Читать книгу Die Mops Monologe 2 - Gerritje Krieger - Страница 6
1. Ich war’s nicht!
ОглавлениеTag auch.
Ehrlich, in so einem Hundeleben geht es manchmal ganz schön ungerecht zu. Am Anfang dachte ich ja noch, es sei völlig normal, dass bei so ziemlich allem, was hier im Haus irgendwie schiefgeht, grundsätzlich ich als Allererster vorwurfsvolle Blicke ernte.
In letzter Zeit allerdings häufen sich die Gelegenheiten, bei denen mir die Schuld in die nicht vorhandenen Schuhe geschoben wird, bevor die Rechtslage überhaupt eindeutig geklärt ist. – Neulich, zum Beispiel: Sonntag, Kaffeetrinken. Nachdem die versammelte Mannschaft ihren Kuchen genossen hatte – wohlgemerkt, ohne mir auch nur das kleinste Krümelchen abzugeben –, stand auf dem Wohnzimmertisch noch ein Schälchen mit einem wirklich winzigen, eigentlich kaum erwähnenswerten Rest Sahne. Frauchen und Herrchen machten sich also daran, das Geschirr abzuräumen und zu spülen. Und als sie Minuten später ins Wohnzimmer zurückkehrten, war das Sahne-Schälchen auf mysteriöse Weise leer.
Und nun raten Sie mal, wer dafür verantwortlich gemacht wurde? – Genau, ich hier. Für Frauchen und Herrchen war das eine glasklare Angelegenheit. Wenn Sahne verschwindet, kann offenbar nur der Mops dafür zuständig sein – keinen Schimmer, wieso.
Bei der Gelegenheit fiel mir ein, dass es einen ähnlichen Vorfall schon im vergangenen Herbst gegeben hatte – diesmal mit einer Schüssel, in der sich noch die Überreste einer süßen Quarkspeise befanden und die urplötzlich, wie durch Zauberhand, absolut leer und sauber war. Und auf wen wurde mit dem Finger gezeigt? – Natürlich wiederum auf mich. Eine Riesen-Gemeinheit, wenn Sie mich fragen.
Und dabei ist Essen, das sich völlig unerklärlich in Luft auflöst, noch nicht mal der einzige Bereich, bei dem ohne viel Federlesens ich beschuldigt werde: Fast immer, wenn hier im Haus irgendwas falsch läuft, spüre ich diese kritischen Blicke von Frauchen und Herrchen auf mir. Völlig egal, ob mal wieder eine Socke unauffindbar ist, ob Frauchens Gartenschuhe sich selbstständig gemacht haben oder ob eine Klo- oder Küchenrolle auf wundersame Weise explodiert ist – im Zweifel sind sich hier alle einig: Es kann nur Eddie gewesen sein.
Dabei ist die Beweisführung bei jedem einzelnen dieser Vorfälle total lückenhaft, wenn überhaupt vorhanden: Ohne Augenzeugenberichte oder vorherige Untersuchung des Tatorts auf mögliche Pfotenabdrücke werden Schuldzuweisungen ausgesprochen und harmlose Möpse als Täter abgestempelt.
Dabei wäre es ja zumindest theoretisch möglich, dass für jede der zahlreichen Taten, die mir bereits vorgeworfen wurden, in Wahrheit andere verantwortlich waren. Erstens bin ich hier im Haus schließlich nicht der einzige Vierbeiner. Wie Sie wissen, lebt unter unserem Dach auch noch Frau Kratzbürste. Und bekanntlich hat im Winter auch schon mal eine Maus bei uns Unterschlupf gesucht. Wer also sagt denn, dass nicht eine von denen hinter diesen unerklärlichen Vorfällen steckt? Immerhin könnte ja auch Frau Katze beispielsweise auf den Tisch gehüpft sein, um die Sahne auszuschlecken. Und wer weiß schon, ob es Frau Maus zwischendurch in ihrer Winter-Residenz nicht einfach ein bisschen kühl wurde, so dass sie sich ein Paar Socken stibitzt hat, um ihre Behausung zu dämmen? Mal ganz zu schweigen davon, dass wir in einem über 300 Jahre alten Haus leben, wo es ohne weiteres spuken könnte?!
Gut, man muss zugeben, dass es hin und wieder zu Situationen kommt, die – auf den ersten, flüchtigen Blick – kein richtig gutes Licht auf mich werfen. Zum Beispiel entstanden im nahen zeitlichen Zusammenhang sowohl mit dem Sahne- als auch mit dem Quarkspeisen-Vorfall Fotos von mir, auf denen ich jeweils verdächtig große Mengen einer, sagen wir mal, unidentifizierbaren weißen Masse im Gesicht hatte.
Sicher, das mag im ersten Moment irgendwie verdächtig wirken. Aber bitte: Wer will denn beweisen, dass es sich bei dem Zeug in meinem Gesicht um Sahne bzw. Quarkspeise handelte? Immerhin wäre es auch denkbar, dass ich an den in Frage stehenden Tagen gerade eben von einem Aufenthalt auf einer Mops-Wellnessfarm zurückgekehrt war, wo das Personal im Eifer des Gefechts vergessen hatte, die letzten Überreste der Feuchtigkeitsmaske aus meinem Gesicht zu entfernen, oder?
Und auch wenn in meinem Körbchen manchmal vereinzelte Socken oder ein Gartenschuh auftauchen – muss das automatisch heißen, dass ich die da reingelegt habe? Theoretisch könnte das schließlich jeder gewesen sein, oder? Möglicherweise sogar Frauchen oder Herrchen selbst. Schließlich, man möge mir verzeihen, werden die beiden auch nicht jünger und sind dann und wann ein bisschen vergesslich.
Was da für manche also nach einer absolut eindeutigen Beweislage aussieht, sind doch im Endeffekt höchstens Indizien. Sicher, ich könnte es gewesen sein. Aber eindeutig belegen lässt sich aufgrund einer solchen Rechtslage gar nichts.
Nun wäre das alles ja weniger schlimm, wenn es nur mich betreffen würde – ich bin ja ein gutmütiger Typ und lasse mir so ziemlich jeden Schabernack gefallen. In letzter Zeit allerdings musste ich entsetzt feststellen, dass nahezu sämtliche meiner vierpfotigen Freunde sich mit ähnlich unbegründeten Vorwürfen rumschlagen müssen. Wo immer auch Schnitzel auf seltsame Weise verschwinden oder ein Schuh plötzlich unauffindbar ist: Wir Hunde müssen als Schuldige herhalten.
Also ehrlich, so geht es nicht. Wenn Sie mich fragen, wird es höchste Zeit, dass damit endlich Schluss ist. Ganz im Ernst: Mit der Allgemeinen Erklärung der Mopsrechte sind solche fiesen Beschuldigungen ganz sicher nicht in Einklang zu bringen. Und schließlich muss auch für uns Hunde der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ gelten.
Ich für meinen Teil habe mir jedenfalls überlegt, dass ich künftig härter auf meine Rechte pochen werde. Bloß wegen so ein paar weißer Sprenkel ungeklärter Herkunft in meinem Gesicht lasse ich mir noch lange keinen Sahne-Diebstahl vorwerfen. Und nur, damit das klar ist: Was das Paar Wiener Würstchen angeht, das Herrchen sich vorhin auf einem Teller auf dem Wohnzimmertisch zurechtgestellt hatte und das nun auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist, verweigere ich jede Aussage.
Mehr nächste Woche.
Mit mopsigen Grüßen,
Ihr Eddie