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Auswandern – wohin, wann, wie?

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Zur Vorgeschichte von Sándor Veress’ Emigration

»Es ist ein Fluch, in interessanten Zeiten zu leben.«

Hannah Arendt

Die Biografik zu Sándor Veress sieht sich mit einer komplexen Situation konfrontiert: Einerseits kann sie sich auf autorisierte Darstellungen stützen, die v. a. im letzten Lebensjahrzehnt des Komponisten, eröffnet durch ein im Umfeld seines 75. Geburtstages (1. Februar 1982) neu erwachendes ungarisches Interesse an seiner Person und seinem Werk, erschienen sind.1 Andererseits kann und muss sie von der Tatsache Gebrauch machen, dass Veress spät im Leben beschlossen hatte, seinen gesamten – nicht nur kompositorischen – Nachlass der Basler Paul Sacher Stiftung (PSS) zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen. Und in diesem ausgesprochen reichhaltigen Material findet sich, wie nicht anders zu erwarten, etliches, das, nimmt man die erwähnten Selbstzeugnis-gestützten Publikationen zum Maßstab, Züge einer inoffiziellen Biografie erkennen lässt, deren Rekonstruktion durch nicht zuletzt politisch unwegsames Gelände führt. Die Herausforderung an Spätgeborene besteht darin, sich zu dieser Sachlage so objektiv, aber auch so besonnen wie möglich zu verhalten.

Aufgrund der schieren Tatsache der Emigration von Ost nach West in weltpolitisch bewegtester Zeit und der selektiven Hinweise, die Veress immerhin selbst gegeben hatte, versteht es sich fast von selbst, dass sich mit schon bald nach seinem Tod am 4. März 1992 einsetzender Quellensichtung biografische und schaffensbiografische Fragestellungen herausbildeten, die zu Re-Lektüren v. a. des Zeitraums 1939–49 führten. Der vorliegende Beitrag knüpft an diese Bemühungen an, ein möglichst differenziertes Bild des wohl kritischsten Jahrzehnts in Veress’ Biografie zu gewinnen, indem er einerseits Ergebnisse aus Recherchen resümiert, die durch neuere Akquisitionen der Budapester Nationalbibliothek (Országos Széchényi Könyvtár, OSZK) aus dem Nachlass Endre Veress’, des Bruders des Komponisten, und kürzliche Funde im Budapester Nationalarchiv (Magyar Nemzeti Levéltár, MNL) möglich wurden, andererseits Korrespondenz-Bestände der PSS Basel neu berücksichtigt, von denen man bisher nur eine vage Vorstellung hatte.2 Der Focus wird dabei auf fünf thematischen Hauptkomplexen liegen: Rom 1940/41 und 1942, Budapest 1945, London 1947, schließlich Rom 1949. Der Anspruch kann im Rahmen des hier zur Verfügung stehenden Raums selbstredend nur sehr bescheiden sein. Gewonnen wäre schon einiges, wenn die gegebenen Hinweise geeignet wären, zu vertiefenden Untersuchungen anzuregen.

MUSIK-KONZEPTE 192-193: Sándor Veress

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