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DAS COVER

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war köstlich: Für die Vorderseite hatte man sich den Reklame-Comicstrip eines Reisebüros ausgeliehen, auf dem sich glückliche Touristen am Strand, in einem Nachtclub, auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer tummelten und ihren Urlaub in Sprechblasen lobten, aus denen Jamie Reid die Werbesprüche entfernt und die er mit den Worten gefüllt hatte, die Johnny Rotten auf dem Vinyl singt: »Ein billiger Urlaub im Elend anderer Leute!« Auf der Rückseite fand sich eine idyllische Familienszene, Essenszeit, ein Foto, auf das Reid kleine Kommentare geklebt hatte: »nettes Bild«, »nette Möbel«, »nettes Zimmer«, »nette Dame mittleren Alters«, »netter Mann mittleren Alters«, »nettes Essen«, »nettes Foto«, »netter junger Mann«, »nette junge Dame«, »nette Geste« (der nette junge Mann hält die Hand der netten jungen Dame), »nettes kleines Mädchen« (es streckt gerade die Zunge raus) und sogar, am unteren Rand, »nette Plattenhülle«. »I don’t want a holiday in the sun«, setzte Johnny Rotten ein, »I want to go to the new Belsen.«

Und das tat er. Los ging’s nach Deutschland, hinter ihm die marschierenden Füße von Pauschaltouristen, angezogen von dem Schreckgespenst des KZ, das für die Briten die gleiche Funktion erfüllt wie Auschwitz für die Amerikaner: ein Symbol des modernen Bösen. »Ich will ein bisschen Geschichte sehen«, sagt er, doch die Geschichte ist unerreichbar; Belsen liegt hier gar nicht in Deutschland, sondern in etwas, das man »Ostdeutschland« nannte, weniger Ort als ideologisches Konstrukt, und so findet sich Johnny Rotten am Fuß der Berliner Mauer wieder, des ideologischen Konstruktes, das die Trennung zwischen den beiden die Welt beherrschenden Gesellschaftssystemen symbolisiert, eine Welt, die mehr so wie jetzt ist, als sie es je war.

Johnny Rotten steht an der Berliner Mauer. Leute glotzen ihn an, er findet es unerträglich; der Lärm marschierender Füße wird lauter, auch das findet er unerträglich. Als die Band hinter ihm in Raserei gerät, fängt er an zu schreien: Er will über die Mauer. Sind dort die echten Nazis? Ist Ost-Berlin so, wie der Westen in der von ihm bereits prophezeiten Nicht-Zukunft aussehen wird? Er kann nicht anders, er will unter der Mauer durch. Offenbar weiß er nicht, was er singt, aber die Musik treibt weiter und zwängt den Hörer ein wie die schrumpfende Kammer bei Edgar Allan Poe. Die Brüche in Johnny Rottens Stimme sind aberwitzig; kaum spricht er ein Wort aus, schon explodiert es in seinem Mund. Der Song macht wohl auch deshalb Angst, weil er scheinbar keinen Sinn ergibt, den Hörer aber dennoch in seine Absurdität hineinzieht und dort gestrandet zurücklässt; Zeit und Ort sind festgelegt, man könnte seine Position auf einer Karte bestimmen und wäre doch nirgendwo. Die einzige Entsprechung ist genauso festgelegt und genauso vage.

Lipstick Traces

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