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VORWORT
ОглавлениеDie katholische Kirche in Deutschland befindet sich unübersehbar in einem Umbruch. Alte Gewissheiten, gleich ob sie Lehraussagen oder das Selbstverständnis der Institution betreffen, und lange Vertrautes wie Strukturen und Institutionen, in denen sich Katholikinnen und Katholiken über die Jahre eingerichtet hatten, stehen in der Diskussion. Der Missbrauchsskandal hat in erschreckendem Maße Mängel in Alltag und Kommunikation der Kirche und der Lebenspraxis einzelner ihrer Mitglieder zutage gebracht. Das Memorandum „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“ hat zahlreiche Felder des kirchlichen Lebens benannt, auf denen Veränderungen anstehen; andere haben – zustimmend wie ablehnend – diesen Ball aufgenommen. Die deutschen Bischöfe haben einen Dialogprozess initiiert, der im Sommer 2011 mit einer großen Diskussionsveranstaltung verheißungsvoll begonnen worden ist, aber nun der weiteren Gestaltung und Entwicklung harrt. Über all dem kann eine generell nachlassende Bindung an die Institution Kirche und ein Verblassen des vor allem biblisch geprägten, personalen Gottesglaubens nicht übersehen werden.
Zugleich zeichnen sich in den vergangenen Jahren auch interessante Aufbrüche in der Kirche ab. Mit immer wieder neuen Initiativen und Impulsen äußert sich die Kirche im Sozialen und Kulturellen. Manche weitreichende Veränderung kann man im Bereich neuer Feierformen auch mit Menschen am Rande und außerhalb der Kirche beobachten. Und, gewiss mit vielen Schwierigkeiten und Missverständnissen behaftet, versteht sich die Kirche oder besser gesagt: begreifen Kreise in der Kirche diese wieder deutlicher als eine „missionarische“ Kirche. Sie soll den Glauben überzeugend leben und dadurch an Kreativität nach innen und Anziehungskraft nach außen gewinnen. Eine neue Sensibilität für die ernsthaft gestellte Frage, was den christlichen Glauben im Kern ausmacht, ist zu beobachten. Man begegnet einer wirklichen Offenheit für die Fragen von Zeitgenossen, seien sie gläubig oder ungläubig. Zum Teil überraschend offensiv ist sie mit dem Interesse an neuen Lebensorten und -formen des Glaubens, auch an neuen Vernetzungen von Katholikinnen und Katholiken in der Gesellschaft und den Lebensfeldern der Gegenwart verbunden.
Dem unzweifelhaften Veränderungsbedarf der Kirche auf der einen stehen eine erstaunliche Vitalität und ein Erneuerungswille auf der anderen Seite gegenüber. In dieser komplizierten Gemengelage hat Bischof Dr. Joachim Wanke 2010 in Berlin einen programmatischen Vortrag gehalten, der unter dem Titel stand „Katholische Kirche in Deutschland – wie geht es weiter? Versuch einer friedlichen Verständigung über notwendige gemeinsame Schritte“. Es sind Gedanken, die die Auseinandersetzung einmal mehr lohnen und die Perspektive mitbringen, dass sich etwas zum Guten ändern kann. Sie verlangen die offene Diskussion.
Das vorliegende Buch sucht dieses Gespräch mit Bischof Wanke, greift einzelne seiner Anstöße auf und führt sie weiter. Mit ihm als früherem Dozenten und langjährigem Diözesanbischof herzlich verbunden, gratulieren ihm die Autorinnen und Autoren zu seinem 70. Geburtstag. Alle gehören der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt und ihrer Vorgängerinstitution als Professorinnen und Professoren wie Dozenten an. Sie wollen für die anstehenden Diskussionen in der katholischen Kirche Impulse geben, aber durchaus auch im positiven Sinne provozieren und herausfordern. Was die Beiträge vereint, ist der Wille, an Perspektiven für eine gute Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland mitzuarbeiten.
Herausgeberin und Herausgeber danken für den Auftrag, die vorliegenden Aufsätze im Namen der Katholisch-Theologischen Fakultät Erfurt zusammenzustellen und zu redigieren. Ein besonderer Dank gilt Matthias Kraus für den Drucksatz des Buches.
Erfurt, am Fest des heiligen Albert Magnus,
des Patrons der Katholisch-Theologischen Fakultät
der Universität Erfurt
Benedikt Kranemann und Maria Widl