Читать книгу Reader. Was soll Politische Bildung? - Группа авторов - Страница 10
ОглавлениеNeuigkeiten aus fremden Ländern: Lalenburg.
Da man von allen Seiten vernimmt, dass weise Obrigkeiten überall die Schulen verbessern: so haben wir nun endlich auch in Lalenburg damit einen ruhmvollen Anfang gemacht, wie man aus folgendem sieht.
Weil das Schreiben, Lesen und Rechnen sehr unnütz ist, besonders für die Bauern, so wird darauf wenig Mühe verwendet, denn wenn die Bauern zu gut rechnen, so verrechnen sich meistens die Herren; und wenn ein Wirth zu gut schreibt, so schreibt er gewönlich mit doppelter Kreide. Töchter sollen gar nicht schreiben lernen, damit sie nicht zu früh Liebesbrieflein machen. Auch das Lesenlernen ist dem Bauersmann sehr entbehrlich, denn es ist zu besorgen, dass die Pintenschenken über Mangel an Verdienst klagen würden, wenn die Bauern, statt ihren Lohn bei ihnen zu vertrinken, ein Buch lesen sollten. Ein Unterschied muss doch in der Welt seyn; ein Bauer muss daher nicht Alles wissen.
Statt dieser entbehrlichen Dinge soll nun künftig in den Schulen zu Lalenburg das gelehrt werden, was dem Menschen das Unentbehrlichste und Wichtigste ist, wie z. B. das Essen und, wenn man Durst hat, auch das Trinken. Desgleichen wird man junge Leute frühzeitig von der grossen Wahrheit zu überzeigen suchen, dass man weit besser auf beiden Füssen, als auf dem Kopfe gehe. Weltweisheit wird nur auf der hohen Schule getrieben. Alle Montage in der Woche, ausgenommen der Oster-Sonntag, wird in der Naturgeschichte unterrichtet. Die tiefsinnigsten Fragen über die Ursach der Dinge werden dort sonnenklar beantwortet. So wissen wir z. B. jetzt bestimmt, dass man deswegen zweimal hinter einander zu niessen pflegt, weil man zwei Naselöcher hat.
Quelle: Heinrich Zschokke (1804): Neuigkeiten aus fremden Ländern: Lalenburg. Schweizerbote, Nr. 15, S. 117. Zitiert nach Böning und Ort (2007: 192).
◗Ideen zur Verbesserung des öffentlichen Unterrichts in der helvetischen Republik