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8 Die soziolinguistische Situation 8.1 Das Friesische

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Das Friesische ist eine westgermanische Sprache, die am nächsten mit dem Englischen verwandt ist. Sie besteht aus drei Zweigen: dem Westfriesischen in der niederländischen Provinz Fryslân/Friesland (ca. 400.000 Sprecher) (Gorter 2001), dem Ostfriesischen (Saterfriesischen) im Saterland in der Nähe von Oldenburg i.O. (ca. 2.000 Sprecher) (Fort 2001; vgl. Peters in diesem Band) und dem Nordfriesischen im Kreis Nordfriesland sowie auf der Insel Helgoland. Friesisch gehört zu den Minderheitensprachen, die keinen Nationalstaat haben.1

Das Nordfriesische gilt als eine der am stärksten gefährdeten Sprachen Europas und landet in einer Untersuchung zur Vitalität von 48 Minderheitensprachen in Europa mit sechs von 28 möglichen Punkten auf Platz 35 (Nelde et al. 1996: 65). Auch im UNESCO Red Book on Endangered Languages: Europe wird die Sprache als eine „seriously endangered language“ eingestuft (Salminen 1999).2

Heute besteht das Nordfriesische aus neun Hauptmundarten (s. Abb. 2).3 Diese unterscheiden sich teilweise so stark, dass eine Verständigung auf Friesisch häufig nur schwer möglich ist. Daher neigen Sprecher unterschiedlicher Mundarten vielfach dazu, für Kommunikationszwecke auf eine Lingua franca auszuweichen. Dies war früher das Niederdeutsche, heute ist es weitgehend das Hochdeutsche. Es hat sich jedoch gezeigt, dass durch eine verstärkte interdialektale Zusammenarbeit Sprecher unterschiedlicher Dialekte lernen können, sich auf Friesisch zu verständigen.


Abb. 2: Gliederung der nordfriesischen Mundarten4

Die durch den unterschiedlichen Zeitpunkt der Besiedlung bedingte wichtigste Mundartgrenze liegt zwischen den inselfriesischen Mundarten von Sylt, Föhr, Amrum und Helgoland einerseits und den festlandfriesischen Mundarten einschließlich der Halligmundarten andererseits. Andere Gründe für die Entstehung der Dialektzersplitterung waren die Abgeschiedenheit der einzelnen Dörfer und die relative Unzugänglichkeit (Sumpf- und Moorgebiete sowie im Winter kaum passierbare Kleiwege) sowie der unterschiedliche Einfluss der benachbarten Sprachen Dänisch (Jütisch) und Niederdeutsch. In den nördlichen festland- und inselfriesischen Mundarten ist der dänische Einfluss stärker spürbar, während die südlichen festlandfriesischen Mundarten und das Helgoländische eher vom Niederdeutschen beeinflusst sind. Ferner hat es nie einen zentralen Ort gegeben, der dialektausgleichend gewirkt hätte.

Im Gegensatz etwa zum Rätoromanischen mit der übergeordneten Schriftnorm „Rumantsch Grischun“ gibt es im Nordfriesischen keine einheitliche friesische Schriftsprache. Jede einzelne Mundart hat ihre eigene Orthographie (Wilts 2001a). Wörterbücher und Formenlehren sind inzwischen für die meisten Mundarten erstellt worden (Walker/Wilts 2001, Wilts 2001b).

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