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Kapitel 4Fall 4: Finsteres Mittelalter

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Es war ein brütend heißer Junitag. Knut Hansen hatte dienstfrei. Aus einer Laune heraus hatte der Hauptkommissar seinem Kompagnon Köppcke zugesagt, an diesem Wochenende etwas zusammen zu unternehmen. Die Planung der Unternehmung hatte er dem jüngeren Kollegen überlassen und fragte sich nun, wie klug das gewesen war. Aus den Augenwinkeln musterte er seinen langjährigen Kollegen, den er von der Arbeit her als integren, absolut zuverlässigen Musterpolizisten kannte. Olaf Köppcke, ein durchtrainierter Mann von fast zwei Metern, saß hinter dem Steuer des alten Volvos und trug ein kleidartiges Gewand aus rotem Samt, geziert von einem goldenen Löwen auf der Brust.

Als sie in der kleinen Stadt Lütjenburg, den Anweisungen eines Parkwächters folgend, auf eine zum Parkplatz umfunktionierte Wiese fuhren, brach Hansen das Schweigen, das nun fast die ganze Fahrt von Kiel angehalten hatte: „Erklär‘s mir bitte nochmal, Olaf – was wird das hier?“ Der Kollege winkte lachend ab: „Ruhig Blut, Chef! Ich weiß, es ist etwas ungewöhnlich – aber lassen Sie sich darauf ein, es ist eine spannende Sache“. Der Wagen hielt, sie stiegen aus und Köppcke sprach weiter, während er um den Wagen herum zum Kofferraum ging. „Ich war vor 5 Jahren das erste Mal dabei. Sie wissen doch, damals hatte ich doch meine Susie kennengelernt und die hat mich drauf gebracht“. Hansen kniff die Augen zusammen. Einerseits der blendenden Sonne wegen, andererseits weil Köppcke sich in diesem Moment den Rest seiner Montur anlegte. Mit Helm, Kettenhandschuhen, Schwert und Schild stand der junge Mann vor ihm wie zum Kreuzzug gerüstet und sprach ungerührt weiter: „Das Mittelalter, Chef – hier kann man es erleben – und wenn man möchte, dabei mitmachen. Wie sieht‘s aus – wollen Sie‘s auch probieren? Ich habe noch ein paar Klamotten dabei, die machen Sie im Handumdrehen ein paar hundert Jahre jünger“. Dabei hielt er nacheinander einige altertümlich anmutende Gegenstände – gefilzte Hüte, ein Trinkhorn, ein Kurzschwert und ein sackartiges Leinengewand in die Höhe. „Dies hier würde Ihnen bestimmt gut stehen.“ Knut Hansen winkte lächelnd ab: „Nee, lass mal, Olaf – ich bleibe erstmal in Zivil – als neutraler Beobachter, quasi.“ Köppcke lachte und klappte das Visier des Helms hoch: „Kein Problem, Chef. Ich hatte es auch nicht anders erwartet. Ich selbst habe auch drei oder vier solche Veranstaltungen mitgemacht, bevor ich mein erstes Schwert gekauft habe.“ Er rückte klirrend seinen Gürtel mit dem wuchtigen Schwert zurecht. „Dann wollen wir mal – hier geht‘s lang.“

Sie gingen einen längeren, dicht umwucherten Feldweg entlang. Nach einigen hundert Metern wurde das Gebüsch lichter und gab die Sicht frei. Inspektor Hansen stieß einen Pfiff durch die Zähne. „Donnerlüttchen, Köppcke – so etwas habe ich noch nie gesehen – was ist das alles?“ Der Anblick, der sich ihnen bot, war wirklich imposant. Inmitten grüner, schafbeweideter Wiesen war ein großes Areal von geflochtenen Weidenholzzäunen umsäumt. Darauf standen dicht an dicht weiße Leinenzelte. Mittelalterliche Banner wehten allenthalben und sowohl die Händler, als auch die vielen Besucher schienen aus längst vergangenen Zeiten zu stammen. Am Kopfende des Platzes standen einige urige Fachwerkhäuser, die nur der noch helle Putz als Produkte des 21. Jahrhunderts entlarvte. Das bei weitem Auffälligste an diesem Ort war jedoch der etwa 10 Meter in die Höhe ragende Turm aus mächtigen, klobigen Holzbalken, der etwas abseits des Ganzen auf einem kleinen Hügel stand. Wie eine Burg wurde das Gebäude von einem schilfgesäumten Graben umzogen, dessen trübes Wasser fast vollständig mit Entenflott bedeckt war. „Das, Chef – ist die „Turmhügelburg“. Ein Stück wiederbelebte Geschichte. Ein originalgetreu rekonstruierter Burgturm wie sie hier im frühen Mittelalter im ganzen Land gestanden haben. Hier in Lütjenburg werden mehrmals im Jahr Mittelaltermärkte veranstaltet. Da kommen aus dem ganzen Land Mittelalterfans zusammen, die für ein paar Tage leben wie in alten Zeiten. Händler, Schausteller, aber auch Leute wie Sie und ich – die einfach nur kurz raus aus dem Alltag wollen – verleben hier bei Wind und Wetter eine tolle Zeit. Da klingelt kein Handy – da gibt‘s keine Tiefkühlpizza – einfach grandios … Sie werden sehen.“

Das ungleiche Paar – Köppcke in voller Paladinsrüstung, Hansen in Troyer, Jeans und Seemannsmütze – passierte das Kassenhäuschen und stürzte sich ins Getümmel. Der Hauptkommissar war tatsächlich beeindruckt. Bei näherem Hinsehen wurde natürlich offenbar, dass ein wesentlicher Teil der Besucher ganz normale Straßenkleidung trug – aber das Gesamtbild stimmte. Hansen war ein spröder, eher pragmatischer Typ – seine Kindheit auf Langeoog war geprägt von Hilfsarbeiten im Haushalt und am Hafen und außer durch seine geliebten Kriminalromane war seiner Phantasie nie viel Freiraum vergönnt gewesen. So übte das bunte Treiben einen Zauber auf ihn aus, der ihn völlig unvorbereitet traf. Am ersten Stand blieb er stehen und kaufte spontan einen gefilzten braunen Hut mit gelber Feder und platzierte ihn mit stolzer Miene anstelle seiner Seemannsmütze. „Jetzt bin ich inkognito, tapferer Recke Olaf“, witzelte er und erstaunte seinen Kollegen – so ausgelassen hatte er seinen Chef noch nie erlebt. Lachend deutete er eine leichte Verbeugung an: „Dann folget mir durch das bunte Treiben, Junker Hansen.“

Zusammen schlenderten sie kreuz und quer über den geschäftigen Platz. Sie lachten über finstere Kerle, die an einem gewaltigen hölzernen Pranger ausgestellt waren, standen an einem riesigen, kuppelförmigen Steinofen für frisches Brot an und kauften einem wandernden Mönch Trinkhörner mit Met ab. Sie besuchten das Ritterturnier, bestaunten jonglierende Gaukler und wichen grimmig dreinschauenden Söldnern aus, die ihren Weg kreuzten. In einer Ecke blieben sie stehen, prosteten sich zu und schauten sich begierig danach um, was es als nächstes zu entdecken gäbe, als es direkt hinter ihnen merkwürdig zu rasseln anfing. Kaum hatten sie sich versehen, standen sie inmitten einer Schar orientalisch anmutender, verschleierter Tänzerinnen, die mit wackelnden Hüften und mystischen Handbewegungen um sie herumtanzten. Vielleicht lag es am grellen Sonnenlicht, aber Köppcke hatte den Eindruck, diese Grazien hätten ihre beste Zeit als Tänzerinnen wohl schon länger hinter sich gehabt. Hansen jedoch war offenbar völlig neben sich – mit zusammengekniffenen Knopfaugen fixierte er eine besonders dralle, recht kleine Tänzerin, die die Rolle der Vortänzerin innehatte und den Polizisten mit funkelnden Augen und aufforderndem Fingerspiel bezirzte. Köppcke wurde das etwas unheimlich und so schob er seinen Chef vorsichtig, aber bestimmt in Richtung der nächsten Zelte. Knut Hansens Blick wich dabei nicht von dem grell geschminkten Gesicht der Verschleierten. Erst als sie um eine Ecke bogen und er fast über einen hockenden Händler gestolpert wäre, schüttelte Hansen den Kopf und wurde wieder klar. „Holla die Waldfee! Olaf – hast du die Frau gesehen? ... Beim Klabautermann. Ich wünschte, ich wär‘ nochmal 50.“ „Ja, ja, Chef – schon gut. Schauen wir doch mal, was es hier noch so gibt – Sie da! Was verkaufen Sie?“ Der eben noch am Boden hockende Mann, der gerade dabei war, einige abgedeckte Körbe auf einen Karren zu laden, sprang förmlich auf, um zu antworten. Voller Inbrunst warf sich der in blaues Leinengewand gekleidete Händler ins Zeug, wobei er sein schütteres Haar mit theatralischer Geste aus dem Gesicht strich. „Die edlen Herren mögen meine Unachtsamkeit entschuldigen. Ich bin Hermann, meines Zeichens Gemüsehändler. Ich verkaufe hier nur die beste Ware für wenige Goldstücke. Gerade wollte ich mein Lager abbauen und von dannen ziehen, aber wenn ihr etwas möchtet, würde ich euch mit Freuden bedienen. Ich habe die besten ursprünglichs­ten Sorten Gemüse.“ Dabei verbeugte er sich und zog die Decke von einem Korb ab, der – wie zu erwarten war – bis zum Rand mit bunt gemischtem Gemüse gefüllt war. „Alles aus uralten frühmittelalterlichen Sorten nachgezüchtet. Ich habe hier Tomaten, Kartoffeln, Paprika – sehen Sie hier – diese Kartoffeln – so etwas gibt es heute sonst gar nicht mehr – genau diese Sorte hat sich schon Richard Löwenherz schmecken lassen.“ Kommissar Hansen runzelte die Stirn und wandte sich lachend zum Gehen: „Löwenherz, wie? ... Nein, danke – ich habe noch genug Gemüse zu Hause ... Recke Olaf! Lasset uns dort hinten die Musikanten aufsuchen – mich dünkt, das große Musizieren will gleich beginnen “ Heinrich, der Gemüsehändler nahm das missglückte Geschäft gelassen, winkte den beiden lächelnd zum Abschied und machte sich wieder ans Einpacken.

Als Köppcke und Hansen bei der Musikbühne am Fuße der Turmhügelburg eintrafen, nahmen sie mit geschultem Polizistenohr schon aus einiger Entfernung wahr, dass etwas nicht stimmte. Als sie näher kamen, sahen sie, dass die Musiker, Tänzer und diverse Händler aufgeregt miteinander sprachen, wenngleich sie gleichzeitig bemüht schienen, eben dies nach außen zu verbergen. Sie schauten sich immer wieder verstohlen über die Schulter und gelegentlich zischte einer ein „Psst, leise!“ in die Runde.

Die Routine brauchte nur wenige Sekunden – von jetzt auf gleich war Knut Hansen wieder knallharter Vollblutpolizist. Er baute sich inmitten der aufgeregten Menschentraube auf und sagte: „So, meine Damen und Herren – was ist hier los?“ Die folgende Stille war unheimlich: Im Kreis um den Kommissar herum standen ein knappes Dutzend mittelalterlich gewandeter Personen, die ihn verdutzt anguckten.

Es dauerte eine Weile, bis ihm klar wurde, was nicht stimmte. Sein üblicher, bestimmter Auftritt, der ihn in der Regel sofort für jedermann klar als Polizist kennzeichnete – funktionierte nicht. Das lag vielleicht daran, dass er in der linken Hand ein Brot, in der rechten ein Trinkhorn und auf dem Kopf einen gefiederten Hut trug. Dass hinter ihm ein mit Helm gut 2,10 m großer, roter Ritter mit riesigem Schwert stand, machte die Situation für die Umstehenden nicht wirklich leichter durchschaubar. Ganz sicher war Knut Hansen schon irgendwann einmal in seinem Leben rot geworden – er konnte sich nur nicht daran erinnern, wann. In diesem Moment aber floss das Blut mit einem solchen Druck in seinen Kopf, dass er tatsächlich das Gefühl hatte, seine Ohren würden anschwellen. Schnell riss er sich den Feder-Hut vom Kopf, setzte seine Seemannsmütze wieder auf und versuchte möglichst souverän Hut, Brot und überschwappendes Horn unter seinen Arm zu klemmen und damit außer Sicht zu bringen.

„Verzeihung – ich bin Hauptkommissar Hansen vom vierten Kieler Polizeirevier und der Drachentöter hinter mir ist Oberkommissar Köppcke – gibt es hier ein Problem?“ Eine Frau löste sich aus der Gruppe und es sprudelte aufgeregt aus ihr heraus: „Wir sind bestohlen worden! Jemand ist während der einzelnen Vorstellungen durch die Garderobenzelte gegangen und hat eine Menge an Wertgegenständen mitgenommen – Portemonnaies, Kreditkarten, Handys – alles, was die Kollegen unter den Kostümen nicht mit sich rumtragen wollten. Außerdem fehlen die Gage der Musiker und drei Geldkassetten, die die Händler während ihrer Pause verschlossen am Stand gelassen haben. Da das meiste hier zum Selbstkostenpreis veranstaltet wird, sind das fast hauptsächlich private Gelder ... Wir werden wohl in Zukunft alle mit Tresoren hier anreisen und unsere Geldbeutel mit Ketten sichern müssen“. Angewidert schüttelte sie den Kopf. „Ich könnte mich vergessen, wenn ich mir vorstelle, dass irgendein Kerl unsere Vertrauensseligkeit missbraucht ... für ein bisschen Geld.“

Hansen vermisste seine Pfeife, die er im Auto liegen gelassen hatte. Obwohl er schon seit Jahren nicht mehr rauchte – hatte er sie zum Denken gern im Mund. „Von wie viel Geld reden wir denn hier?“ Die Frau schüttelte wieder wütend den Kopf. „Ach, alles in allem vielleicht 1000 Euro und eben das, was der Dieb aus den Kreditkarten, den Handys und so herausschlagen kann – die Betroffenen haben aber alle schon die Banken angerufen und die Karten sperren lassen. Vermutlich hatte der Dieb gedacht, es würde etwas länger dauern, bis das Ganze auffliegt. Wahrscheinlich ist der Wicht sogar noch hier auf dem Gelände. Ich wette, dass der hier noch unerkannt in feinster Gewandung herumspaziert und sich ins Fäustchen lacht. Wahrscheinlich klaut er jetzt gerade noch was und wir können nichts tun. Am liebsten würde ich mich mit ‚ner Streitaxt in der Hand direkt ans Drehkreuz stellen und am Ausgang jeden abtasten, der rauskommt. Aber das geht natürlich nicht – wenn sich herumspricht, dass hier im großen Stil geklaut wird, wäre der Schaden ungleich größer als er es jetzt ist. Es ist doch zum aus der Haut fahren! ... Ich ...“ die junge Frau brach in Tränen aus und wandte sich ab. „Aber, aber – holde Maid. Wer wird denn gleich weinen.“ Hansen setzte sich seinen Federhut auf und zwinkerte der Frau zu, wofür er ein zaghaftes Lächeln erntete. „Ich sage Ihnen‚ was – haben Sie eine Verbindung zur Kasse? Telefon, Funk oder so?“ Verunsichert blinzelte sie ihn an: „Wir haben Walkie Talkies, wieso?“ Der Kommissar fuhr fort: „Ich habe einen Verdacht – wäre ich als Polizist unterwegs, müsste ich jetzt Verstärkung von der zuständigen Wache holen und diversen komplizierten Richtlinien folgen. Bis das alles soweit organisiert ist, wäre der Kerl über alle Berge. Glücklicherweise bin ich heute nur Junker Hansen und dies hier ist finsterstes Mittelalter. Daher überlasse ich die Sache dem wütenden Mob. Das wollte ich immer schonmal tun.“ Er lachte gehässig: „Aber jetzt schnell: Funken Sie die Türsteher an, sie sollen sich mit ein paar Mann Verstärkung am Ausgang postieren und auf Heinrich, den Gemüsehändler warten. Mittelgroßer Kerl, schütteres Haar, blaues Gewand – zieht einen Karren mit abgedeckten Körben. Wenn ich mich nicht sehr irre, wird der ziemlich genau in diesem Moment fertig damit sein zu packen und sich in Richtung Ausgang bewegen. Wenn er kommt, sollen eure Leute ihn bestimmt, aber freundlich vom Publikumsverkehr wegbringen und mal einen Blick unter sein Gemüse werfen. Wenn ich mich irre, müsst ihr euch natürlich entschuldigen – kein Drama. Wenn ich aber recht habe und er hat das Diebesgut bei sich, behauptet ihr einfach, ihr hättet ihn beim Klauen gesehen und haltet ihn fest, bis die Polizei kommt – das dürft ihr dann ganz offiziell. Die Polizei solltet ihr in jedem Fall wegen der Diebstähle rufen. Irgendwer muss das Ganze ja aufnehmen – für den Fall, dass jemand mit den gesperrten Kreditkarten erwischt wird, oder so.“

Die junge Frau machte sich sofort daran, Hansens Instruktionen umzusetzen. Danach kam sie noch einmal zurück.

„Soll ich den Polizisten etwas von Ihnen ausrichten, Kommissar?“ Hansen zog seinen Federhut zurecht und winkte ab. „Nee, nee, regelt ihr das mal alleine – ich bin heute Junker Hansen. Mein Freund, der tapfere Recke Olaf und ich werden nochmal den Burgturm besteigen, ein bisschen Met trinken und dann verschwinden wir von hier. Wir haben heute frei.“

Die beiden Polizisten ließen ihre Methörner auffüllen und bestiegen die Turmhügelburg. Von dort oben konnte man das ganze Gelände überschauen. Der Tag neigte sich dem Ende zu und ein angenehm kühler Abendwind strich den beiden über die sonnengeröteten Wangen. Lächelnd beobachteten sie den in diesem Moment am Ausgangsbereich abfahrenden Polizei-Einsatzwagen. Selbst auf diese Entfernung war Heinrich, der Gemüsehändler im Wageninneren zu erkennen, der gequält aus dem Fenster schaute. Sie sahen den Rücklichtern des Polizeiwagens nach, der sich langsam entfernte.

Köppcke, von Hitze und Met schon arg mitgenommen, wandte sich fragend seinem Chef zu: „Wieder mal recht gehabt, Chef – Ich hab das wieder mal nicht so richtig mitgeschnitten – warum der Gemüsehändler? Warum nicht die Tänzerin oder der Mönch? Oder irgendwer anderes?

„Na ja – da ergab einfach Eins das Andere. Hätte ich mir nach Täterprofil selber einen Täter ausdenken dürfen, wäre dabei zu 100 % Heinrich rausgekommen. Den Ausschlag hat aber wohl gegeben, dass er ganz offensichtlich weder einen blassen Schimmer von Gemüse noch vom Mittelalter hat ...“ Köppcke legte den Kopf schief: „Wieso war das offensichtlich? Waren die Kartoffeln schlecht, oder was?“ Hansen nippte an seinem Horn. „Nee, schlecht nicht – sie hätten gar nicht da sein dürfen. Der gute Mann hat uns eifrig angeblich mittelalterliche Sorten Kartoffeln, Tomaten und Paprika angepriesen – und damit 3 von 3 möglichen Fehlern gemacht ...“ Köppcke runzelte die Stirn und wartete mit verständnislosem Blick den Rest der Erklärung ab.

„Wer aber, wie ich, zum Einen gerne isst und zum Anderen rudimentäre Kenntnisse über Seefahrt hat ...“, fuhr Hansen beschwingt fort „…der weiß, dass Tomaten, Paprika und Kartoffeln erst gegen 1500 von Kolumbus nach Europa eingeführt wurden und somit hier im Mittelalter unbekannt waren.“ Köppcke deutete eine Verbeugung an und prostete seinem Chef zu: „Ihr wart wieder einmal der Klügste und habt kühnen Kopf bewiesen, Junker Hansen!“ Lachend erhob der Hauptkommissar auch sein Horn: „Nenne er mich endlich Junker Knut – schließlich trinken wir Schulter an Schulter Met aus Hörnern, DAS tue ich nicht mit jedem. Wie sieht‘s aus, machen wir den Mönch mit dem Fass ausfindig und füllen nochmal nach?“ Köppcke hakte seinen Chef ein und gemeinsam wandten sie sich dem Abstieg zu. „Das ist ein Wort! Und danach rufe ich Jungfer Susie, auf dass sie uns abholen komme.“ Hauptkommissar Hansen fühlte sich gut wie lange nicht mehr: „Au ja – Ein Hoch auf Jungfer Susie für diesen wunderbaren, fremdartigen Tag!“

Die kleinen unbedeutenden Fälle von Hauptkommissar Knut Hansen aus Kiel

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