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Begegnung

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Ding-dong, „Melaten“. In sein Blickfeld schob sich der Friedhof. Der Fahrer zog den armlangen Hebel mit der linken Hand auf sich zu, der Zug verlor Geschwindigkeit, immer mehr, bis er stand. Ein Druck auf den Knopf, die Türen sprangen auf, ein rotes Licht brachte Unruhe in sein Armaturenbrett.

Ein Mann, Ende vierzig, stieg ein. Der einzige neue Fahrgast. „Ich möchte nach Bensberg. Wo muss ich aussteigen, um zum Rathaus zu kommen?“

„Steigen Sie an der Endstation aus!“

Das Gesicht kam ihm bekannt vor. Der Fahrgast setzte sich auf einen Sitz im vorderen Bereich des Wagens, zog sich Schal und Wollmütze aus. Die Türen schlossen sich, das rote Licht erstarb, es klingelte schrill, der Zug setzte sich in Bewegung.

Der Fahrer beobachtete ihn im Innenspiegel, entdeckte das Gesicht von Jürgen in seinen Zügen wieder. Jürgen war mehrere Jahre sein Schulfreund gewesen, seit Jahrzehnten hatte er ihn aus den Augen verloren.

Er kroch am Boden der Häuserschluchten entlang, war eine Schlange, gelb-schwarz, mit einem Auge. Hahnentor, Neumarkt, Deutzer Brücke, die Domtürme im Nebel, Autos mit weißen Augen. Jürgen war nicht zu sehen. Die Fahrgäste standen dicht gedrängt und atmeten die Scheiben blind. Manche versuchten, ein Guckloch mit den Fingern frei zu wischen, doch die Fläche beschlug nach kurzer Zeit wieder.

Jürgen und er auf einem Baum, die Beine baumelnd, der Boden voller Buschwindröschen, sie pflückten zwei Sträuße. Jürgen und er im Bach watend, bauen einen Staudamm. Holen dann Holz mit einem Leiterwagen oder fahren Rollschuh. Eines Tages fuhr er morgens in die Stadt zur Schule, lernte andere Leute kennen, zog bald ganz weg.

Im Tunnel drehte er voll auf, ist ein Geschoss, eine Rakete. Grünes Licht, siebzig Kilometer, vorne die Raumstation, wird immer größer, Licht umfängt ihn, Menschen warten. Oben regnet es, Sekundentakt der Scheibenwischer.

Er ließ seinen Zug die Tonleiter absingen, immer wieder, herauf und herunter. Stadtgrenze. Viele waren schon ausgestiegen, Jürgen schlief, hatte sich zum Fenster gedreht, als wollte er dort Luft herholen. Zusammengefaltet saß er in der Ecke, gemieden wie ein Betrunkener.

Soll ich ihn gleich ansprechen? Jürgen, alter Kumpel, erkennst du mich wieder? Ich bin der Thomas. Wie geht es dir denn? Wo hast du dich nur die ganze Zeit herumgetrieben? Lass dich ansehen! Gut siehst du aus. Er wusste nicht, ob er das wollte.

Er jagte seinen Zug an alten Villen und gepflegten Einfamilienhäusern vorbei, drang in Küchen ein, störte Mittagsschlaf. Vor ihm lag die Schlossstadt, er fuhr in den Tunnel ein, Endstation.

Fast wäre er mit Jürgen alleine gewesen, nur ein paar Jugendliche hinten im Wagen standen schon an der Tür.

„Endstation. Die Fahrgäste werden gebeten, die Bahn zu verlassen.“

Jürgen war betrunken, er rührte sich nicht. Der Zugführer ging zu ihm, sprach auf ihn ein, stellte sich dicht neben ihn, berührte ihn an der Schulter. Keine Reaktion. Schließlich drehte er dessen Kopf zu sich, wollte den Schläfer genauer sehen. Jetzt sah er, was er nicht glauben wollte, Jürgen schien nicht mehr zu atmen.

Als Jungen hatten sie sich manchmal totgestellt, die Luft angehalten, regungslos ein oder zwei Minuten in bestimmten Stellungen ausgeharrt, konnten es aber schließlich nicht mehr ertragen und waren explodiert vor Lachen, hatten sich geschüttelt wie nasse Hunde. Heute hatte er keine Hoffnung, dass Jürgen wieder ihr altes Spiel spielte, ihn nur überraschen wollte.

Vorsichtig legte er ihn auf die Bank, formte aus Mütze und Schal ein Kissen, legte den Kopf darauf, drehte ihn zur Seite. Langsam schritt er dann zu seinem Funksprechgerät und rief den Rettungsdienst an.



Fregatte in grüner Flusslandschaft

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