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II.

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Eine Woche später versammelt Trumps PR-Abteilung einige tausend Anhänger in einer großen Halle für eine Pro-Trump-Kundgebung in Iowa. Das positive Echo, das der Chef von seinen offiziellen Angestellten bekommt, ist ihm vielleicht doch zu schal, wiegt jedenfalls das negative Echo nicht auf, das ihm aus allen Ecken der Hauptstadt entgegenschallt. In diesem Sinne begrüßt er sein Publikum mit einem Statement direkt aus dem Herzen:

„Es ist immer schön, dem Sumpf in Washington entkommen zu können und mit den wirklich hart arbeitenden Menschen Zeit zu verbringen. Die nennen wir amerikanische Patrioten.“ (21.6.17)

Dass das Bad in der Menge Trump gut tut, ist verständlich, bekommt er damit doch die Großartigkeit seiner Politik unmittelbar und spürbar zurückgespiegelt: als Zustimmung bzw. fanatische Liebe zu seiner Person. Und so sehr die Demokratie als System auf die ‚checks and balances‘ Wert legt, die der Willkür von einzelnen Politikern eine enge Grenze ziehen, so sehr schätzen gerade Demokraten den Personenkult um den geliebten Führer. Nichts anderes organisiert eine Wahl, in der sich alles um die Großartigkeit von Führungspersönlichkeiten und welchen, die es werden wollen, dreht. Der Einheit zwischen dem obersten Regierungssubjekt und seinen Regierten ist es gewiss auch dienlich, wenn der Präsident sich mit seinem Publikum derart gemein macht, und zwar in der probaten Form einer ideellen Verbundenheit in der Feindschaft gegen einen gemeinsamen Gegner. Schon darin steckt freilich die kleine, aber entscheidende reelle Differenz: Für Trump ist Washington der Wohnort nicht bloß seiner Gegner, deren Amtswahrnehmung ihm nicht passt, sondern auch des Machtapparats, an dessen Spitze er selber steht. Die zelebrierte Einheit zwischen Trump und dem Publikum, das ihn umgibt, muss also ein wenig präzisiert werden: In den jubelnden Massen hat Trump eine von ihm mobilisierte und in Anspruch genommene Berufungsinstanz für den Machtgebrauch, den er ansagt. Und der besteht trotz aller Aggressivität seiner Rhetorik gar nicht darin, „den Sumpf“ in dem Sinne „trockenzulegen“, dass er den politischen Betrieb in Washington bekämpft, sondern darin, die dort beheimatete Staatsgewalt voll und ganz im eigenen Sinne zu verwenden. Mit seiner Beschimpfung des Politikbetriebs in Washington, mit dem seine Anhänger unzufriedener nicht sein könnten, hat Trump eine fix und fertige Erklärung für jegliche zukünftige Unzufriedenheit, zu der sie sich veranlasst sehen mögen: Mit Trump selbst und seiner Amtsführung hat das nichts zu tun; die Schwierigkeiten, die das Regieren ihnen bereitet, liegen vielmehr an den Schwierigkeiten, die ihm bereitet werden; er selbst gehört nicht zum Sumpf, er wohnt bzw. herrscht nur dort. Und umgekehrt: Alle Angriffe, mit denen Trump es zu tun bekommt, sind Angriffe auf seine Anhänger, das gute Volk.

Das ist, demokratisch gesehen, schon genial. Trump nimmt damit den Standpunkt der Herrschaft und der Betroffenen ein und pflegt die geheuchelten Argumentationsmuster von Regierung und Opposition zugleich. Als der regierende Machthaber wirbt er mit der puren Tatkraft seiner Herrschaft für sich; als Gegner und Opfer des Washingtoner Establishments ist er Mit-Opfer, also Verbündeter in jeder Unzufriedenheit mit der Herrschaft, der er vorsteht. Außerdem hat Trump seinen angereisten Patrioten zwei handfeste Argumente zu bieten, warum sie ihn zum Sumpf nicht dazurechnen sollten, er ihre frenetische Anerkennung vielmehr redlich verdient hat: Neben der Beschwörung seiner schieren Tatkraft, die auch an diesem Abend nicht zu kurz kommt, und der unfairen Hindernisse, mit denen er konfrontiert wird, ist da erstens die Menge der Anhänger zu erwähnen, die so gutwillig seine Selbstdarstellung aufnehmen: „Schaut euch die Größe dieser Menge an!“ Zweitens haben einige von ihm selbst geförderte Kandidaten Wahlsiege eingefahren – trotz des enormen Aufwands, den die oppositionellen Demokraten in diesen Wahlkämpfen betrieben haben, und trotz der Attacken, die sie täglich gegen Trump und seine Mannschaft richten:

„Sie veranstalten eine Hexenjagd gegen uns, sie haben alles Mögliche gegen uns laufen, aber wir siegen, siegen, siegen.“ (Ebd.)

Ein recht produktiver und schon wieder erzdemokratischer Zirkel: Erfolg bei der Einholung der Zustimmung des Volkes – bei solchen Kundgebungen und in echten Wahlen – berechtigt zu weiteren Erfolgen und zur Zustimmung zu den Maßnahmen, die es noch umzusetzen gilt. Das Regieren kann weitergehen, die Opfer stehen hinter ihm.

GegenStandpunkt 3-17

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