Verantwortung zu übernehmen. Nur bei Verlusten sind die Kunden, die Märkte, die Konkurrenz, die Bank, die Mitarbeiter und viele andere „schuldig“.

Wir beschäftigen sehr viele Menschen in den Betrieben, die aufzeichnen und bewerten, was bewirkt wurde, aber zu wenige, die die Wirkkräfte „buchhalterisch“ erfassen und auswerten. Führungskräfte sollten nicht nur erreichte Zustände analysieren, sondern sich vor allem darum kümmern, die gesamten vorhandenen Ressourcen an Wissen und Energie zu erkennen, um sie dann sinnvoll und zielorientiert zu nutzen.

Wenn es uns also gelingen würde, unseren Fokus mehr auf das zu lenken, was die Ergebnisse initiiert, anstatt uns an den Auswirkungen zu berauschen oder uns darüber zu ärgern, dass wieder alles schiefgelaufen ist, dann wären wir auf der richtigen Spur für unternehmerische Erfolge.

Das Drama der unsichtbaren Wirkfaktoren liegt darin, dass das Management zu wenig darauf achtet, warum Mitarbeiter die innere Kündigung vollzogen haben, krank werden, Dienst nach Vorschrift machen und sich mit dem Unternehmen nicht mehr identifizieren.

Wenn derartige Zustände vorherrschen – und Schätzungen von Fachleuten bewegen sich in Größenordnungen von mehr als 50 Prozent in den Unternehmen –, dann sind diese Unternehmen krank. Sie haben auf Dauer keine Überlebenschancen gegenüber der Konkurrenz, die sich um das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter kümmert. Denn der Unterschied zwischen der Leistungsfähigkeit bzw. der Effizienz und der Effektivität ist zu groß.

Mit Hilfe des von mir vorgeschlagenen Konzepts gehen wir auf die Suche nach diesen unsichtbaren Wirkfaktoren, die sich negativ sowohl auf die Unternehmen als auch auf die Mitarbeiter auswirken. Wir machen sie nicht nur sichtbar und dingfest, sondern liefern konkrete Vorschläge, wie man diese Quellen des Übels zum Versiegen bringen kann.

Pause – Zeit, um innezuhalten und Wichtiges zu notieren

Was war bisher für mich neu?

Was muss ich noch nachlesen?

Was werde ich in den nächsten 72 Stunden tun?

Was ist mir sonst noch dazu eingefallen?

Was sollte ich noch mit dem Referenten klären?

Nach der Pause

Gibt es noch Fragen?

Frage eines Teilnehmers: Ich hätte noch einige Fragen, doch habe ich das Gefühl, dass Sie uns noch vieles erklären werden. Kann ich meine Fragen am Ende der Veranstaltung stellen?

Antwort : Da einige Teilnehmer genickt haben, gehe ich davon aus, dass die anderen zu ähnlichen Überlegungen gekommen sind. Ich verspreche Ihnen, Sie gehen nicht eher hier heraus, bevor ich nicht alle Ihre Fragen beantwortet habe.

Frage eines Teilnehmers: Ich habe noch eine Frage: Warum geben Sie uns Ihr Wissen so einfach weiter. Für derart selbstlos halte ich Sie nicht, dass Sie uns einfach so die Möglichkeit geben, an diesem Kuchen mitzuessen. Also was sind Ihre wirklichen Motive?

Antwort: Es ist schon einige Jahre her, da nahm ich an einer interessanten Veranstaltung teil. Es ging darum, seine eigene „Vision Quest“ zu finden. Nämlich den Sinn, warum wir hier sind und welche Spuren wir während unserer Erdentage hinterlassen wollen. Ich will es kurz machen: Meine Lebensaufgabe ist es, Menschen zu helfen, die anderen Menschen helfen!

Mit dieser Vision habe ich ein internationales Unternehmen aufgebaut und viele Jahre lang – vielleicht waren es Zufälle, vielleicht auch nicht – Firmen beraten, die den Zweck verfolgten, Menschen in Not zu helfen, sie zu unterstützen, zu neuen Ufern zu kommen oder etwas für sich und ihre Familie zu tun.

Klar ist, es kann nur funktionieren, wenn ein Energieaustausch zwischen Ihnen und mir stattfindet. Ich gebe Ihnen alles, was Sie brauchen, um ein faires Angebot an die potenziellen Kunden zu machen. Und Sie bezahlen dafür eine Lizenzgebühr.

Das ist mein Motiv, das ist mein Vorhaben.

Sonst noch Fragen? – Nicht? – Gut, dann lassen Sie uns weitermachen.

Ich sprach davon, dass ich deduktiv vorgehen werde, also vom Allgemeinen zum Speziellen komme. Vielleicht denkt der eine oder die andere von Ihnen: Was haben Wünsche und Ziele, unsichtbare Wirkfaktoren oder das Bewusstsein und die geschaffene Realität mit Psychosozialer Gesundheit zu tun?

Es ist ein Puzzle, das ich Ihnen hier vorstelle. Es handelt sich um Bilder, Metaphern, Sichtweisen, Interpretationen und Geschichten, die sich zu einem Ganzen zusammenfügen sollen.

Da ich nicht weiß, welcher Teil meines Vortrages bei Ihnen einen Aha-Effekt auslöst, Ihnen in Erinnerung bleibt und Grundlage für Ihre Überlegungen sein wird, möchte ich möglichst viele Aspekte vortragen, die im direkten oder indirekten Zusammenhang mit dem von mir vorgeschlagenen Konzept stehen.

Neulich hatte ich ein Gespräch mit einem Klienten und mir fiel auf, dass er mehrere meiner Geschichten und Bilder in seinen Sprachschatz aufgenommen hatte. Zu den fachlichen und methodischen, zu den strategischen und zielorientierten Überlegungen und Beratungsinhalten gehört nach meinen Erfahrungen auch ein unterstützendes „Drumherum“.

Auf Neudeutsch heißt es „Storytelling“ und ist eine Erzählmethode, mit der explizites, vor allem aber implizites Wissen in Form einer Metapher weitergegeben und durch Zuhören aufgenommen wird. Die Zuhörer werden in die erzählte Geschichte eingebunden, damit sie den Gehalt der Geschichte leichter verstehen und eigenständig mitdenken. Das soll bewirken, dass das zu vermittelnde Wissen besser verstanden und angenommen wird. Storytelling wird neben der Unterhaltung durch Erzähler unter anderem auch in der Bildung, im Wissensmanagement und als Methode zur Problemlösung eingesetzt.

Der letzte Satz dieser Definition aus Wikipedia ist für unsere Arbeit wichtig. Die scheinbar manchmal etwas „abschweifenden Vortragsinhalte“ sollen Sie neben den konkreten Angebotsinhalten des Beratungskonzepts befähigen, die Entscheider auch durch Geschichten und Metaphern zu unterhalten, damit sie die Idee des Konzepts besser verstehen.

Die folgenden Gedanken würde ich beispielsweise in einem Kundengespräch anbringen:

Manchmal erlebe ich folgende Haltung bei den Mitarbeitern: Wir hätten beinahe gewollte, wenn wir gedurft hätten. Das beschreibt genau das Thema, um das wir uns gemeinsam kümmern sollten. Jemand will nicht so richtig – aber fast. Und das liegt auch daran, dass sein Können und sein Wille keine kompatiblen Möglichkeiten in seinem Unternehmen finden.

Man könnte es auch anders formulieren (was sich für Sie ähnlich vertrackt anhört): Mitarbeiter würden vielleicht ihr Wissen und Können, wie vertraglich vereinbart, in Leistungen umsetzen, wenn sie es können wollten und es wollen dürften.

Wenn jemand etwas beinahe will, dann bedeutet dies zunächst, dass er bzw. sie „es“ (was auch immer) auch können. Nur wenn man zu etwas imstande ist, wächst der Wunsch, es auch zu wollen. Wer zu nichts in der Lage ist, kann und will es auch nicht tun. Das heißt, die Voraussetzung für das mögliche Tun ist zunächst das Können.

Doch gibt es offensichtlich noch andere Gründe, warum das Können der Mitarbeiter daran gehindert wird, sich im Unternehmen in verkaufsfähige Leistungen zu transformieren.

Die Gründe können in der Person des Mitarbeiters liegen (keine Lust, gesundheitliche Einschränkungen, innere Kündigung, Frustration und Rachegelüste), aber es ist auch möglich, dass die Leistungsmöglichkeiten, die das Unternehmen bietet, die falschen sind. Die betrieblichen Aufgaben und das Leistungspotenzial der Mitarbeiter passen nicht zueinander. So entstehen Friktionen und Probleme, deren Ursachen oft erst spät erkannt werden.

Da jeder Mensch gut sein will, stellt sich deshalb grundsätzlich die Frage: Können und dürfen Arbeitnehmer in den Unternehmen gut sein? Sind Arbeitsbedingungen, Aufgaben und Führung so, dass sich die Mitarbeiter wohlfühlen und ihr volles Leistungspotenzial einbringen können und wollen?

Wer nicht gut sein darf, hat Stress. Das gilt nicht nur für das Personal, sondern auch für die Unternehmen, die dringend gute Mitarbeiter benötigen, um konkurrenzfähig zu sein.

Wer Stress hat, wird körperlich und geistig krank. Der Mitarbeiter driftet hin ins Burnout, das Unternehmen treibt langsam in die Insolvenz. Das ist die logische Konsequenz und eines der großen Probleme in der heutigen Wirtschaftswelt. Die Erhaltung der Psychosozialen Gesundheit ist somit nicht nur ein sozialer oder wohltätiger Akt zum Wohle der Mitarbeiter, sondern dient letztlich der langfristigen Existenzberechtigung des Unternehmens.

Deshalb lautet eine der wichtigsten Fragen, der Beachtung geschenkt werden muss: Was können die Führungskräfte dafür tun, damit ihre Mitarbeiter gut sein können? Zum Wohle der Mitarbeiter, aber erst recht zum Wohle unseres Unternehmens.

Tja, so ungefähr könnte ich ein Gespräch mit einem Kunden beginnen. Auch wenn mein Gegenüber nicht alles versteht (vielleicht fragt er nach – was von mir gewollt ist), so habe ich doch zumindest seine Aufmerksamkeit.

Eine Teilnehmerin: Schön, dass Sie das aufgeklärt haben, denn ich habe mich schon gefragt, was all das, was wir bisher gehört haben, mit unserer zukünftigen Arbeit zu tun hat. Ich werde mir die Aufzeichnungen dieses Seminars auf jeden Fall besorgen, denn Ihre Bilder und Geschichten werde ich mir nicht alle merken können.

Eine andere Teilnehmerin: Ich kann das, was meine Kollegin gerade gesagt hat, nur bestätigen. Auch ich habe Probleme mit manchen Ihrer Ausführungen. Meine Erfahrungen in Verkaufsgesprächen sind auch, dass Entscheidungen eben nicht rein rational bzw. vernünftig getroffen werden. Es spielen oft noch ganz andere Aspekte eine wichtige Rolle. Dazu gehören sicher auch Vertrauen, Respekt, Verlässlichkeit, Interesse, aber auch, sich einfach nur wohlzufühlen.

Verzweifeln oder krank werden ist auch keine Lösung!

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