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Wie läuft‘s?

Marokko-Rundreise mit Oldtimer


Jürgen Heup (41), Esther (35), Hella (3), Freya (1) und Tarifa (10 Hundejahre) berichten über ihre Erfahrungen vor und nach der Reise.

Interview: Geraldine Friedrich

Wie entstand der Wunsch, nach Nordafrika zu reisen?

Jürgen: Ich hatte Afrika schon einmal als Student bereist. Damals fuhr ich zusammen mit einem Freund in einem Allrad-Lkw sechs Monate durch die Sahara und den Kongo bis zum Victoria-See und wieder zurück. Irgendwo auf dieser Strecke befiel mich das, was ich als Afrika-Virus bezeichne. Das meldet sich seitdem immer wieder, bei jedem Foto von Elefanten oder Löwen, bei Erlebnisberichten von Wüstenfahrern, bei Fernsehsendungen über Tuareg, Pygmäen oder Massai.

Drei Monate sind für in Lohn und Brot stehende Menschen eine lange Zeit. Wie organisiert man das?

Auch uns hatte der Alltag fest im Griff. Ich bin angestellter Redakteur einer Fachzeitschrift für erneuerbare Energien, und schon die Organisation eines gewöhnlichen Werktags mit zwei Kleinkindern hält einen voll auf Trab. Selbst Wochenendausflüge zu Oma und Opa in die Eifel arten logistisch zu einem Großmanöver aus. An eine Afrika-Reise habe ich daher seit Jahren nicht mehr gedacht. Die Gelegenheit kam mit der Geburt unserer zweiten Tochter und unserem Gefährt, einem alten weißen Daimler Benz mit Wohnkoffer. Da ich meiner Lebensgefährtin Esther immer von meinem Afrika-Abenteuer erzählt hatte, erhielt ich nun die Quittung: Sie wollte unbedingt auch nach Afrika reisen. Mit dem Mercedes Kurzhauber im Rücken und der Elternzeit voraus gab es nun keine unüberwindbaren Hindernisse mehr – und auch keine Ausreden. Nach einer Testfahrt durch Brandenburg mit unserem neuen rollenden Heim stand die Entscheidung fest. Jetzt oder nie, war unsere Devise, die Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder. Wir haben die letzten zwei Monate Elternzeit für Freya plus vier Wochen Urlaub genutzt.

Wie fiel die Wahl auf das Gefährt?

Wir fanden unseren „HeuBer“, so haben wir ihn getauft, im Internet. Es war Liebe auf den ersten Klick. Der robuste Sieben­einhalbtonner war wie geschaffen für den langgehegten Traum. Diese Typen von Allrad-Lkw wurden in den 70er, 80er Jahren zu Tausenden nach Afrika exportiert. Dessen Vorgänger, unser alter Hanomag, hatte uns dagegen so viele Pannen beschert, dass jegliche Gedanken an eine Fahrt mit ihm durch die Wüste im Keime erstickt wurden.

Hatten Sie auch Bedenken?

Ich bilde mir ein, das Risiko aufgrund meiner Reiseerfahrungen einschätzen zu können. Natürlich kam eine Reise mit Kleinkindern quer durch die Sahara bis zum Kongo aus Sicherheitsgründen nicht in Frage. Marokko ist aber wohl das Land in Nordafrika mit der besten Infrastruktur. Das hatte ich zuvor bei meinen Recherchen in zahlreichen Reiseforen erfahren. Auch die medizinische Notfallversorgung ist zumindest in einigen Regionen auf einem guten Stand. Zudem ist Marokko kein Malaria-Risikogebiet. Mit einem Paket an Reisekranken- und Rückholversicherung waren wir der Meinung, die Risiken entsprechend minimiert zu haben.

Wie reagierte das Umfeld?

Sie kam natürlich, die Kinderfrage, übrigens meist von Leuten, die selbst noch nie in Afrika waren. Den Satz „Afrikaaa? Mit den Kindern? Spinnt ihr!?“ habe ich in der Zeit bestimmt 20 mal gehört. Als wir unsere Reiseapotheke zusammenstellten und die Apothekerin erfuhr, dass wir mit Kindern nach Marokko reisen wollen, reagierte sie empört. Viele haben bei Afrika nur Bilder von Hunger, Krieg und Kriminalität vor Augen. Dabei beginnt der Fehler schon bei der Bezeichnung Afrika. Die Rede ist schließlich von einem ganzen Kontinent. Die einzelnen Nationen und Kulturen dort unterscheiden sich zum Teil mehr als es in Europa der Fall ist.

Eine der häufigsten Fragen war auch: „Habt ihr keine Angst vor gefährlichen Tieren?“ Die Tierwelt zählt wohl neben Krankheiten zu den größten Afrikaphobien. Angefangen von Löwen und Krokodilen bis hin zu Elefanten. Letztere kann man in Marokko aber nur noch auf Felszeichnungen bewundern. Auch Löwen und Krokodile sind in Marokko längst ausgerottet. Die einzigen größeren Tiere, auf die wir in Marokko stießen, waren blökende Ziegen und Schafe; im Süden Marokkos auch viele Kamele. So gesehen dürften Ziege, Esel und Kamel die gefährlichsten Tiere Marokkos sein, vor allem, wenn man ihnen auf der Straße begegnet. Denn das größte Gefahrenpotenzial bei einer Marokkoreise bergen Verkehrsunfälle.

Die drei S-Tiere sind aber wohl die gefürchtetsten Schrecken der Urlauber: Schlangen, Spinnen und Skorpione. Und in der Tat sollten auch wir auf unserer Reise häufig auf Achtbeiner stoßen. Das hatte aber den Vorteil, dass wir den Kindern zeigen konnten, was auch marokkanische Kinder lernen: Wie man sich gegenüber den Tieren verhält, dass Neugier immer mit Vorsicht gepaart sein sollte.

Um uns finanziell Luft zu verschaffen, hatten wir unsere Wohnung untervermietet.

Wie gingen Sie mit der Kritik um?

Meist reichte unser selbstsicheres Auftreten, um den Fragesteller zu überzeugen oder zum Schweigen zu bringen. Am wichtigsten war, dass wir uns als Paar einig waren und voll zu unserem Vorhaben standen. Dass im Urlaub immer Unvorhergesehenes geschehen kann, haben wir übrigens zwei Jahre zuvor auf einer Polenreise erlebt. Dort verdarben wir uns die Mägen am Trinkwasser und konnten keine Nahrung mehr behalten. Bei der damals einjährigen Hella war der Gewichtsverlust so hoch, dass wir die Reise schließlich abbrechen mussten. Auch das konnte uns natürlich in Marokko wieder passieren. Aber eben auch überall anderswo.

Wie aufwendig war die Vorbereitung?

Reisevorbereitungen laufen bekanntlich immer anders als geplant. Was wollten wir nicht alles besorgen, lesen oder recherchieren. Aber statt eine strukturierte Organisationsliste diszipliniert chronologisch abzuarbeiten, schafften wir am Ende nur das Allernötigste. Entscheidend aber war für uns: Wir hatten ganze drei Monate Zeit zum Reisen. Um uns finanziell Luft zu verschaffen, hatten wir unsere Wohnung untervermietet. Erst auf den letzten Drücker, als die neuen Mieter bereits mit ihrem Gepäck vor der Wohnungstür standen, war das Fahrzeug fertig beladen und die Wohnung geräumt: Und jetzt begann das, was unsere Reise ausmachte. Keine Termine, keine Ziele, alle Frauen und Mann an Bord und sich einfach treiben lassen. Einfach losfahren.

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