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Wie läuft‘s?

Fernreise mit Kleinkind


Der Hamburger Dr. med. Robin Kobbe (40) ist nicht nur Kinderarzt, sondern auch Tropenmediziner. Der Vater von zwei Kindern (1,5 und 5 Jahre) hat unter anderem ein Jahr in Ghana geforscht und dort Kinder mit unterschiedlichsten Erkrankungen behandelt. Seit 2007 arbeitet der Arzt in der Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).

Interview: Geraldine Friedrich

Es gibt Empfehlungen, die besagen, Eltern sollten Fernreisen mit Kindern unter fünf Jahren vermeiden, speziell in die Tropen. Teilen Sie diese Einschätzung?

Dr. Kobbe: Ich halte nichts von pauschalen Empfehlungen, denn die gehen am Leben vorbei. Es gibt Menschen, die haben ihre halbe Verwandtschaft in Afrika. Wir nennen diese Gruppe „Visiting Friends and Relatives“ (VFRs). Oder es gibt Familien, die aus beruflichen Gründen ins außereuropäische Ausland müssen. Denen kann ich nicht sagen, dass sie einfach nicht fahren sollen. In solchen Fällen geht es einfach darum, die bestmöglichen Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko einer Krankheit zu minimieren. Sei es durch Impfungen, medikamentöse Prophylaxe oder Verhaltensmaßregeln.

Was sind denn die häufigsten gesundheitlichen Probleme bei Kindern auf Fernreisen?

Durchfallerkrankungen sind sehr häufig und gerade bei Babys und Kleinkindern problematisch. Es besteht durch den Flüssigkeitsverlust die Gefahr, dass sie austrocknen. Zweitens: Fieberhafte Erkrankungen der Atemwege, vor allem der oberen Luftwege. Die gibt es bei uns aber genauso wie in den Tropen. Drittens kommen Verkehrs- und Badeunfälle, dann erst kommen Tropenerkrankungen wie Malaria. Da diese aber sehr schwer bis tödlich verlaufen können, wollen Eltern und Ärzte natürlich gerade letztere vermeiden. Wir hatten am UKE dieses Jahr drei Kinder mit einer komplizierten Malaria auf der Intensivstation. Gerade Kinder aus der Gruppe der VFRs haben ein erhöhtes Risiko, bestimmte Tropenkrankheiten wie Malaria, Dengue Fieber, Salmonellosen und Hepatitis zu importieren (Näheres auf www.gesundes-reisen.de unter Reiseinformationen/Alter/Reisen mit Kindern). Insgesamt haben wir in Deutschland etwa 600 bis 1000 Malariafälle, davon sind 10 Prozent Kinder. 10 Prozent der Erkrankungen verlaufen schwer.

Für weitere Infos: www.gesundes-reisen.de

Warum haben gerade diese Kinder ein erhöhtes Risiko?

Für Menschen jenseits des kritischen Kindesalters aus tropischen Ländern zählt eine Malaria, verkürzt gesagt, zum jährlichen Rhythmus wie für Europäer eine Erkältung. Sie haben nach jahrelangen Aufenthalten in Malariahochrisikogebieten eine Teilimmunität entwickelt, Malariainfektionen verlaufen in dieser Gruppe deutlich milder. Allerdings berücksichtigen Migranten nicht, dass sie diese Teilimmunisierung nach längerem Aufenthalt in der westlichen Welt verlieren. Damit bringen sie nicht nur sich selbst bei einem Familienbesuch in Gefahr, sondern auch ihre nichtafrikanischen Partner und Kinder. Insbesondere dann, wenn sie auf notwendige Vorkehrungen wie eine Prophylaxe verzichten. Wer mit Kindern in ein Malariarisikogebiet reist, muss diese schützen, mit medikamentöser Prophylaxe, richtiger Kleidung (hell und langärmelig) und einem imprägnierten Moskitonetz. Diese Hochrisikogruppe nimmt übrigens zahlenmäßig zu.

Sie erwähnen Verkehrs- und Badeunfälle – wie können Eltern hier die Risiken minimieren?

Reisende Eltern sollten sich bewusst sein, dass nicht überall die deutschen Sicherheitsstandards herrschen, zum Beispiel bei Autos oder Hotelpools. Es sind schon Kinder in Deutschland ertrunken, weil Absaugrohre nicht vorschriftsmäßig geschützt waren. Im außereuropäischen Ausland sind die Pools eher noch weniger gesichert. Bezüglich Mietwagen hilft es schon enorm, wenn Reisende genau wissen, was auf sie zukommt. Ob es ein Auto mit Sicherheitsgurten ist, die vielfach in Afrika nicht üblich sind, ob es Kindersitze hat, ob ich selbst fahre oder einen Fahrer habe. Und natürlich, wie die Straßenverhältnisse sind. Gerade in Afrika würde ich jedem raten, nachts nicht Auto zu fahren, da hier aufgrund fehlender Straßenbeleuchtung und allgemein schlechten Straßenverhältnissen die meisten Unfälle passieren.

Welche Reiseziele sollten Kleinkind-Eltern vermeiden?

Alle, in denen Malaria und Gelbfieber auftreten. Es gibt zwar Malariaprophylaxe (frühestens ab fünf Kilo Körpergewicht) und Gelbfieberimpfungen (frühestens für Kinder ab dem 9. Monat), aber Eltern sollten wirklich genau überlegen, ob sie ihrem Kind diese Impfung bzw. Prophylaxe für eine Erlebnisreise zumuten wollen. Das Kind selbst wird sich an diese Reise nie erinnern. Da rate ich, noch etwas zu warten. Dagegen ist es überhaupt kein Problem, mit einem unter Fünfjährigen einen Badeurlaub in touristisch erschlossenen Regionen Thailands oder Indiens zu verbringen. Ich selbst war mit meinem Sohn in Thailand, als er drei Jahre alt war. Bei Reisen in diese beiden Länder rät die deutsche Tropenmedizinische Gesellschaft (DTG) meist von einer Malaria–prophylaxe ab, weil Nebenwirkungen wahrscheinlicher sind als der zu erwartende Nutzen. Infektionen sind dort in den meisten Gebieten sehr selten geworden.

Welche Nachteile können denn Gelbfieberimpfung oder Malariaprophylaxe für ein Baby bzw. Kleinkind haben?

Wenn ich mit Kleinkindern in Risikogebiete fahre, in denen eine medikamentöse Malariaprophylaxe empfohlen wird, muss ich die möglichen Nebenwirkungen, wie Übelkeit und Durchfall (Atovaquon plus Proguanil, Malarone®), oder auch seltene neuropsychische Veränderungen (Mefloquine, Lariam®) in Kauf nehmen, denn im Falle einer Erkrankung ist das Risiko eines tödlichen Verlaufes gegeben, und demnach das Verzichten auf eine medikamentöse Prophylaxe denkbar risikoreicher. Bei sehr jungen Säuglingen, die gegen Gelbfieber geimpft wurden, wurden tödliche Verläufe beobachtet. Es handelt sich hierbei um einen so genannten Lebendimpfstoff. Als mögliche Erklärung für diese seltenen tödlichen Verläufe werden neben dem unreifen Immunsystem sehr junger Kinder unentdeckte angeborene Immundefekte vermutet. Daher rät die DTG von Gelbfieberimpfungen bei Kindern unter 9 Monaten ab. Unbedingt aber rate ich dazu, Kinder gegen Hepatitis A impfen zu lassen, wenn Eltern mit ihnen in die Tropen bzw. Subtropen reisen, auch bei Reisen z.B. in die Türkei. Wichtig: Eltern sollten sich vor der Reise bei ihrem Kinderarzt beraten lassen, bei sehr exotischen Ländern oder Abenteuerreisen rate ich zu einer individuellen Impfberatung in einem Tropeninstitut.


Der Tipp der Reiseratte:

Sämtliche Tropenmedikamente müssen vom Arzt samt Dosierungsempfehlung verschrieben werden. Eine tropenmedizinische Beratung sollte mindestens sechs Wochen vor Abflug stattfinden, denn dann können Eltern verpasste Impfungen bei ihren Kindern und sich selbst noch nachholen. Die Beratung an sich geht beim eigenen Arzt, funktioniert aber auch telefonisch über das Reisemedizinische Zentrum des Bernhard-Nocht-Instituts in Hamburg: Telefon 0900 1234 999, montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr sowie samstags zwischen 10 und 18 Uhr. Kosten: 1,98 Euro pro Minute aus dem Festnetz.

Welche Einschränkungen gibt es beim Fliegen zu beachten?

Babys sollten mindestens drei Monate alt sein, damit auf Grund der Druckverhältnisse und des fetalen Blutfarbstoffes die Sauerstoffsättigung im Blut immer ausreichend ist. Ansonsten gibt es keine Altersbeschränkungen. Es hängt natürlich immer vom einzelnen Kind ab, ob es gerne fliegt und wie es Start und Landung verträgt, da Druckschwankungen oft zu Ohrenschmerzen führen können. Zum Druckausgleich hilft oft das Lutschen eines Bonbons.

Welche hygienischen Vorsichtsmaßnahmen empfehlen Sie für Kinder?

Mittlerweile recht verbreitet sind Hakenwurminfektionen, die sich über Hundekot am Strand über die Haut übertragen. Der Wurm bohrt sich in die Haut und irrt dort in serpentinenartigen Gängen umher, was unangenehm juckende Hautausschläge auslösen kann. Diese und andere Infektionen bringen Urlauber auch aus dem Mittelmeerraum mit, und daher sollten Kinder dort nie barfuß oder nackt herumtollen, sondern immer Schuhe, Sandalen oder ähnliches tragen. Ähnlich verhalten sich die Bilharziose-Zerkarien, die Larven der Schistosomiasis, in tropischen Süßgewässern Afrikas und Asiens. Auch sie dringen über die Haut in den Körper ein. Daher sollte man nie in unbekannten tropischen Gewässern einfach so baden.

Übrigens ebenfalls wichtig ist, dass Eltern ihre Kinder von herumstreunenden Tieren fernhalten. Tollwut ist ein weltweites Problem. Ein Tierbiss oder auch nur eine Kratzwunde bei nicht geimpften Menschen, egal ob Erwachsener oder Kind, ist immer ein Notfall und erfordert eine Immunisierung. In bestimmten Situationen und Ländern ist es besser, man lässt alle Familienmitglieder vorab impfen, vor allem wenn man sich dort abseits von Touristenregionen bewegt.

Ein weiteres Problem sind Medikamentenfälschungen. Gerade im Falle z.B. einer nicht wirksamen Tollwutimpfung oder eines gefälschten Malariamedikamentes können die Erkrankungen tödlich verlaufen. Wie verhalte ich mich, wenn ich unsicher bin, ob die medizinische Versorgung vor Ort taugt?

In jedem Fall empfehle ich eine Reisekrankenversicherung abzuschließen, die die Möglichkeit einer Evakuierung und Rückführung enthält. Außerdem rate ich, im Ernstfall die Deutsche Botschaft in dem jeweiligen Land zu kontaktieren. Diese Rufnummer sollte jeder parat haben. Am wichtigsten ist aber immer die Prävention: Wenn Eltern mit Kindern in eine tropische Region reisen, sollten sie sich rechtzeitig, d.h. mindestens sechs Wochen vor Abreise, individuell tropenmedizinisch beraten lassen. Dann besteht noch genügend Zeit, versäumte Impfungen nachzuholen. Ich rate übrigens dringend davon ab, mit Kindern ohne die vollständige Grundimmunisierung in Form einer Sechsfach-Impfung (Polio, Tetanus, Diphterie, Haemophilus influenza Typ B, Hepatitis B und Pertussis), Pneumokokken plus eine Impfung gegen Mumps, Masern, Röteln in tropische Regionen zu reisen. Die Erreger dieser Krankheiten sind in den Tropen oftmals noch häufiger. Studien belegen zudem, dass es bei Kindern ohne diese Impfungen häufiger zu Blutvergiftungen, Hirnhaut- und Lungenentzündungen sowie akuten Mittelohrentzündungen kommt.


Der Tipp der Reiseratte:

UV-Schutz bei Kindern – von Geraldine Friedrich:

Seit mein Sohn zehn Monate alt ist, setze ich auf zweiteilige Schwimmanzüge sowie einen Hut samt Nackenschutz mit Sonnenschutzfaktor 80. Den Hut trägt mein Sohn auch im Wasser. Damit erspare ich mir lästige Eincremearien, der Sonnenschutz bleibt auch nach dem Planschen vollständig erhalten und außerdem sehen die Anzüge total cool aus. Wir besitzen zwei Garnituren, einmal kurz- und einmal langärmelig. Je nach Uhrzeit und Wetter zieht mein Kleiner Hose mit langärmeligem, kurzärmeligem oder keinem Shirt an. Gerade wenn es schon etwas später ist und die Sonne nicht mehr brennt, verzichte ich auf das Oberteil, denn wenn es nass ist, friert mein Sohn darin schnell. Zusätzlich haben wir eine zweite Badehose, die wie eine Bermuda aussieht und locker um die Beine schlabbert. Letztere hat uns übrigens gute Dienste beim Trockenwerden unseres Sohnes geleistet, denn wenn es „passiert“ ist, lässt sie sich einfach auswaschen und trocknet schnell.

Reisen mit Kindern - Von Bauernhof bis Bali

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