Читать книгу Gewalt im Spiegel alttestamentlicher Texte - Группа авторов - Страница 15

7. Schlussreflexion: Der Gesang und die Echoräume

Оглавление

Ausgangspunkt für die Untersuchungen war der Gesangstext der Frauen in 1Sam 18,7. Die Frauen in der Textwelt ahnten wohl nicht, was die Lesenden wissen und mitdenken: Einer der von den Städterinnen Besungenen ist für den Thron bestimmt, der andere wird vom Thron weichen müssen.

Der Liedtext kann in Bezug auf drei unterschiedliche Echodimensionen reflektiert und so resümierend eingeordnet werden. (1) Selbstredend stellt der Liedtext als solcher bereits ein nachhallendes Echo dar, da er vollzogene Gewalttaten der beiden Männer aufgreift und poetisch überhöht. (2) Der Gesangstext erfährt dann ein unmittelbares Echo, indem er bei Saul mitursächlich seine neuen Gewaltausübungen provoziert. Wie Saul das Lied hört und dabei überdenkt, lässt ihn zu verzweifelten und angesichts der Konzepte in den Texten auch verwerflichen Gewaltattacken auf David schreiten. (3) Abhängig vom zweiten Echo kommt ein drittes, entferntes hinzu. Während David einer von Saul geheim lancierten Gewaltattacke ausgesetzt ist, entkommt David dieser erst dadurch, dass er sein Vermögen zur effektiven Gewaltanwendung einsetzt und für die Lesenden so wie der im Lied erwähnte potente Schläger agiert. Dabei hat David die Gefahr der von Saul geplanten Attacke auch mit eigenen Anteilen zugelassen, da David von sich aus eine eigene Karriere verfolgt. In dieser komplexen Situation verübt David eine ethisch vielleicht sehr fragwürdige Gewalttat.

Von hinten her liest man 18,6–7 neu: Die Performance aus Musik und Sprache angesichts des Gewaltvermögens trifft bei Saul auf sein Hörverhalten und seine Befürchtungen. Hinzu kommt eine Öffentlichkeit, in der die Schlagvermögenden besungen werden und die als eigene Größe Sauls Denken und Reagieren mitbestimmt. Weil sich Saul bei Israels Ausloben des Gewaltvermögens zu kurz gekommen wähnt, nimmt er die darauf folgenden Gewaltanwendungen vor. In Bezug auf David kann für die Lesenden die Frage aufkommen, welche Interessenslagen die Demonstrationen seines Gewaltvermögens im Lied auch begleitet haben können. Ging David schon dabei nicht nur uneigennützig vor?

In Kapitel 1Sam 18 gehen also Musik und Sprache nicht nur und bloß auf Gewaltschläge ein. Nach ihrem Erklingen kommen sie nach und nach analog zu ihrem Inhalt nicht mehr harmlos zu stehen. Einerseits tragen sie zu dem mit bei, dass sich ihr Inhalt, die Gewalt, auf neuartige Weise fortsetzt. Andererseits erfahren sie auf verwickelte Weise einen Widerhall, der ihren Inhalt neuartig und vielleicht sogar irritierend ausleuchtet.

Gewalt im Spiegel alttestamentlicher Texte

Подняться наверх