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Riskante Aktion

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Eine Woche später, bereitet Andi das zweimotorige Flugzeug auf die Landung auf dem Flugplatz von Paphos auf Zypern vor. Andi musste tief in die Tasche greifen, um das Flugzeug für zwei Wochen zu mieten. Da er in diesem Jahr noch zu wenige Flugstunden aufweist, kommt ihm die Aufgabe gelegen. Für einen Direktflug nach Aksum ist die Reichweite des Flugzeugs zu gering. Also hat man sich für einen Zwischenstopp in Zypern entschieden. Neben Andi als Pilot, sitzen Mark und Kira im Flugzeug.

Die Zollformalitäten sind schnell erledigt und ein Taxi bringt sie ins Azia Resort. Es ist geplant, erst morgen nach Aksum weiterzufliegen. Allerdings wird Kira im Resort auf Zypern bleiben. Andi fand es zu riskant, wenn Kira mitgeflogen wäre. Mark und Andi müssen das alleine durchziehen. Kira wird im Resort auf ihre Rückkehr warten.

Mit einer Liebesnacht im vornehmen Azia Resort wird allerdings nichts, denn Andi muss ebenfalls in ihrem Zimmer schlafen und eine Szene, wie in Aksum, will Kira diesmal nicht veranstalten.

Vater und Sohn bleiben noch bis nach dem Mittagessen, dann verlassen sie Kira, welche mit einem mulmigen Gefühl zurückbleibt. Wird es klappen, oder muss sie Mark das nächste Mal in einem Gefängnis in Äthiopien besuchen? Andi hat anscheinend einen guten Plan vorbereitet, es wird schon gut gehen!

Der Flug übers Mittelmeer verläuft ohne Probleme. Bei Alexandria gelangen sie in den ägyptischen Luftraum. Das Überfliegen von Ägypten wurde bereits im Internet angekündigt und bewilligt. Weiter fliegen sie den Nil aufwärts bis zum Assuan-Staudamm. Nun dreht Andi um wenige Grad nach Osten.

«Wir müssen noch einen kleinen Umweg fliegen, sonst sind wir zu früh in Aksum», informiert Andi, «es darf nicht zu hell sein, wenn wir in Aksum landen.»

«Gut, ich bereite jetzt den Roboter zum Abwurf vor.»

Die Sonne ist schon zur Hälfte untergegangen, als Andi das Flugzeug auf die Landebahn ausrichtet und langsam in den Sinkflug übergeht. Mark öffnet die Türe soweit, dass er den Roboter durchschieben kann und wartet auf das Zeichen seines Vaters. Dann hält er die Fallschirme raus, die sich sofort aufblasen, dann gibt er dem Roboter einen Stoss und der schwingt, an zwei Fallschirmen baumelnd, aus dem Flugzeug.

Wenn alles wie geplant verläuft, warten Gildo und Dario in der Anflugschneise und versuchen den Roboter zu bergen. Ob das geklappt hat, wird Mark erst in seiner Unterkunft erfahren. Jetzt geht es darum, die Formalitäten der Einreise zu erledigen. In Aksum ist das weniger kritisch, als in Addis Abeba. Erfreut stellen sie fest, dass der Abwurf des Roboters von niemandem bemerkt wurde.

In einem Taxi fährt Andi zum Sabean International Hotel. Unterwegs lädt er Mark in seiner Unterkunft aus. Der überprüft schnell, ob alles geklappt hat und gibt das Zeichen an Andi weiter, welches ihm Dario vom Fenster aus anzeigt. Daumen hoch. Das Taxi fährt weiter und Mark ist gespannt, ob Phase eins wirklich so gut gelaufen ist.

Eine halbe Stunde später, hat er die Gewissheit, der Roboter hat die Landung gut überstanden. Einzig eine Stossstange ist leicht verbogen, doch Dario hat sie bereits wieder zurechtgebogen.

Ein kurzer Funktionstest bestätigt, dass der Roboter einwandfrei funktioniert. Phase zwei kann beginnen.

Eine Stunde später besucht Mark seinen Vater im Sabean International Hotel und leistet ihm beim Abendessen Gesellschaft. Dabei informiert er, dass Phase eins erfolgreich abgeschlossen ist.

Während Mark morgen dafür sorgen muss, dass der Roboter in die Ausgrabungsstätte gelangt, wird Andi in den nächsten Tagen, einige Flüge in der Region Ostafrika durchführen. Er wird die nächsten Tage so oft starten und landen, dass die Zollbeamten mit den Kontrollen nachlassen.

Gegen zehn Uhr nachts schlendert Mark mit einem Lachen im Gesicht, zu Fuss in seine Unterkunft zurück. Alles ist super gelaufen.

Mark kann es kaum erwarten, bis es endlich vier Uhr nachmittags ist. Als der letzte Einheimische die Ausgrabungsstätte verlassen hat, wird nach einem vorbereiteten Plan gearbeitet. Dario lotst mit seinem Handy den Roboter zur Ausgrabungsstätte, Gildo und Mark legen derweil den Gang frei.

Dario hat Probleme. Der einen Kilometer vom Eingang der Grabungsstätte entfernt abgestellte Roboter, reagiert zunächst nicht auf seine Funkbefehle. Erst als er einen kleinen Hügel erklimmt, hat er Funkkontakt und der Roboter reagiert auf seine Befehle. Nun lotst er ihn unter der Absperrung durch, aufs Gelände der Ausgrabungen. Das hohe Gras bereitet dem Roboter noch einige Probleme, zum Glück ist der Akku vollgeladen, denn er braucht viel mehr Kraft, um sich vorwärts zu bewegen. Die leicht unnatürlichen Bewegungen der Gräser fallen dem Wärter nicht auf. Jetzt noch den Aushubhügel umrunden, dann kann Dario den Roboter in die Tasche stecken, er ist unbemerkt an der Wachmannschaft vorbei, aufs Gelände gelangt.

Mit der Tasche kriecht Dario in den Gang und kommt gerade rechtzeitig, Gildo und Mark haben den Gang freigelegt. Jetzt wird es sich zeigen, ob der Roboter der Aufgabe gewachsen ist. Vorsichtig schieben sie ihn in den Gang, er passt. Mindestens vor- und zurück fahren, funktioniert schon gut.

Nun schickt Mark, welcher die Steuerung übernommen hat, die ersten Befehle an den Arm des Roboters, der reagiert exakt auf die Befehle. Jetzt noch die Infrarotkamera einschalten, nun sieht Mark auf dem Handydisplay, wie der Arm reagiert.

Die drei Freunde klatschen sich ab, ihr Werkzeug ist in Position gebracht und einsatzbereit.

Das reicht für heute. Mark fährt den Roboter soweit zurück, dass sie den Akku entnehmen können. In ihrer Unterkunft wird er heute Nacht aufgeladen, dann geht es morgen Abend los. Der Gang wird wieder verschlossen und von allen Spuren befreit.

Mark trifft sich am späteren Abend im Sabean International Hotel mit seinem Vater. Der flog heute nach Addis Abeba und konnte in einem Elektrogeschäft einen zweiten Akku kaufen. Noch ist nicht sicher, dass er passt. Die Voltangaben stimmen, es ist also nur eine Frage der Anschlüsse. Das wäre natürlich optimal, wenn man mit zwei Akkus arbeiten könnte, dann käme man doppelt so schnell voran.

Dschibuti ist das morgige Ziel von Andi. Sein Plan sieht vor, dass er auf den lokalen Märkten Gewürze kauft, die Zollbeamten sollen sich daran gewöhnen, dass er mit Gewürzen handelt. Es ist vorgesehen, die Spulen in Gewürzsäcken in die Schweiz zu fliegen.

Der nächste Tag will beinahe nicht enden. Die drei Freunde warten bis es vier Uhr ist, dann endlich, können sie loslegen. Der Akku wird eingelegt und der Roboter fährt erstmals bis an die Kante der Kammer vor.

Mit dem Roboterarm taucht Mark nun in die Kammer ein und beobachtet am Display, wie er die erste Spule am besten greifen kann. Vorsichtig steuert er die äusserste Spule an. Der Greifer ist gross genug und hebt die erste Spule hoch. Mark lenkt den Roboter in den Gang zurück, die zweite Spule ist geborgen.

Der Gang ist allerdings zu eng, man kann die Spule erst entnehmen, wenn man den Roboter komplett aus dem Gang herausfährt. Auf diese Art kann man nur eine Spule pro Tag bergen, aber das reicht aus, man hat Zeit.

Doch das ist nicht das grösste Problem, wie soll man die Spule, ohne Kira, an den Wärtern vorbeischmuggeln? Der Roboter wird wieder in den Gang geschoben, auch die Spule muss im Gang zwischengelagert werden. Anschliessend wird der Eingang wieder zugebaut. Im Gang ist die Spule vorerst am besten aufgehoben.

Zur Feier des Tages lädt Mark, Dario und Gildo zum gemeinsamen Nachtessen mit seinem Vater ein. Der hat aus Dschibuti einen Sack voll Gewürze mitgebracht. Inzwischen konnte Andi in einem Elektrogeschäft den Anschluss so ändern lassen, dass der Roboter auch mit diesem Akku arbeiten kann. Nun braucht es nur noch eine Lösung für das Problem, wie gelangen die Spulen aus der Ausgrabungsstätte, ohne dass es die Wächter mitbekommen.

«Morgen bringe ich die Lösung!», versichert Andi, «ich muss mich nur noch entscheiden, in welche Stadt ich dazu fliegen muss.»

Phase drei ist voll im Gang. Pro Tag können bereits zwei Spulen aus der Kammer in den Gang transportiert werden. Jeweils eine am Tag und eine nach vier Uhr. Der Roboter arbeitet auch im geschlossenen Gang, denn er lässt sich von aussen steuern. Mark kann so eine Spule greifen und in den Gang transportieren, nach vier Uhr, wird der Zugang geöffnet, der Roboter hinausgezogen und die Spule entnommen. Dann reicht die Zeit noch, eine zweite Spule zu bergen, danach muss der Zugang wieder sauber verschlossen werden.

Am Abend, beim Nachtessen übergibt der Vater Mark ein Paket.

«Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk!», meint er schmunzelnd.

In der Unterkunft öffnet Mark das Geschenk. Es ist ein ferngesteuerter Spielzeug-Lastwagen. Sofort steckt er das Ladegerät ein. In der Unterkunft sind nun alle Steckdosen belegt, morgen Abend wird man versuchen, eine Spule auf der Ladebühne des Lasters aus dem Gelände zu bringen. Wenn man mit dem Roboter durch das hohe Gras kam, wird es der Lastwagen auch schaffen.

Dario wird heute nicht im Gelände arbeiten. Er nimmt sich einen Tag frei. Gegen vier Uhr wird er sich mit dem Laster an der Umzäunung platzieren und versuchen, ihn zum Eingang der Grabungsstätte zu fahren. Gildo hat am Nachmittag einen Weg ins hohe Gras getreten, indem er so tat, als ob er etwas suchen würde. Natürlich konnte er nicht bis an die Grenze gehen, aber die zehn Meter wird der Laster schon durchs hohe Gras schaffen.

Während Mark sich im Gang mit der Bergung der mittlerweile sechsten Spule beschäftigt, unterbricht Gildo immer wieder seine Tätigkeit und schaut nach, ob der Laster schon eingetroffen ist.

«Es hat geklappt!», meldet Gildo, «der Laster ist eingetroffen.»

«Gut, wir versuchen es mit der ersten Spule», meint Mark, «besser vorsichtig sein.»

Nach fünf Tagen sind zehn Spulen in ihrer Unterkunft eingelagert. Das reicht fürs Erste. Nun müssen die Spule noch nach Zürich transportiert werden. Das ist jetzt die Aufgabe von Andi. Die Spulen werden nun so mit Alufolien umwickelt, dass Röntgenstrahlen in verschiedene Richtungen abgestrahlt werden. Danach verpackt Andi die Spulen im mittlerweile auf fünfzehn Kilo angewachsenen Gewürzsack.

Mark und Andi verabschieden sich von Dario und Gildo. Sie bereiten das Flugzeug für den Rückflug vor. Mit dem Gewürzsack passieren sie problemlos die Zollkontrolle. Dann Starten sie Richtung Zypern.

Nur ungern lassen sie den Gewürzsack in Zypern im Flugzeug zurück. Mit dem Taxi lassen sie sich ins Azia Hotel fahren. Am Pool finden sie Kira, denn sie haben sich nicht angemeldet. Kira liegt gemütlich unter einem Sonnenschirm auf einem Liegestuhl und liest. Sie ist so beschäftigt, dass sie Mark nicht kommen hört. Der überrascht sie mit einem feurigen Kuss.

Kira ist erfreut. Erst recht, als sie erfährt, dass insgesamt zehn Spulen aus Äthiopien ausgeflogen wurden. Damit sollte man etwas anfangen können.

Beim Nachtessen informiert Kira, wie sie die einsamen Tage auf Zypern verbracht hat. Sie hat sich intensiv mit dem Code befasst. Auf ihrem PC hat sie ein Programm geschrieben, welches die auf dem Sticker gespeicherten Daten analysiert. Systematisch sucht es nach gleichen Sequenzen. Noch findet sie den Schlüssel nicht, doch sie ist überzeugt, dass sie das Rätsel nur mit Systematik lösen kann. Wenn überhaupt.

«Und was hat sich bis jetzt ergeben?», fragt Mark.

«Bis jetzt noch nichts, aber mit dem binären System kommen wir nicht weiter, das ist mit Sicherheit komplexer», erklärt Kira, «ich habe einige Treffer erzielt, wenn man auf acht Stellen analysiert. Nur, etwas stimmt noch nicht, es gibt immer wieder Fehler?»

«Da kommt man wirklich nicht drauf, aber was wissen wir schon, wie die Schreiber dieser Nachrichten denken?»

«Es wird sehr schwer werden, sich in ihre Denkweise einzuarbeiten», meint Kira, «ich habe inzwischen auch die erste Geschichte um drei weitere Varianten erweitert. Die eine lautet: Ein Ehepaar ist mit ihrem Sohn auf einem Ausflug. Unterwegs treffen sie auf einen Vater mit seiner Tochter. Während die Eltern mit dem Vater diskutieren, spaziert ihr Sohn, alias Y2, mit der Tochter im Garten. Nach einiger Zeit verabschiedet sich Y2 mit einem Kuss von der Tochter. In der Tochter entflammt die zarte Pflanze der Liebe. - Wie findet ihr diese Version?»

«Sehr romantisch», meint Andi, «gefällt mir gut, könnte von Rosamunde Pilcher stammen.»

«Wie lautet die zweite Auflage?»

«Die ist etwas härter ausgefallen», meint Kira, «Drei Kerle machen sich auf, die Gegend zu erkunden. Sie treffen auf ein Ehepaar. Zwei zwingen den Mann, ihnen Lebensmittel und Wertgegenstände auszuhändigen, während der dritte, die Frau vergewaltigt! - Diesmal sicher nicht Rosamunde Pilcher», ergänzt Kira.

«Ich sehe schon», meint Andi, «die Geschichte ist mehr von der Phantasie des Erzählers geprägt, als auf den in der Spule tatsächlich gefundenen Überlieferungen. Spekulationen sind noch möglich. Ich hoffe, dass die nächsten Spulen etwas genauer Auskunft geben.»

«Ja, zurzeit ist noch alles möglich, langsam bin ich nicht mehr sicher, dass wir das Rätsel lösen können, aber wir stehen erst am Anfang, wichtig wird sein, wer diese Bibliothek überlassen hat, dann werden sich auch die anderen Rätsel lösen», meint Kira.

«So, ich mache jetzt noch einen Abendspaziergang durchs Städtchen, dann habt ihr das Zimmer noch zwei Stunden für euch. Ich denke das reicht aus?»

Die Augen von Kira strahlen, ein weiteres Problem, welches sie beschäftigt hat, ist somit gelöst. Sie freut sich auf die Fortsetzung des Abends.

Das Geheimnis der Spulen

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