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(2) Kirche lernt
ОглавлениеSprache speichert Wissen. Daher lohnt ein genauer Blick auf das Wort „gehen“. Die Wortwahl ist Programm. Etymologisch geht das Verb „gehen“ auf die idg. Wurzel ĝhē[i] zurück, die „klaffen, leer sein, verlassen, [fort]gehen“ bedeutet. Ich kann nur gehen, wenn ich etwas verlasse, also los- oder zurücklasse.
Gehen hat viel mit „lernen“ zu tun. Das Verb „lernen“ leitet sich aus ahd. leisten ab und bedeutet ursprünglich „einer Spur nachgehen, nachspüren“. Lernen geht nur über „Er-fahrung“, ist also ein aktiver, selbstgesteuerter Vorgang. Wenn Kirche geht, macht sie (neue) Erfahrungen und dadurch lernt sie.
Gehen hat auch mit „führen“ und „leiten“ zu tun. Die idg. Wurzel leit[h] steht für „gehen, dahingehen“. Im ahd. und mhd. entspricht dieser Bedeutung das Wort „leiden“, erst unter christlichem Einfluss wird daraus „dulden, ertragen, Schmerz, Kummer empfinden“. Das Verb „leiten“ ist das Veranlassungswort zu „leiden“, bedeutet ursprünglich „gehen oder fahren machen“. Ähnlich verhält es sich mit dem Wort „führen“, dem Veranlassungswort zu „fahren“. Das also ist die Kernaufgabe von Führung und Leitung: Nicht von oben zu bestimmen, was zu tun ist, sondern in Bewegung zu bringen, Erfahrung zu ermöglichen, Lernen in Gang zu setzen und den Übergang zu gestalten.