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Geleitwort zur 1. Auflage

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Dieses Buch war überfällig. Die Soziale Arbeit ist die vielleicht am meisten unterschätzte Profession in der Palliativversorgung. Sie wird oft als »Anhängsel« im Rahmen der von den Leistungsträgern etwas despektierlich betrachteten psychosozialen Versorgung am Lebensende angesehen. Dabei ist sie wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil von Palliative Care in ihrer umfassenden Definition, wie sie von Cicely Saunders 1967 bis hin zur Weltgesundheitsorganisation 2002 entwickelt wurde: ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von lebensbedrohlich erkrankten Patienten und ihren Angehörigen, unter Einbeziehung physischer, psychosozialer und spiritueller Aspekte. Diese Definition macht unmissverständlich klar, dass es bei Palliative Care um viel mehr geht als um humanistisch verbrämte Schmerztherapie bei Sterbenden (»Morphin und Händchenhalten«).

Tatsächlich zeigen die vorhandenen Daten, dass der Wunsch nach vorzeitiger Lebensbeendigung bei Schwerstkranken in der Regel aus psychosozialem Leiden heraus resultiert: etwa aus sozialer Isolation, aus dem Gefühl, eine Belastung für die eigene Familie zu sein, oder aus dem subjektiv erlebten Verlust des Lebenssinns. Die Angehörigen wiederum leiden unter der Situation oft noch mehr als die Kranken selbst: In einer Untersuchung bei Angehörigen von heimbeatmeten Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) stuften 30 % der pflegenden Angehörigen ihre eigene Lebensqualität als niedriger ein als die des vollständig gelähmten, rund um die Uhr beatmeten Patienten, für den sie sorgten (vgl. Kaub-Wittemer et al. 2003). Es ist daher nicht so verwunderlich, wie es zunächst erscheinen könnte, dass die Arbeitszeit mit und für die Angehörigen in einem mobilen Palliativteam höher ausfällt als die am Patienten (vgl. Vyhnalek et al. 2011). Wobei es in diesem Zusammenhang geradezu bizarr anmutet, wenn die Krankenkassen den gesetzlich verankerten Anspruch aller Versicherten auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) auf dessen medizinisch-pflegerischen Anteil reduzieren und die psychosoziale Begleitung explizit an die Hospizvereine delegieren – ohne diesen freilich die finanzielle Möglichkeit zu geben, diese zentrale Aufgabe auch professionell durchführen zu können. Das Ergebnis ist eine amputierte Rumpfversorgung, welche zentrale Aspekte der Palliative Care schuldhaft außer Acht lässt.

Genau hier setzt die Soziale Arbeit an: Sie unterstützt zwar auch (und nicht zu knapp) die Ärzte und die Pflegenden bei der Durchführung ihrer Aufgaben, sie organisiert Hilfsmittel und stellt Sozialansprüche sicher. Sie kümmert sich aber vor allem, dank ihres systemischen Ansatzes, um die (Wieder-)Entdeckung verborgener Kräfte und Ressourcen im Familiensystem und Sozialgefüge der Patienten. Sie spürt Defizite auf, aber auch ungeahnte Stärken. Und sie kann einen zentralen Beitrag zu der Koordinierung der Betreuung leisten, um den Angehörigen wieder ihre Aufgabe als soziale Stütze des Kranken zurückzugeben und sie von der erzwungenen Rolle der Laien-Case-Manager zu befreien. Eine erfahrene Palliativ-Sozialarbeiterin gehört zwingend in jedes Palliativteam, sei es stationär (Palliativstationen, stationäre Hospize), konsiliarisch (z. B. palliativmedizinische Dienste in Krankenhäusern) oder ambulant (SAPV-Teams). Möge dieses wichtige Buch dazu beitragen, dass sich diese Erkenntnis baldmöglichst bei den Entscheidungsträgern durchsetzt.

Lausanne, März 2014

Gian Domenico Borasio

Soziale Arbeit in Palliative Care

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