Читать книгу Null - Gine Cornelia Pedersen - Страница 13
ОглавлениеEs ist Herbst
Ich bin nach Oslo gezogen
Endlich bin ich nach Oslo gezogen
Jetzt, denke ich, jetzt geht das Leben los und wird gut
Ich arbeite in einem Pflegeheim und wische täglich Ärsche
Einer der Patienten schmiert im Schlaf seine Scheiße überall hin
Die Scheiße ist grün und riecht nach Tod
Ich weiß, er sollte mir leidtun, und ich sollte ihm helfen, die Scheiße wegzuputzen
Ich finde es widerlich und kotze ins Waschbecken
Der Mann singt
Er singt richtig dreckiges Zeug
Er benutzt Wörter, von denen ich nicht einmal gewusst habe, dass alte Leute sie kennen
Es ist völlig absurd
Die Scheiße sickert nur so aus seinem Arsch
Es hört nicht auf
Bei der Übergabe sage ich, er hört einfach nicht auf zu scheißen und will nicht einsehen, dass Scheiße nichts ist, was man essen oder überall hinschmieren sollte
Sie sagen, darüber sind sie informiert und er wird es nie lernen
Jeden Morgen muss ich das tun
Jeden Morgen muss ich an einen Ort, wo die Leute darauf warten, dass sie sterben
Ich fange in einem Kindergarten an
Wir müssen spazieren gehen, auch wenn es scheißkalt ist
Ich friere und habe vor allem Lust, selbst in so einem Wagen zu sitzen
Ich stelle fest, dass ich sauer auf die Kinder werde, die einfach nur rumliegen und es gemütlich haben, gefüttert werden und in warme Decken eingepackt sind
Ich will das auch
Ich will auch schlafen
Mir ist dieser ganze Scheiß hier zu blöd
Ich kündige Ich finde einen Job in einem hippen Klamottenladen
Alle hier haben denselben Kleidungsstil
Sie sehen aus wie eine Mischung aus Punks und BWL-Studenten
Ich habe einfach irgendwas an
Die Chefin sagt, dass ich etwas aus dem Laden tragen muss
Ich antworte, dass im Vertrag nichts über Uniformierung steht
Sie lacht, findet es lustig
Sucht eine Levi’s-Hose heraus und ein T-Shirt, auf dem steht: Dare to be different, Diesel gives you the fuel to break out, eine idiotische Mütze und einen Palästinenserschal
Ich sehe fürchterlich aus, kriege einen Kloß im Hals, als ich mich selbst im Spiegel sehe
Wenn Kunden in den Laden kommen, sagt sie: „Hey hey, wie geht’ s?“
Es ist total peinlich, ich werfe den Kunden entschuldigende Blicke zu
Sie schaut mich an und meint, jetzt bin ich dran, jetzt soll ich Hallo sagen
„Hallo“, sage ich
Sie wirkt enttäuscht
Sagt, wenn ich so zugeknöpft bin, dann ist es sinnlos
Als ich nach Hause komme, weine ich
Ich will kündigen
Meine Freundin meint, dass es nur am Anfang so ist und dass ich mich daran gewöhnen werde
Ich sage, es fühlt sich so an, als würde ich mich prostituieren
Am Freitag gibt es eine Teamparty
Sie haben einen Club gemietet
Einen kleinen Keller in der Karl Johans Gate
Da ist ein Typ von einer Radioshow, die live übertragen wird
Ein anderer Typ schlägt mit einem Fisch auf ihn ein
Ich verstehe gar nichts
Alle lachen und stupsen mich an
Es sind viele Schweden da
„Geil“, sagen sie, „sick.“
Ich tue so, als würde ich ebenfalls lachen, nicke und lächle und renke mir dabei fast den Kiefer aus
Aber so soll es doch nicht sein
Warum kann ich nicht über das Fischdings lachen?
Warum kann ich nicht einfach mit einem Bier in irgendeiner Ecke stehen und cool sein, so wie ich mir das vorgestellt habe?
Ich weine auf dem Klo
Sehe mich im Spiegel
Es fühlt sich an, als sähe ich irgendjemand anderen
Ich kündige