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FÜNFTER AUFTRITT
ОглавлениеSzene: Ein Platz mit Palmen,
unter welchen der Tempelherr auf und nieder geht. Ein Klosterbruder folgt ihm in einiger Entfernung von der Seite, immer als ob er ihn anreden wolle.
Tempelherr. Der folgt mir nicht vor langer Weile! — Sieh,
Wie schielt er nach den Händen! — Guter Bruder, . . .
Ich kann Euch auch wohl Vater nennen, nicht?
Klosterbruder. Nur Bruder. — Laienbruder nur, zu dienen.
Tempelherr. Ja, guter Bruder, wer nur selbst was hätte!
Bei Gott! Bei Gott! Ich habe nichts —
Klosterbruder. Und doch
Recht warmen Dank! Gott geb’ Euch tausendfach,
Was Ihr gern geben wolltet. Denn der Wille,
Und nicht die Gabe macht den Geber. — Auch
Ward ich dem Herrn Almosens wegen gar
Nicht nachgeschickt.
Tempelherr. Doch aber nachgeschickt?
Klosterbruder. Ja, aus dem Kloster.
Tempelherr. Wo ich eben jetzt Ein kleines Pilgermahl zu finden hoffte?
Klosterbruder. Die Tische waren schon besetzt: komm’ aber
Der Herr nur wieder mit zurück.
Tempelherr. Wozu?
Ich habe Fleisch wohl lange nicht gegessen:
Allein was tut’s? Die Datteln sind ja reif.
Klosterbruder. Nehm’ sich der Herr in Acht mit dieser Frucht.
Zu viel genossen taugt sie nicht: Verstopft
Die Milz, macht melancholisches Geblüt.
Tempelherr. Wenn ich nun melancholisch gern mich fühlte?
Doch dieser Warnung wegen wurdet Ihr
Mir doch nicht nachgeschickt?
Klosterbruder. O nein! — Ich soll Mich nur nach Euch erkunden, auf den Zahn
Euch fühlen.
Tempelherr. Und das sagt Ihr mir so selbst?
Klosterbruder. Warum nicht?
Tempelherr. (Ein verschmitzter Bruder!) — Hat
Das Kloster Euresgleichen mehr?
Klosterbruder. Weiß nicht.
Ich muß gehorchen, lieber Herr.
Tempelherr. Und da
Gehorcht Ihr denn auch, ohne viel zu klügeln?
Klosterbruder. Wär’s sonst gehorchen, lieber Herr?
Tempelherr. (Daß doch
Die Einfalt immer Recht behält!) — Ihr dürft
Mir doch auch wohl vertrauen, wer mich gern
Genauer kennen möchte? — Daß Ihr’s selbst
Nicht seid, will ich wohl schwören.
Klosterbruder. Ziemte mir’s? Und frommte mir’s?
Tempelherr. Wem ziemt und frommt es denn,
Daß er so neubegierig ist? Wem denn?
Klosterbruder. Dem Patriarchen, muß ich glauben. — Denn
Der sandte mich Euch nach.
Tempelherr. Der Patriarch?
Kennt der das rote Kreuz auf weißem Mantel Nicht besser?
Klosterbruder. Kenn’ ja ich’s!
Tempelherr. Nun, Bruder? Nun: —
Ich bin ein Tempelherr, und ein gefangner. —
Setz’ ich hinzu: gefangen bei Tebnin,
Der Burg, die mit des Stillstands letzter Stunde
Wir gern erstiegen hätten, um sodann
Auf Sidon loszugehn; — setz’ ich hinzu:
Selbzwanzigster gefangen und allein
Vom Saladin begnadiget: so weiß
Der Patriarch, was er zu wissen braucht. —
Mehr, als er braucht.
Klosterbruder. Wohl aber schwerlich mehr,
Als er schon weiß. — Er wüßt’ auch gern, warum
Der Herr vom Saladin begnadigt worden;
Er ganz allein.
Tempelherr. Weiß ich das selber? — Schon
Den Hals entblößt, kniet’ ich auf meinem Mantel,
Den Streich erwartend: als mich schärfer Saladin
Ins Auge faßt, mir näher springt und winkt.
Man hebt mich auf; ich bin entfesselt; will
Ihm danken; seh’ sein Aug’ in Tränen: stumm
Ist er, bin ich; er geht, ich bleibe. — Wie
Nun das zusammenhängt, enträtsele
Der Patriarch sich selbst.
Klosterbruder. Er schließt daraus,
Daß Gott zu großen, großen Dingen Euch
Muß auf behalten haben.
Tempelherr. Ja, zu großen!
Ein Judenmädchen aus dem Feu’r zu retten;
Auf Sinai neugier’ge Pilger zu
Geleiten, und dergleichen mehr.
Klosterbruder. Wird schon
Noch kommen! — Ist inzwischen auch nicht übel.
Vielleicht hat selbst der Patriarch bereits
Weit wicht’gere Geschäfte für den Herrn.
Tempelherr. SO? Meint ihr, Bruder? — Hat er gar Euch schon
Was merken lassen?
Klosterbruder. Ei, ja wohl! — Ich soll
Den Herrn nur erst ergründen, ob er so
Der Mann wohl ist.
Tempelherr. Nun ja, ergründet nur!
(Ich will doch sehn, wie er ergründet!) — Nun?
Klosterbruder. Das Kürz’ste wird wohl sein, daß ich dem Herrn
Ganz gradezu des Patriarchen Wunsch
Eröffne.
Tempelherr. Wohl!
Klosterbruder. Er hätte durch den Herrn Ein Briefchen gern bestellt.
Tempelherr. Durch mich? Ich bin
Kein Bote. — Das, das wäre das Geschäft,
Das weit glorreicher sei, als Judenmädchen
Dem Feu’r entreißen?
Klosterbruder. Muß doch wohl! — Denn —
Der Patriarch — an diesem Briefchen sei [sagt
Der ganzen Christenheit sehr viel gelegen.
Dies Briefchen wohl bestellt zu haben — sagt
Der Patriarch — werd’ einst im Himmel Gott
Mit einer ganz besondren Krone lohnen.
Und dieser Krone — sagt der Patriarch —
Sei niemand würd’ger, als mein Herr.
Tempelherr. Als ich?
Klosterbruder. Denn diese Krone zu verdienen — sagt
Der Patriarch — sei schwerlich jemand auch
Geschickter, als mein Herr.
Tempelherr. Als ich?
Klosterbruder. Er sei
Hier frei; könn’ überall sich hier besehn;
Versteh’, wie eine Stadt zu stürmen und
Zu schirmen; könne — sagt der Patriarch —
Die Stärk’ und Schwäche der von Saladin
Neu aufgeführten, innern, zweiten Mauer
Am besten schätzen, sie am deutlichsten
Den Streitern Gottes — sagt der Patriarch —
Beschreiben.
Tempelherr. Guter Bruder, wenn ich doch
Nun auch des Briefchens nähern Inhalt wüßte.
Klosterbruder. Ja den — den weiß ich nun wohl nicht so recht.
Das Briefchen aber ist an König Philipp. —
Der Patriarch . . . Ich hab’ mich oft gewundert,
Wie doch ein Heiliger, der sonst so ganz
Im Himmel lebt, zugleich so unterrichtet
Von Dingen dieser Welt zu sein herab
Sich lassen kann. Es muß ihm sauer werden.
Tempelherr. Nun denn? Der Patriarch? —
Klosterbruder. Weiß ganz genau,
Ganz zuverlässig, wie und wo, wie stark,
Von welcher Seite Saladin, im Fall
Es völlig wieder los geht, seinen Feldzug
Eröffnen wird.
Tempelherr. Das weiß er?
Klosterbruder. Ja, und möchteʼ
Es gern den König Philipp wissen lassen:
Damit er ungefähr ermessen könne,
Ob die Gefahr denn gar so schrecklich, um
Mit Saladin den Waffenstillstand,
Den Euer Orden schon so brav gebrochen,
Es koste, was es wolle, wieder her
Zu stellen.
Tempelherr. Welch ein Patriarch! — Ja so!
Der liebe tapfre Mann will mich zu keinem
Gemeinen Boten; will mich — zum Spion. —
Sagt Eurem Patriarchen, guter Bruder,
So viel Ihr mich ergründen können, wär’
Das meine Sache nicht. — Ich müsse mich
Noch als Gefangenen betrachten; und
Der Tempelherren einziger Beruf
Sei, mit dem Schwerte dreinzuschlagen, nicht
Kundschafterei zu treiben.
Klosterbruder. Dacht’ ich’s doch! —
Will’s auch dem Herrn nicht eben sehr verübeln.
Zwar kommt das Beste noch. — Der Patriarch
Hiernächst hat ausgegattert, wie die Feste
Sich nennt und wo auf Libanon sie liegt,
In der die ungeheuren Summen stecken,
Mit welchen Saladins vorsicht’ger Vater
Das Heer besoldet, und die Zurüstungen
Des Kriegs bestreitet. Saladin verfügt
Von Zeit zu Zeit auf abgelegnen Wegen
Nach dieser Feste sich, nur kaum begleitet. —
Ihr merkt doch?
Tempelherr. Nimmermehr!
Klosterbruder. Was wäre da
Wohl leichter, als des Saladins sich zu
Bemächtigen? Den Garaus ihm zu machen? —
Ihr schaudert? — O, es haben schon ein paar
Gott’sfürcht’ge Maroniten sich erboten,
Wenn nur ein wackrer Mann sie führen wolle,
Das Stück zu wagen.
Tempelherr. Und der Patriarch
Hätt’ auch zu diesem wackern Manne mich
Ersehn?
Klosterbruder. Er glaubt, daß König Philipp
Von Ptolemais aus die Hand hierzu [wohl
Am besten bieten könne.
Tempelherr. Mir? Mir, Bruder?
Mir? Habt Ihr nicht gehört? Nur erst gehört,
Was für Verbindlichkeit dem Saladin
Ich habe?
Klosterbruder. Wohl hab’ ich’s gehört.
Tempelherr. Und doch?
Klosterbruder. Ja — meint der Patriarch — das wär’ schon gut:
Gott aber und der Orden . . .
Tempelherr. Ändern nichts!
Gebieten mir kein Bubenstück!
Klosterbruder. Gewiß nicht!
Nur — meint der Patriarch — sei Bubenstück
Vor Menschen nicht auch Bubenstück vor Gott.
Tempelherr. Ich wär’ dem Saladin mein Leben schuldig:
Und raubt’ ihm seines?
Klosterbruder. Pfui! — Doch bliebe — meint
Der Patriarch — noch immer Saladin
Ein Feind der Christenheit, der Euer Freund
Zu sein, kein Recht erwerben könne.
Tempelherr. Freund?
An dem ich bloß nicht will zum Schurken werden,
Zum undankbaren Schurken?
Klosterbruder. Allerdings! —
Zwar — meint der Patriarch — des Dankes sei
Man quitt, vor Gott und Menschen quitt, wenn uns
Der Dienst um unsertwillen nicht geschehen.
Und da verlauten wolle — meint der Patriarch —
Daß Euch nur darum Saladin begnadet,
Weil ihm in Eurer Mien’, in Eurem Wesen
So was von seinem Bruder eingeleuchtet . . .
Tempelherr. Auch dieses weiß der Patriarch; und doch? —
Ah! Wäre das gewiß! Ah, Saladin! —
Wie? Die Natur hätt’ auch nur einen Zug
Von mir in deines Bruders Form gebildet:
Und dem entspräche nichts in meiner Seele?
Was dem entspräche, könnt’ ich unterdrücken,
Um einem Patriarchen zu gefallen? —
Natur, so lügst du nicht! So widerspricht
Sich Gott in seinen Werken nicht! — Geht, Bruder!
Erregt mir meine Galle nicht! — Geht! Geht!
Klosterbruder. Ich geh’, und geh’ vergnügter, als ich kam.
Verzeihe mir der Herr. Wir Klosterleute
Sind schuldig, unsern Obern zu gehorchen.