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Einleitung zum Leben des Lazzaro Vasari

Giorgio Vasari scheut sich nicht, seinen Urgroßvater Lazzaro Vasari in einem Atemzug mit den Malern Spinello Aretino und Bartolomeo della Gatta explizit im Vorwort zum dritten Teil der Vite zu erwähnen – jenen Malern zugeordnet, die er zur maniera seconda zählte (Vasari, Kunstgeschichte, S. 113). Obwohl sich keinerlei Bildwerke seines Ahnen erhalten haben – und Vasari lediglich selbst als Bürge in Frage kommt –, erwähnt er ihn in einem Brief an Cosimo I. de’ Medici als einen »zu seiner Zeit berühmten Maler«. Er plaziert die urgroßväterliche Lebensbeschreibung prominent zwischen der von Leon Battista Alberti und Antonella da Messina, ebenfalls mit der Begründung, Lazzaro sei zu seiner Zeit nicht nur in seiner Heimatstadt, sondern in der ganzen Toskana berühmt gewesen. Analog dazu porträtiert er ihn in seinem Aretiner Wohnhaus neben dem Verwandten Luca Signorelli, Spinello Aretino und Bartolomeo della Gatta (als Exempla der Aretiner Maltradition) sowie neben seinen vermeintlichen Lehrern Andrea del Sarto und Michelangelo in der Camera della Fama.

In seiner 1568 ans Ende der Vite gesetzten Autobiographie erwähnt er Lazzaro hingegen nicht erneut, da er meint, schon genug vom Ursprung seiner Familie berichtet zu haben. Hier konzentriert er sich auf die Beschreibung seiner eigenen Werke und sucht die geistige Verwandtschaft zu Andrea del Sarto und Michelangelo. Den Stammbaum seiner leiblichen Familie entwirft er dagegen im Leben des Lazzaro.

Bereits in der Torrentiniana (der ersten Druckfassung der Vite von 1550) sucht der Autor und Biograph Lazzaro Vasari als berühmten Maler »nicht nur in Arezzo, sondern in der gesamten Toskana« in die Kunstgeschichte einzureihen. Sosehr er sich aber um die glaubwürdige Darstellung einer Künstlerkarriere seines Ahnen bemüht, und in der zweiten Fassung seines Lebens noch mehr ›Beweise‹ liefert als in der ersten, so wird doch klar, daß er seinen Urgroßvater vor allem einsetzt, um ihn als malenden Urvater seiner selbst zu etablieren. Vasari, der den Aufstieg vom einfachen Kaufmannssohn zum Hofkünstler der Medici geschafft hatte, war rückwirkend an der Nobilitierung seiner Familie interessiert, obwohl er in den Vite so häufig die Leistungen des einzelnen beschwor, aus denen Ruhm und Unsterblichkeit resultierten.

1568 wird der genealogische Aspekt der Lazzaro-Vita weiter verstärkt: Er wolle nichts dieser Familie Unwürdiges tun, die so illustre und verehrte Männer hervorgebracht habe und die ihm ein Ansporn zur Tugend seien, so Vasaris einleitende Worte der zweiten Fassung. Am Ende der Vita kommt Vasari auf sich selbst und den großen Familienaltar zu sprechen, den er für den Hauptchor der Pieve in Arezzo, adlige Bestattungsformen imitierend, für alle Abkömmlinge des Hauses Vasari entworfen hatte. Während er in seiner Autobiographie allein die religiösen Bildwerke an diesem Altar beschreibt, geht er in der Vita des Lazzaro auf die daran ebenfalls befindlichen Porträts seiner Ahnen ein. Als einzige Frau wird dabei seine Mutter namentlich erwähnt.

Vasari ist sich der dünnen Beweislage für das angebliche künstlerische Schaffen Lazzaros bewußt. Ganze fünf Mal bürgt er deshalb selbst für seine Zuschreibungen mit den Worten »lo pruovo in me stesso«. Manchen Beleg hätte er sicher erbringen können, wenn die schriftlichen Zeugnisse nicht »immer wieder von den Soldaten zerstört worden« wären, betont der Autor.

Interessant ist damit weniger Lazzaro, der in den erhaltenen Dokumenten als Sattler geführt wird, als vielmehr Vasaris Vorgehen, seinen persönlichen Künstlerahnen zu kreieren und mündliche Familienüberlieferung zur Beweisführung zu verdichten.

Vasari zählt in der revidierten, mehr als verdoppelten Fassung der Vita von 1568 verschiedene Arbeitsfelder auf, in denen sein Urgroßvater tätig gewesen sei: Neben Sätteln und Pferdeharnischen habe er Glasfenster, Bruderschaftsbanner und Hochzeitstruhen gefertigt und Fresken gemalt. Qualitativ sei er Piero della Francesca, mit dem er eng befreundet gewesen sei, in nichts nachgestanden. Im Zeichnen sei er sehr gut gewesen, genauso in der Perspektive, bei Aktbildnissen und der Darstellung einer Vielzahl von Gefühlen. In seinen Entwürfen habe er Erfindungsreichtum bewiesen und beständig künstlerische Studien betrieben.

Auch konkrete Werke nennt der Autor: das Fresko eines Heiligen Vinzenz Ferrer in San Domenico in Arezzo mit dem Wappen der Familie Vasari und Zeichnungen im Libro de’ disegni, der persönlichen Sammlung Vasaris.

Während Vasari seinen Urgroßvater Lazzaro also zum malenden Urvater der Familie Vasari stilisiert, war es vielmehr sein Großvater Giorgio, der die Familie mit den Künsten in Verbindung bringen und auch erste Kontakte zu den Medici pflegen sollte. Laut seines Enkels hatte Giorgio der Ältere vor den Toren Arezzos eine etruskische Töpferwerkstatt und die etruskische Vasenmaltechnik wiederentdeckt und vier vollständig erhaltene Vasen geborgen, die er Lorenzo de’ Medici schenkte. Spätestens hier wird klar, daß Vasari nicht auf die künstlerische Fama seiner Urahnen um ihrer selbst willen beharrt, sondern daß es ihm darum geht, den von ihm persönlich erreichten sozialen Aufstieg rückwirkend in seiner Familie zu zementieren. In den 1560er Jahren gehört Vasari zu einem Kreis von Personen, die in Rom für Cosimo und Francesco de’ Medici als Vermittler für Ankäufe antiker Statuen tätig sind. Nicht von ungefähr stellt er deshalb seinen Großvater als Archäologen, Antikenkenner und Wiederentdecker der etruskischen Töpferkunst heraus: Urgroßvater und Großvater antizipieren die Maßstäbe von Vasaris Wertesystem, knüpfen erste Kontakte zur Familie seines Förderers und Auftraggebers und markieren ganz nebenbei Arezzo als Wiege der Künste auf der toskanischen Landkarte.

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Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler

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