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Grußwort von Univ.-Prof. Dr. Georg Krausch Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

lieber, verehrter Herr Kardinal Lehmann,

sehr geehrte Frau Generalkonsulin Laszlo,

sehr geehrter Herr Weihbischof Bentz,

verehrte, liebe Frau Dezernentin Grosse,

liebe Herren Kollegen Pulte und Kißener,

zunächst freue ich mich, alle Anwesenden, gemeinsam mit Frau Vizepräsidentin Dreyer, auch im Namen der Hochschulleitung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz herzlich zum Festakt „70 Jahre Katholische Theologie an der Johannes Gutenberg-Universität und dem Bischöflichen Priesterseminar Mainz“ willkommen zu heißen – schön, dass Sie alle Ihren Weg hierher, in die Aula des Priesterseminars gefunden haben.

Sie alle wissen, dass 2016 für die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein Jahr der großen Feierlichkeiten ist, denn 1946 ist auch das Jahr der Wiedereröffnung der Johannes Gutenberg-Universität durch die französische Militärverwaltung. Und während wir heute schon einige Anmerkungen zur Entwicklung der Katholisch-Theologischen Fakultät an unserer Universität und das Zusammenspiel zwischen Fakultät und Priesterseminar gehört haben – und selbstverständlich im Fachvortrag von Herrn Kollegen Kißener noch weitere Details erwarten dürfen – möchte ich die Gelegenheit nutzen, die gesamtuniversitäre Perspektive einzunehmen, ohne dabei die Bedeutung und die Spezifika der katholischen Theologie außer Acht zu lassen.

Ende Februar 1946: Die Statuten der nach etwa 150-jähriger Pause als Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Herzen Europas wiedereröffneten Universität treten in Kraft. Dort heißt es: „Die neue Hochschule setzt sich als wichtigstes Ziel, Menschen zu bilden. […], indem sie die Wertschätzung der Freiheit, die Achtung vor dem Geistigen, Verständnis und Mitgefühl für die Mitmenschen und alle die sittlichen Werte vermittelt, ohne welche das Fachwissen der Sache der Menschheit nicht wahrhaft zu dienen vermag.“

Diese Sätze aus der Präambel der Statuten beschreiben in beeindruckender Weise die umfangreichen Aufgaben, die man der wiedereröffneten Universität mit auf den Weg gab. In einer Phase gesellschaftlicher Orientierungslosigkeit erwartet man von der jungen Universität nicht weniger als „die Anlagen des Charakters zu entwickeln“, die „Wertschätzung der Freiheit“, „Verständnis und Mitgefühl“ und „sittliche Werte“ zu vermitteln. Eine bemerkenswerte Aufgabe an die Kolleginnen und Kollegen der ersten Stunde. Bereits hier findet sich der Anspruch als Universität mehr zu vermitteln als fachbezogenes Wissen wieder. Eine weitere Verpflichtung, die die Universität in der Präambel übernahm, ist die der besonderen Pflege des Gedankengutes anderer Völker und der intensiven Zusammenarbeit mit anderen Nationen auf kulturellem Gebiet. Allein schon durch die Geschichte ihrer Wiedereröffnung fällt ihr die große und bedeutungsvolle Aufgabe zu, ein echter Mittler zwischen Frankreich und Deutschland zu sein. Es freut mich und uns daher ganz besonders, dass die französische Generalkonsulin heute bei uns ist und diesem Festakt beiwohnen kann. Nicht nur Ihre Anwesenheit, verehrte Frau Generalkonsulin Laszlo, sondern auch unsere mannigfaltigen Beziehungen zu Frankreich, insbesondere zur Université de Bourgogne in Dijon, belegen eindrucksvoll, dass diese Aufgabe Teil der universitären Identität, ihres Selbstverständnisses geworden und geblieben ist.

Bereits am 22. Mai 1946, nur drei Monate nach In-Kraft-Treten der Statuten erhielt der erste Rektor der Johannes Gutenberg-Universität, Herr Professor Schmid, einen goldenen Schlüssel als Symbol der Selbstverwaltung und der Freiheit von Forschung und Lehre. Die Universität konnte mit sechs Fakultäten in den Mauern der ehemaligen Wehrmachtskaserne ihre Arbeit aufnehmen. Sie ahnen es bereits: Die katholische Theologie war eine dieser ersten Fakultäten, auch wenn ihre Geschichte in Mainz noch deutlich weiter in die Vergangenheit zurückreicht. Dazu kam die evangelische Theologie, eine naturwissenschaftliche, eine medizinische, eine juristische und eine philosophische Fakultät, ergänzt um den, vielen von Ihnen sicher wohl bekannten, Botanischen Garten, der folgerichtig ebenfalls in diesem Jahr mit einem Fest seinen 70. Geburtstag feiert und zu den ältesten Botanischen Gärten in Deutschland gehört. Damals studierten etwa 2000 junge Menschen an den Fakultäten der Universität und wurden von nur 89 Dozenten auf ihrem Weg durch fachliche und gesellschaftlich-demokratische Erziehung begleitet. Heute studieren über 30.000 vorwiegend junge Männer und Frauen an der Johannes Gutenberg-Universität. Sie kommen aus über 130 Ländern der Erde und lernen, erforschen und hinterfragen das Wissen ihres Fachs in über 200 Studienangeboten bei mehr als 500 Professorinnen und Professoren.

Vieles hat sich in sieben Jahrzehnten deutlich verändert. Die Wehrmachtskaserne ist geblieben, doch der Gutenberg-Campus erstreckt sich inzwischen gute 1,2 km in den Westen und wird vom Neubau der Hochschule Mainz und der neuen Studierendenwohnheime begrenzt. Trotz dieses Wachstums vermag er derzeit dennoch nicht allen Mitgliedern der Johannes Gutenberg-Universität ausreichend Platz zu bieten. Aber durch das Wachstum der Stadt an ihren früheren Rändern, insbesondere in den Stadtteilen Bretzenheim, Drais, Hartenberg/Münchfeld und Gonsenheim und nicht zuletzt durch den Umzug des 05er-Stadions in die Bretzenheimer Felder ist der Campus vom Stadtrand aus ein ganzes Stück näher an den Dom herangerückt – zumindest im Empfinden der Mainzerinnen und Mainzer. Aus den ursprünglich sechs Fakultäten wurden zehn Fachbereiche und, deutschlandweit einmalig, zwei künstlerische Hochschulen – für Musik und Kunst. Die einzigen noch heute bestehenden Fakultäten sind, das wissen Sie als wohlinformiertes Publikum selbstverständlich, die Katholisch-Theologische und die Evangelisch-Theologische Fakultät. Diese wiederum sind aber wohlgemerkt, und dabei handelt es sich ebenfalls um eine Mainzer Besonderheit, in einem Fachbereich, unserem Fachbereich 01, vereint.

Die Theologien als inhärent interdisziplinäre Fächer entsprechen in besonderer Weise dem Leitspruch aus dem Johannes-Evangelium, der bei der Wiedereröffnung der Mainzer Universität 1946 am Turm der Flakkaserne prangte und der bis heute die Eingangshalle der Alten Mensa dominiert ut omnes unum sint, „dass alle eins seien“ – dieser Leitspruch charakterisiert nicht nur die Einheit der Mitglieder der Universität über alle Fächergrenzen hinweg, er charakterisiert auch die Einheit der Forschenden und der Lernenden, das Spezifikum der Universität. Kein Wunder also, dass auch der im Einladungsflyer zu dieser Veranstaltung erwähnte erste Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, August Reatz, das Motto zu seinem Leitsatz wählte.

Gemeinsam fühlen sich alle Mitglieder der Universität dem Vorbild und dem internationalen Wirkungsanspruch ihres Namensgebers bis heute verpflichtet: innovative Ideen zu fördern und umzusetzen; Wissen zu nutzen, um die Lebensbedingungen der Menschen und deren Zugang zu Bildung und Wissenschaft zu verbessern; sie zu bewegen, die vielfältigen Grenzen zu überschreiten, denen sie täglich begegnen. Dass die spezifische Campussituation der Johannes Gutenberg-Universität hierfür beste Voraussetzungen bietet, indem über nahezu alle Fächergrenzen hinweg gemeinsam an einem Ort geforscht und gelernt werden kann, verdient dabei eine besondere Erwähnung.

Von der fachlichen Breite der Theologie können wir als Universität, damals wie heute, lernen. Fordern doch die unterschiedlichen Arbeitsgebiete von Ethik, Philosophie und Moral über Geschichte und Dogmatik zur Pädagogik zum täglichen interdisziplinären Diskurs auf, der neue Perspektiven auf gemeinsame Fragestellungen, die weit über die Theologien hinausreichen können und zahlreiche Schnittstellen zu anderen Fächern der Volluniversität bieten, bietet. Wir sind davon überzeugt, dass es auf die komplizierten Fragen der heutigen Zeit keine einfachen, offensichtlichen Antworten gibt. Umso wichtiger sind daher grenzüberschreitende Projekte und innovative Ideen zu den Zukunftsthemen unserer Gesellschaft. Doch auch im Hinblick auf einen weiteren wichtigen Aspekt ist die Geschichte der Katholischen Theologie an der Johannes Gutenberg-Universität vorbildlich: Die seit sieben Jahrzehnten bewährte, konstruktive Zusammenarbeit zwischen Universität und Bistum. Sie ist ein sehr gelungenes Beispiel für die offene Universität, für den Dialog von Wissenschaft mit Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur, den fortwährenden Diskurs zwischen „Theorie und Praxis“. Dieser Austausch liegt uns deshalb besonders am Herzen, weil Wissenschaft für uns kein Selbstzweck ist. Vielmehr gilt es wissenschaftliche Erkenntnisse fundiert aufzubereiten und weiterzugeben, sie mit Expertinnen und Experten aus der Praxis zu reflektieren und zu hinterfragen und so unser universitäres Wissen in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Ich freue mich, dass das in der engen Kooperation, die wir heute mit dem Jubiläum feiern, so hervorragend gelingt – davon zeugt nicht zuletzt der Veranstaltungsort.

Abschließend möchte ich mich bedanken, bei Ihnen Herr Kardinal, Herr Weihbischof, Frau Generalkonsulin und liebe Kollegen Kißener und Pulte für Ihre Beiträge zu dieser Feier. Beim bischöflichen Priesterseminar für die gute, gewinnbringende Zusammenarbeit und die Gastfreundschaft am heutigen Tag. Für das Team um Dekan Pulte, das für Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Feier verantwortlich zeichnet und Ihnen allen, liebe Gäste, für Ihr Interesse und Ihr Kommen.

1946 - 2016 70 Jahre Katholische Theologie in Mainz an Universität und Priesterseminar

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