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6. Urlaub, Teil 2: Risiken, Nebenwirkungen und erfolgversprechende Gegenmittel

Tag auch.

Bestimmt erinnern Sie sich noch an den ersten Teil meines Berichts aus dem Urlaub. Sie wissen schon: Ewiges Rein und Raus aus dem Auto, Staus ohne Ende und ein Zwölfjähriger, der mich mit seinem stundenlangen Getätschel in die Verzweiflung trieb. Bereits am ersten Abend fühlte ich mich, als hätte ich an einer Besteigung des Mount Everest teilgenommen, und sehnte mich nur noch nach einem: Ruhe.

Hätte ich geahnt, dass dies erst der Auftakt zu einem nicht enden wollenden Marathon von Ausflügen, Stadt-Besichtigungen, Strandmärschen und anderen sinnlosen Freizeitbeschäftigungen sein würde, für die man als Mops eigentlich Überstunden und Sonderurlaub verlangen müsste, hätte ich gleich bei der Mops-Gewerkschaft angerufen. Aber selbst dafür blieb mir bei all dem Stress nicht eine Minute Zeit. Ganz ehrlich: Warum das Ganze sich „Urlaub“ schimpft, wenn man rumrennt, als würde man dafür Kilometergeld kassieren, wird sich mir nie erschließen.

Doch die Rumlauferei war noch längst nicht das Schlimmste, was mir bevorstand. Der erste Tag am Hundestrand verlief noch halbwegs nett, wenn man davon absieht, dass Frauchen und Herrchen natürlich nichts unversucht ließen, mich ins Wasser zu locken. – Vergebens natürlich, das weiß ich und Sie wissen es auch. Aber Herrchen und Frauchen sind da anscheinend wenig lernfähig – es brauchte etliche Anläufe, bis ich sie davon überzeugt hatte, dass ich mich auch im Urlaub dem Wasser nicht überflüssig nähere.

Zu meinem größten Entsetzen laufen an so einem Hundestrand allerdings Kollegen rum, die eine Penetranz an den Tag legen, wie ich sie bislang noch nicht erlebt hatte: Ich traf sie in Gestalt von zwei Labrador-Welpen. Schon am Vortag hatte ich aus der Ferne beobachtet, wie dieses übermütige und offenbar leicht verstrahlte Duo sich immer wieder mit einer Begeisterung in die Fluten stürzte, als gäbe es nichts Schöneres auf der Welt. Als Mops nötigte mir das zwar ein verständnisloses Kopfschütteln ab, aber bitte: Was interessieren mich die Macken von anderen?

Gar nicht, dachte ich – und irrte mich schrecklich. Am nächsten Tag lag ich, wohlig dösend, auf einer Decke im Sonnenschein, als ich zwischen meinen leicht geöffneten Augendeckeln diese Höllenbrut auf mich zu rennen sah. Bevor ich auch nur die geringste Chance hatte, an Flucht zu denken, wurde ich überwältigt. Binnen Sekunden waren die zwei überall – auf mir, unter mir, neben mir. Und ich betone: Natürlich – weil ihnen ja nichts Besseres einfiel, als vorher noch eine schöne Runde zu schwimmen – waren sie klitschnass.

Wie ich aussah, nachdem dieses gemeingefährliche Duo mich in die Mangel genommen hatte, können Sie sich denken: Wäre ich selbst im Meer gewesen, ich hätte nicht nasser sein können. Es triefte und tropfte von meinen Ohren und auch sonst von überall, und mein Tag war gelaufen. Warum es erlaubt ist, solche nassen Quälgeister ohne Waffenschein bei sich zu führen, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Derzeit erwäge ich die Einreichung einer entsprechenden Petition.

Aber Sie wissen, wie das ist: Wenn man einmal über die Dinge geschlafen hat, sieht die Welt gleich viel besser aus. Am nächsten Tag hatte sich meine Laune wieder halbwegs erholt. Und mittags sah es kurzfristig sogar so aus, als könne meine Stimmung kaum besser werden: Frauchen und Herrchen hatten sich im Außenbereich eines Restaurants an einem kleinen Hafen niedergelassen. Normalerweise sind sie mit ihrem Essen ja furchtbar geizig und geben mir nicht das Geringste davon ab. Doch angesichts des Urlaubs machte Herrchen mal eine Ausnahme und ließ ein paar Brötchenstücke vor meine Pfoten fallen.

Freudig begann ich, es mir schmecken zu lassen, als ich den Schreck meines Lebens bekam. Erst hörte ich Flügelflattern und wildes Gekreische, dann stürzte sich – nur Zentimeter neben mir – eine riesenhafte Möwe zu Boden und schnappte mir alles vor der Nase weg. Ich schwöre Ihnen: Ich entging nur knapp einem plötzlichen Herztod.

Danach hatte ich endgültig die Nase voll von diesem bescheuerten Urlaub. Nichts als Stress, bekloppte Labrador-Welpen und gemeingefährliche Killer-Möwen...

Jeder Psychiater (nicht dass ich einen hätte) würde Ihnen bestätigen, dass das Folgende vermutlich ein verzweifelter Hilferuf meines Unterbewusstseins war: Am nächsten Morgen, beim Bällchenspielen in der Wohnung, blieb ich mit einer Kralle im Sisal-Teppich hängen. Ziepte nur kurz und war mir eigentlich ziemlich schnuppe, blutete aber wie Schwein und sorgte sofort dafür, dass sich fortan alles um mich drehte. Ich wurde geherzt und getröstet, geschmust und gestreichelt. Es war großartig.

Weniger schön war, dass Frauchen mich direkt zum nächsten Tierarzt verfrachtete. Der faselte was von „Infektionsgefahr“ und „gefährlich“, was ich idiotisch fand, außerdem etwas von „Strandverbot für den Rest des Urlaubs“, was ich sehr begrüßte. Weniger gefiel mir allerdings, dass er der Meinung war, das gesamte Bein gehöre dringend in einen Verband – aber gegen solche Maßnahmen kann man als Mops ja was tun.

Frauchen hatte mich nach der Prozedur gerade ins Auto gehoben, da ließ ich den Verband vom Bein runterrutschen. Leider teilte sie meine Begeisterung für die Befreiung von diesem blöden Ding überhaupt nicht. Ich hörte, wie sie etwas von „unfähigem Tierarzt“ vor sich hinmurmelte, dann saß ich wieder auf dem Behandlungstisch und das Ganze ging von vorn los.

Diesmal nahm ich mir also vor, ein wenig länger mit dem Abstreifen des unbequemen Verbands zu warten. Ich geduldete mich, bis wir zurück in der Ferienwohnung waren, ließ noch ein Stündchen ins Land ziehen und schmiss das Ding erst dann lässig in die Ecke.

Frauchens Gesicht nahm nun eine leichte Rot-Färbung an. Im anschließenden Gespräch mit Herrchen ließ sie ein paar Bemerkungen über den Tierarzt fallen, die ich hier aus Gründen der Etikette lieber nicht zitieren möchte. Dennoch: Ich sah das ganz entspannt – die würde sich schon abregen, da war ich mir absolut sicher.

Tat sie nicht. Stattdessen kam sie zu der Entscheidung, dass wir einen professionelleren Veterinär bräuchten – und kutschierte mich in die nächste Klinik. Dort wurde erst ein bisschen an der Kralle rumgelötet, was eklig roch, aber nicht wehtat. Allerdings war man auch da der Ansicht, dass es ohne Verband nicht ginge.

Ich muss zugeben: Diesmal saß das Ding wirklich fester. Entsprechend brauchte ich auch ein klein wenig länger, um es loszuwerden, aber am Ende des Tages war auch das geschafft.

Und endlich: Beim dritten Mal setzte ich mich erfolgreich durch. Nach Rücksprache mit der Tierklinik wurde beschlossen, dass ein vierter Anlauf sinnlos sei. Allerdings, so die Bedingung des Tierarztes, benötige die Pfote Ruhe und Schonung, keinerlei Strandspaziergänge und auch sonst möglichst wenig Rumrennerei.

Ich war selig. Fortan lief der Urlaub genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich durfte schlafen, so lange ich wollte, verbrachte chillige Nachmittage in kleinen Cafés, fernab von Wasser und fiesem Sand, und weil ich ja „krank“ war, wurde ich gehätschelt und mit Leckerchen verwöhnt, dass es eine Pracht war.

Für kommende Urlaube will ich das Konzept jetzt noch weiter optimieren – natürlich ohne Blutvergießen, aber mit der gleichen Wirkung. Als in Frage kommende Varianten habe ich bislang ein simuliertes Humpeln oder ein demonstrativ-dramatisches Hüsteln näher ins Auge gefasst. Möglicherweise könnte aber auch ein theatralischer Blick denselben erfolgversprechenden Effekt erzielen. Sobald ich das Verfahren perfektioniert habe, lasse ich es Sie wissen. Vielleicht melde ich ja auch ein Patent darauf an – mal sehen, bis zum nächsten Urlaub ist es ja noch ein bisschen hin.

Mehr nächste Woche.

Mit mopsigen Grüßen,

Ihr Eddie

Die Mops Monologe

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