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Vorwort

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Die Annahme, Giacomo Puccinis (1858–1924) Opern seien sehr bekannt und weil sie so bekannt sind, wäre auch ihr Gehalt erkannt, hat sich als trügerisch erwiesen. Die Forschung ist gefordert – mehr denn je. Umgekehrt wäre es aber genauso falsch anzunehmen, bei Erforschung ihres Gehaltes die Opern Puccinis als bekannt vorauszusetzen.1 Die Autoren nähern sich dem Komponisten sowohl als einem unbekannten Bekannten als auch einem bekannten Unbekannten, dessen Spätwerk im Mittelpunkt des Bandes stehend aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird.

Im einleitenden Beitrag führt Richard Erkens in den Forschungsstand ein und eröffnet neue Perspektiven für eine künftige Puccini-Forschung, »die von werkimmanenten und komponistenzentrierten Fragestellungen hinführen zu einer Tiefenerschließung des historischen Zeitkontexts« und damit auch zum tieferen Verständnis der gesellschaftlichen Voraussetzungen, die nicht zuletzt den späten Werken Puccinis eingeschrieben sind. Laurenz Lütteken beginnt mit einer exemplarischen Betrachtung von Tosca, deren Realismus er einen »gebrochenen« nennt, weil Puccini die Handlung der Oper, in der sich wirklichkeitsnahe und fantastisch-fiktive Züge durchkreuzen, nicht linear verlaufen lässt. Einen weiteren Aspekt von Tosca greift im Anschluss Clemens Risi auf, indem er die Oper im Sinne einer Kunst des Performativen interpretiert: angefangen bei Puccinis eigenem Interesse für alle die Aufführung einer Oper betreffenden Bestandteile, gefolgt von den Tendenzen der Inszenierungen bis hin zu deren Diskursivierungen im Kontext des Performativen. Anselm Gerhard wendet sich dann der 1918 in New York City erstmals aufgeführten Komödie Gianni Schicchi als drittem Einakter der Operntrilogie Il trittico zu, um die motivische Arbeit Puccinis auch in übergreifender Hinsicht auf Werke anderer Komponisten genauer unter die Lupe zu nehmen. In welch differenzierter Weise der Realismus in den späten Werken Puccinis wirkt, lässt Panja Mücke in ihrer Analyse von Il tabarro, Gianni Schicchi und Turandot deutlich werden, womit sich der Kreis gewissermaßen schießt. Den Abschluss des Bandes bildet, wenn man so will, ein rezeptionsgeschichtlicher Ausflug in Form eines kurz kommentierten Wiederabdrucks des ersten Kapitels aus Richard Spechts Monografie Puccini: das Leben, der Mensch, das Werk von 1931, weil Specht mit literarischer Verve beschreibt, wie und vor allem warum der Realismus Puccinis zur Realität des deutschen Opernpublikums geworden ist.

Wie immer möchte ich allen Autoren für ihre Mitwirkung danken, vor allem aber Richard Erkens, der mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat.

Ulrich Tadday

1 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes, auf der Grundlage der Werke von 1832–1845 neu edierte Ausgabe, Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel, Frankfurt/M. 1986, S. 35.

MUSIK-KONZEPTE 190: Giacomo Puccini

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