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1. Thesenartige Positivphänomenologie des Spielens

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Worin liegt der positive Wert des Spiels, der erlaubt, den Menschen essentiell als homo ludens zu beschreiben, als ein Seiendes, das vor allem im Spiel zu sich selbst kommt – nach Schillers berühmtem Wort: „… der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“?7 Anders formuliert, ließe sich bereits mit Blick auf die Passage aus dem Sprüchebuch nach dem zunächst kontraintuitiv erscheinenden Zusammenhang von Weisheit und Spiel fragen. Thomas von Aquin begründet diesen zweifach, nämlich mit der Freude und mit der Selbstzwecklichkeit, die Weisheitsbetrachtung und Spiel auszeichnen.8 Hier seien acht Thesen angeführt, die diese positiven Charakteristika des Spielens aufgreifen und erweitern sollen (unter bewusster Ausblendung möglicher negativer Deutungen des Spiels):

Spielen ist zweckfrei bzw. frei von vordergründigen Zwecken. Spielen ist ein menschliches Tun, das keinem vordergründigen, kurzfristigen Zweck dient und insofern der „Zweckfreiheit“ des Menschen selbst entspricht.9 Dies schließt freilich nicht aus, sondern bedingt erst die Möglichkeit, dass das Spiel einen tieferen Sinn hat, ein inneres Ziel/Telos, das sich beispielsweise als Summe der im Folgenden aufgeführten Charakteristika beschreiben ließe.10

Spielen dient der Zerstreuung und Erholung. Eben weil das Spiel keinem Zweck dient, nützt es dem Menschen als Gegenpol, als Kompensation und als mögliche „Heterotopie“11 zur zweck- und stressbeherrschten Alltagswelt.12

Spielen ermöglicht zugleich Sammlung und Konzentration. Indem das Spielen zentrifugal die Alltagssorgen zerstreut, versammelt und konzentriert es den Menschen zugleich zentripetal auf den gegenwärtigen Augenblick, auf sich selbst in seiner Ganzheit (Schiller) und auf den mit dem Spiel gegebenen tieferen Sinn hin.13

Spielen erfordert Hingabe und Engagement. Das Gelingen der spezifischen Zerstreuung und Sammlung durch das Spiel sowie der Konstruktion seiner eigenen Welt, des „Andersorts“ Spiel, setzt das freie Engagement und die Hingabe des Menschen voraus, wodurch das Spiel dem Menschen die Einübung ihm existentiell wesentlicher Haltungen ermöglicht.14

Spielen ist harmonisch-unkritisch. Die im Spiel einzuübende freie Hingabe des Menschen kann als aktiver Vollzug dessen betrachtet werden, was sich mit Wust und Ricœur als „zweite Naivität“15 oder mit dem Evangelium als ein „Wie-die-Kinder-Werden“ beschreiben ließe, nämlich den vollbewussten, rational gesteuerten Verzicht auf kalt-nüchterne Durchrationalisierung der Wirklichkeit.

Spielen impliziert Freude und Weltzustimmung. So kann sich im hingebungsvollen und zweckfreien, nicht irrationalen, aber doch „irrationalistischen“ Spiel jene grundsätzliche Haltung ausdrücken, die Josef Pieper „Zustimmung zur Welt“ genannt hat16 und die theologisch als implizite Affirmation des Schöpfers und seines Willens gedeutet werden kann.

Spielen ist kreativ. Das Spiel ist aus sich selbst heraus, d. h. ohne dies bewusst zu intendieren oder zu „bezwecken“, kreativ, es schafft eine eigene Welt und ist notwendig unbegrenzt und expansiv, es weitet sich aus, schafft sich neue Spielräume, -rollen, -partner und -regeln.

Spielen ist ein Beziehungsgeschehen mit bestimmten Rollen. Jedes Spiel fußt fundamental auf Beziehung und Differenzierung, Zuteilung und beziehungshafter Zuordnung von Rollen, und seien diese nur virtuell (wie der imaginierte Spielgefährte bzw. das personifizierte Spielzeug des Kindes).

Spielen hat eine wichtige Sozialfunktion. Gesellschaften leben wesentlich von ritualisierten, öffentlichen Spielvollzügen, die der Institutionalisierung (Max Weber), der Integration des Religiös-Numinosen (Rudolf Otto), der sozialverträglichen Einhegung individueller Lebensübergänge (Arnold van Gennep, rites de passage) sowie der Bewältigung von Glücks- und Kontingenzerfahrungen dienen.17

Dem Spielen eignet eine eigene Zeitstruktur. Im Spiel wird die mathematisch-chronologische Zeit durchbrochen durch eine wesentlich subjektive „Hetero-“ bzw. „Diachronie“, eine innere Zeit im Sinne des augustinisch-phänomenologischen Zeitverständnisses, die das Spiel (vor allem freilich das liturgische) theologisch auch als Prolepse der Ewigkeit erkennbar werden lässt.

Inwieweit erlaubt diese „Positivphänomenologie“ des Spiels nun – im Ausgang von Spr 8,22–31 – die Rede vom christlichen Gott als einem Deus ludens?

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