Читать книгу Null - Gine Cornelia Pedersen - Страница 14
ОглавлениеIch tue nichts
Schaue jeden Tag Oprah und Dr. Phil
Lebe von Sozialgeld
Ich bin beim Arzt gewesen und habe Tabletten bekommen
Ich bin ganz leer
Die Tabletten helfen nicht
Ich gehe wieder zum Arzt
Er überweist mich an eine psychiatrische Polyklinik
Meine Therapeutin ist eine Sozialarbeiterin, die ein paar Kurse in kognitiver Gesprächstherapie belegt hat
Sie ist sehr unsicher
Schaut mir nicht in die Augen
Fragt mich, was mir fehlt, warum ich jemanden zum Reden brauche
Ich sage, dass ich jede Minute, die ich wach bin, ans Sterben denke, dass ich nachts davon träume
Dass ich mich selbst hasse und die meisten anderen Menschen auf der Welt verachte
Sie sagt, das hört sich schlimm an
Ich sage, das ist es auch, dass mir aber niemand helfen kann, auch sie nicht
Sie sagt, das werden wir sehen
Sie zeichnet Unmengen von Kreisen und Strichen auf eine Overheadfolie
Erklärt mir, dass man Gedankenmuster ändern kann
Ich beschließe, sie aus dem Konzept zu bringen
Starre sie an
Stelle ihr kritische Fragen, damit sie ins Stottern gerät
Sie stottert
Ich sage, dass ich jetzt losmuss, und gehe, bevor die Stunde um ist
Ich möchte nicht sterben
Ich träume, dass ich in meinem eigenen Blut bade und mir die Haut mit einem stumpfen Messer vom Körper kratze
Wenn ich nur irgendetwas ganz durchziehen könnte, aber ich bin feige und habe Angst
Vielleicht wenn ich Krebs kriegen würde, aber das ist leichter gesagt als getan
Ich trete, ohne links und rechts zu schauen, auf die Straße und rauche so viel ich kann
Nach dem Abendessen schlucke ich die dreifache Dosis von meinen Hirntabletten
Mein Körper ist auf einmal komplett gelähmt
Ich rufe den Notarzt
Die Frau am Telefon sagt, es wird nicht mehr passieren, als dass mein Körper für ein paar Stunden gelähmt bleibt, aber dass ich nicht sterben werde
Ich fange an zu weinen
Jetzt kann ich nicht mal fernsehen
Nächstes Mal springe ich, denke ich
Ich stelle mir die Leute vor, die mich finden
Meine zertrümmerten Arme und Beine
Das Trauma, das ich ihnen für den Rest ihres Lebens zufüge
Ich schlafe ein
Als ich aufwache, ist Weihnachten
Opa sagt, ich soll nicht so viele Rippchen essen
Ich frage ihn, was er damit sagen will
Er sagt, dass ich ganz schön auseinandergegangen bin
Ich sage, er ist selber auseinandergegangen, und laufe aufs Klo und weine
Die anderen müssen lang auf mich einreden, dass ich wieder hinunterkommen soll, damit wir Dessert essen und die Geschenke aufmachen können
Ich schreie, dass ich ihre beschissenen Geschenke nicht haben will
Dass sie die in ein rumänisches Kinderheim bringen sollen
Ich meine es nicht so
Klar will ich meine Geschenke
Ich gehe hinunter
Opa entschuldigt sich
Ich sage, ich will kein Dessert, weil ich zu fett dafür bin
Dann lachen wir alle, und ich esse eine doppelte Portion Milchreis