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DIE KLANGGRUNDLAGE VOLLENDEN

Die Klanggrundlage ist die Mantrarezitation. Der Zeitpunkt, die Klanggrundlage zu üben, ist nach der Meditation über die Geistgrundlage, wenn unsere Konzentration schwächer wird und wir das Bedürfnis haben, uns zu entspannen. Haben wir uns als Avalokiteshvara erzeugt, dann visualisieren wir in der Mitte der Mondscheibe in unserem Herzen den weißen Buchstaben HRIH als Samen Avaloki­teshvaras, umgeben im Uhrzeigersinn von dem Mantra OM MANI PÄME HUM. Die Buchstaben sind aus weißem Licht und in ihrer Essenz die Weisheit Avalokiteshvaras. Tantrische Schriften betonen immer wieder die Bedeutung, Mantra und Gottheit als untrennbar zu betrachten. Da Körper, Rede und Geist eines Buddha die gleiche Natur sind, ist es für den Geist eines Buddha sehr gut möglich, sich sowohl als Klang als auch als ­geschriebene Buchstaben eines Mantra zu manifestieren.

Es gibt zwei Arten der Mantrarezitation: grobe Rezitation und subtile Rezitation. Mantras laut oder mit dem Atem zu rezitieren, ist grobe Rezitation. Um subtile Rezitation zu üben, stellen wir uns vor, dass die Buchstaben des in unserem Herzen visualisierten Mantra den Klang OM MANI PÄME HUM erzeugen, und wir hören diesem Klang einfach zu.

Es gibt fünf Hauptziele für das Üben der groben und subtilen Rezitation:

(1) Die Segnungen der Gottheit zu erhalten

(2) Der Gottheit näher zu kommen

(3) Die Erlangungen der Gottheit zu erbitten

(4) Befriedende, vermehrende, kontrollierende und zornvolle Handlungen zu vollenden

(5) Negatives Karma zu reinigen und Verdienste anzusammeln

Zu den befriedenden Handlungen gehört es, unsere Negativität zu vertreiben, Hindernisse auszumerzen und Störungen durch böse Geister zu befrieden. Zu den vermehrenden Handlungen gehört es, unsere Lebensspanne zu verlängern sowie unsere Verdienste, Verwirklichungen und guten Eigenschaften des Zuhörens, Nachdenkens und Meditierens zu vermehren. Zu den kontrollierenden Handlungen gehört es, böse Geister und Maras durch friedvolle Methoden zu beherrschen. Und zu den zornvollen Handlungen gehört es, diese Geister und Maras durch zornvolle Methoden zu beherrschen, sofern das notwendig ist. Wann immer wir zornvolle Handlungen ausführen, ist es unerlässlich, dass reines Mitgefühl unsere Motivation ist.

Wir können all unsere Wünsche erfüllen, indem wir Mantras rein rezitieren. Denjenigen, die sich bereits in früheren Leben aufrichtig auf ihre Gottheit verlassen und Annäherungsretreats und so weiter durchgeführt haben, wird die Rezitation von Mantras helfen, nun das zu ernten, was sie in jenen Leben bereits gesät haben, deshalb können sich Erfolge schnell einstellen. Andere hingegen, die die Gottheit in früheren Leben nicht praktiziert haben oder vielleicht negative Gedanken der Gottheit gegenüber hegten, müssen Mantras für lange Zeit rezitieren, bevor sie befriedende, vermehrende, kontrollierende und zornvolle Handlungen erlangen können.

Ein anderer wichtiger Faktor, um bestimmen zu können, wie schnell wir Ergebnisse durch Mantrarezitation erlangen, ist die Kraft unseres Vertrauens und unserer Konzentration. Ist unser Vertrauen schwach und können wir Ablenkungen nicht überwinden, werden wir vielleicht sogar nach vielen Jahren der Mantrarezitation keine Ergebnisse erzielen. Wir sollten daraus aber nicht den Schluss ziehen, dass das Mantra und die Gottheit keine Kraft haben, sondern uns im Gegenteil entschlossen bemühen unser Vertrauen zu verbessern und unsere Ablenkungen zu überwinden. Im Allgemeinen ist schon das bloße Sprechen der Mantras hilfreich, weil allein schon der Klang des Mantra von Buddhas gesegnet wurde. Um jedoch alle in den tantrischen Schriften beschriebenen Erlangungen zu vollenden, müssen wir sie rein, mit unerschütterlichem Vertrauen und starker Konzentration rezitieren.

Hiermit haben wir die Erklärung der ersten Konzentration, der Konzentration der viergliedrigen Rezitation, beendet. Im Allgemeinen können alle Konzentrationen des Handlungstantra in zwei Kategorien unterteilt werden: Konzentrationen mit Rezitation und Konzentrationen ohne Rezitation. Die Meditation über die sechs Gott­heiten der Selbstgrundlage, die Meditation über die andere Grundlage und die Geistgrundlage bilden die Grundlage für die Mantrarezitation, und die Klanggrundlage ist die Mantrarezitation selbst. Deshalb werden die vier Glieder der ersten Konzentration «Konzentrationen mit Rezitation» genannt, während die verbleibenden drei «Konzentrationen ohne Rezitation» genannt werden.

KONZENTRATION DES VERWEILENS IM FEUER

Um die Konzentration des Verweilens im Feuer zu üben, erinnern wir uns zuerst an Leerheit und lassen es zu, dass unser Geist sich mit ihr mischt. Dann stellen wir uns vor, dass die Vereinigung unseres Geistes mit Leerheit im Aspekt einer winzigen Flamme erscheint, die ruhig auf einer Mondscheibe in unserem Herzen brennt. Während wir uns einsgerichtet auf die Flamme konzentrieren und uns daran erinnern, dass die Flamme in ihrer Essenz unser Geist vermischt mit Leerheit ist, stellen wir uns vor, dass aus dem Innern der Flamme der Klang des Mantra OM MANI PÄME HUM ertönt. Wir rezitieren das Mantra weder verbal noch geistig, sondern fühlen einfach, dass wir dem Klang des Mantra im Innern der Flamme lauschen. Wir nehmen die Flamme und den Klang des Mantra als unser Objekt der verweilenden Meditation und konzentrieren uns einsgerichtet darauf, nachdem wir Ablenkungen, geistiges Sinken und geistige Erregung überwunden haben.

Der Grund, uns auf die Flamme und das Mantra zu konzentrieren, ist, das ruhige Verweilen schneller zu erlangen und eine nichtbegriffliche Weisheit untrennbar von Leerheit zu vollenden. Nachdem wir eine stabile Konzentration auf die Mondscheibe und den Gottheitskörper der Geistgrundlage erlangt haben, wechseln wir im Handlungstantra unser Objekt der Konzentration zu der Flamme und dem Mantra der Konzentration des Verweilens im Feuer. Da diese subtiler sind als das Objekt der Geistgrundlage, ist ruhiges Verweilen leichter zu erlangen, wenn wir sie als Objekt der Meditation nehmen. Zuerst aber müssen wir in Bezug auf die Geistgrund­lage einen gewissen Grad an Stabilität haben, wenn unsere Meditation über das Verweilen im Feuer kraftvoll sein soll.

Ein weiterer Grund für die Konzentration des Verweilens im Feuer ist, dass dadurch eine besondere innere Hitze erzeugt und verstärkt wird, die zu einer nichtbegrifflichen Glückseligkeit führt. Üben wir diese Meditation öfter aus, werden wir bestimmte Zeichen erfahren. Wir entwickeln eine besondere körperliche und geistige Geschmeidigkeit, haben weder Hunger noch Durst, selbst wenn wir längere Zeit nicht essen oder trinken, und scheiden, wenn wir essen oder trinken, weniger Harn und Stuhl aus. Außerdem nehmen unsere besondere innere Hitze und innere Glückseligkeit zu, und äußere und innere Störungen haben keine Kraft mehr, uns zu schaden. Wir sollten mit der Meditation über das Verweilen im Feuer fortfahren, bis wir diese Zeichen erhalten.

KONZENTRATION DES VERWEILENS IM KLANG

Haben wir Stabilität in der Konzentration des Verweilens im Feuer erlangt, dann können wir die Konzentration des Verweilens im Klang üben. Dies tun wir, indem wir in gleicher Weise über die Flamme und das Mantra meditieren. Ist unsere Konzentration jedoch sehr stark, beenden wir die Erscheinung der Flamme und konzentrieren uns ausschließlich auf den Klang des Mantra. Wir meditieren so lange darüber, bis wir durch die Kraft der Vertrautheit das Gefühl haben, das Mantra direkt mit unserem geistigen Gewahrsein zu hören, so wie wir in einem Traum mit ­unserem geistigen Gewahrsein Klänge hören würden. Manche Praktizierende hören alle sechs Buchstaben des Mantra OM MANI PÄME HUM gleichzeitig, wenn sie diese Stufe erreichen.

Um ruhiges Verweilen zu erlangen, meditieren Praktizierende des Handlungstantra über jede der Konzentrationen, beginnend mit der Gottheit der Leerheit bis zum Verweilen im Klang. Die Übungen der Geistgrundlage, der Konzentration des Verweilens im Feuer und der Konzentration des Verweilens im Klang sind alle hauptsächlich Methoden, um unsere Konzentration zu verbessern. Die Konzentration des Verweilens im Klang hat eine besondere Kraft, körperliche und geistige Geschmeidigkeit hervorzurufen und führt direkt zur Erlangung des ruhigen Verweilens. Diese Konzentration hat drei gute Eigenschaften: ihre Natur ist Glückseligkeit, ihr Objekt erscheint sehr klar und sie ist frei von ablenkender Begrifflichkeit. Die letzten zwei Eigenschaften sind miteinander verbunden, da wir ein Objekt umso klarer wahrnehmen, je weniger ablenkende begriffliche Gedanken wir haben.

In Lampe für den Pfad zur Erleuchtung sagt Atisha, dass wir bei einem Meditationsobjekt bleiben müssen, wenn wir ruhiges Verweilen erlangen wollen. Nach dem System des Handlungstantra jedoch wechseln wir das Objekt der Meditation mehrmals. Hierin liegt aber kein Widerspruch, denn Atishas Rat ist für diejenigen bestimmt, die keine stabile Konzentration haben. Um stabile Konzentration zu erlangen, ist es zu Beginn notwendig, bei einem Objekt zu bleiben, denn wenn wir ständig das Objekt wechseln, wird sich unsere Konzentration nie verbessern. Ist unsere Konzentration jedoch sehr stark geworden, ist es ratsam, die Objekte zu wechseln und mit unserer Schulung in ruhigem Verweilen fortzufahren, indem wir ein subtileres Objekt nehmen. Deswegen meditiert ein Praktizierender des Handlungstantra bis zur Erlangung der dritten oder vierten Ebene des geistigen Verweilens hauptsächlich über die Geistgrundlage. Dann wechselt er oder sie zum ­subtileren Objekt der Konzentration des Verweilens im Feuer und nachdem er die Zeichen für einen Erfolg in dieser Konzentration erhalten hat, wechselt er oder sie zur Konzentration des Verweilens im Klang. Um eine gewisse Vertrautheit mit allen Stufen des Handlungstantra zu erreichen, können wir manchmal auch kurz über alle Konzentrationen von der Gottheit der Leerheit bis zur Konzentration des Verweilens im Klang meditieren. Sind wir aber aufrichtig an der Erlangung des ruhigen Verweilens interessiert, dann sollten wir hauptsächlich über die Geistgrundlage meditieren, bis wir darin eine sehr stabile Konzentration erreicht haben.

Tantrische Ebenen und Pfade

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