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SECHSTER AUFTRITT

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Der Tempelherr und Daja, die den Tempelherrn schon eine Zeitlang von weitem beobachtet hatte und sich nun ihm nähert.

Daja. Der Klosterbruder, wie mich dünkt, ließ in Der besten Laun’ ihn nicht. — Doch muß ich mein Paket nur wagen.

Temrelherr. Nun, vortrefflich! — Lügt

Das Sprichwort wohl: daß Mönch und Weib, und Weib

Und Mönch des Teufels beide Krallen sind?

Er wirft mich heut aus einer in die andre.

Daja. Was seh ich? —Edler Ritter, Euch? — Gott Dank!

Gott tausend Dank! — Wo habt Ihr denn

Die ganze Zeit gesteckt? Ihr seid doch wohl

Nicht krank gewesen?

Tempelherr. Nein.

Daja. Gesund doch?

Tempelherr. Ja.

Daja. Wir waren Euretwegen wahrlich ganz

Bekümmert.

Tempelherr. SO?

Daja. Ihr war’t gewiß verreist?

Tempelherr. Erraten!

Daja. Und kamt heut erst wieder?

Tempelherr. Gestern.

Daja. Auch Rechas Vater ist heut angekommen. Und nun darf Recha doch wohl hoffen?

Tempelherr. Was?

Daja. Warum sie Euch so öfters bitten lassen.

Ihr Vater ladet Euch nun selber bald

Aufs dringlichste. Er kommt von Babylon,

Mit zwanzig hochbeladenen Kamelen

Und allem, was an edeln Spezereien,

An Steinen und an Stoffen Indien

Und Persien und Syrien, gar Sina

Kostbares nur gewähren.

Tempelherr. Kaufe nichts.

Daja. Sein Volk verehret ihn als einen Fürsten.

Doch daß es ihn den weisen Nathan nennt,

Und nicht vielmehr den reichen, hat mich oft

Gewundert.

Tempelherr. Seinem Volk ist reich und weise Vielleicht das nämliche.

Daja. Vor allem aber

Hätt’s ihn den Guten nennen müssen. Denn

Ihr stellt Euch gar nicht vor, wie gut er ist.

Als er erfuhr, wie viel Euch Recha schuldig:

Was hätt’, in diesem Augenblicke, nicht

Er alles Euch getan, gegeben!

Tempelherr. Ei!

Daja. Versucht’s und kommt und seht!

Tempelherr. Was denn? Wie schnell

Ein Augenblick vorüber ist?

Daja. Hätt’ ich,

Wenn er so gut nicht wär’, es mir so lange

Bei ihm gefallen lassen? Meint Ihr etwa,

Ich fühle meinen Wert als Christin nicht?

Auch mir ward’s vor der Wiege nicht gesungen,

Daß ich nur darum meinem Eh’gemahl

Nach Palästina folgen würd’, um da

Ein Judenmädchen zu erziehn. Es war

Mein lieber Eh’gemahl ein edler Knecht

In Kaiser Friedrichs Heere —

Tempelherr. Von Geburt

Ein Schweizer, dem die Ehr’ und Gnade ward,

Mit Seiner Kaiserlichen Majestät

In einem Flusse zu ersaufen. — Weib!

Wievielmal habt Ihr mir das schon erzählt?

Hört Ihr denn gar nicht auf, mich zu verfolgen?

Daja. Verfolgen! Lieber Gott!

Tempelherr. Ja, ja, verfolgen,

Ich will nun einmal Euch nicht weiter sehn!

Nicht hören! Will von Euch an eine Tat

Nicht fort und fort erinnert sein, bei der

Ich nichts gedacht; die, wenn ich drüber denke,

Zum Rätsel vor mir selbst mir wird. Zwar möcht’

Ich sie nicht gern bereuen. Aber seht,

Ereignet so ein Fall sich wieder: Ihr

Seid Schuld, wenn ich so rasch nicht handle; wenn

Ich mich vorher erkund’ — und brennen lasse,

Was brennt.

Daja. Bewahre Gott!

Tempelherr. Von heut’ an tut

Mir den Gefallen wenigstens und kennt

Mich weiter nicht. Ich bitt’ Euch drum. Auch laßt

Den Vater mir vom Halse. Jud’ ist Jude.

Ich bin ein plumper Schwab. Des Mädchens Bild

Ist längst aus meiner Seele, wenn es je

Da war.

Daja. Doch Eures ist aus ihrer nicht.

Tempelherr. Was soll’s nun aber da? Was soll’s?

Daja. Wer weiß!

Die Menschen sind nicht immer, was sie scheinen.

Tempelherr. Doch selten etwas Bessers. (Er [geht.)

Daja. Wartet doch!

Was eilt Ihr?

Tempelherr. Weib, macht mir die Palmen nicht

Verhaßt, worunter ich so gern sonst wandle.

Daja. So geh’, du deutscher Bär! So geh’! — Und doch

Muß ich die Spur des Tieres nicht verlieren.

(Sie geht ihm von weitem nach.)

Nathan der Weise

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