Читать книгу Großer Bruder sein - Gisela Sachs - Страница 10

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1. Kapitel

Die Schulglocke läutet. Christian Schneider springt vom Stuhl auf, reißt seine Arme hoch in die Luft, brüllt

»Schuuuulferieen« und führt einen Indianerfreudentanz auf. Danach fegt er seine Sachen vom Tisch direkt in seinen Schulrucksack: das Zahlenreisebuch, das Matheheft, die Buntstiftbox, das große Holzlineal. Die Klassenkameraden grölen. Der Mathelehrer lacht.

Christians Sitznachbar und bester Freund Davide grinst nur, er kennt den Indianerfreudentanz schon. Christian führt immer Indianerfreudentänze auf, wenn er sich besonders arg freut. Und das ist ziemlich oft. Christian Schneider ist ein fröhliches, temperamentvolles Kind.

Christian und Davide sind nicht nur Sitznachbarn in der Schule, sie sind auch Wohnungsnachbarn. Fast jedenfalls. Sie sind keine Nachbarn, die Tür an Tür oder Haus an Haus wohnen, nein, sie wohnen sozusagen Straße an Straße. Christian Schneider wohnt mit seinem Papa und seiner Mama in der Vogelsangstraße Nummer eins, Davide Romano mit seinen Eltern, den Großeltern, drei älteren Brüdern und zwei jüngeren Schwestern in der Lerchenstraße Nummer sechs.

Die Vogelsangstraße und die Lerchenstraße sind Parallelstraßen. Das hört sich etwas kompliziert an, ist es aber nicht.

»Ein Butterbrotbiss weit entfernt«, meint Christians Mutter. Christian weiß es aber besser. Er hat die Schritte von der Vogelsangstraße Nummer eins bis in die Lerchenstraße Nummer sechs gezählt. Tagelang. Jeden Morgen vor der Schule. Und jeden Mittag nach der Schule. Mit Schuhen. Und ohne Schuhe. Es sind genau 66 Schritte.

Die Brüder von Davide heißen Valentin, Vito und Vincente, die zwei Jahre alten Zwillingsmädchen, Violetta und Valentina. Bei der Familie Romano fangen alle Kindernamen mit V an. Das hatte der Vater Victor so gewollt. Nur bei Davide haben die Eltern eine Ausnahme gemacht. Aber warum das so ist, das weiß niemand.

»Das ist ein Familiengeheimnis«, grinst Vater Victor, wenn er darauf angesprochen wird. Von den Eltern, Geschwistern, Großeltern, Freunden und Verwandten wird Davide liebevoll Davie genannt.

Davides Großeltern wohnen im Erdgeschoss des dreistöckigen Backsteinhauses in der Lerchenstraße Nummer sechs, die junge Familie Romano bewohnt das zweite und dritte Stockwerk. Die Erdgeschossbewohner- großeltern sind die Eltern von Davides deutscher Mama Laura.

Die Eltern von Vater Victor sowie dessen unverheiratete Schwester Maria wohnen im Haus nebenan, direkt über dem Restaurant ‚La Toscana’, welches die Großfamilie Romano schon seit vielen Jahren betreibt, in der Lerchenstraße Nummer sieben.

Christians Mutter Marie und Davides Mutter Laura kennen sich schon seit Kindertagen. Sie waren im gleichen Kindergarten, besuchten dieselbe Grundschule, das gleiche Gymnasium. Und viele Jahre später heirateten sie am selben Tag in derselben Kirche. Aber das mit dem Heiraten und der Kirche war ein Zufall. Laura und Marie hatten sich für ein paar Jahre aus den Augen verloren. Aber das ist eine andere Geschichte.

Großer Bruder sein

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