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Diagnose im Coaching
Оглавление»(…) wenn wir dann von Angesicht zu Angesicht einem konkreten, lebendigen Menschen gegenübersitzen, der uns von seinen Leiden und Schwierigkeiten erzählt (…)«88
Im Grunde handelt es sich beim eben beschriebenen gemeinsamen Erkundungsgang durch die Problemlandschaft auch schon um einen diagnostischen Prozess im Sinne des gestalttherapeutischen Vorgehens.89 Neben der Frage »Was ist das Problem im Feld?« stellt sich in einem beziehungsorientierten Setting zu zweit früher oder später auch die Frage, wie der Klient/Coachee auf der persönlichen Ebene mit seinem So-Sein zur Produktion oder Aufrechterhaltung dieses oder anderer Probleme beiträgt. Neben Modellen und Theorien über Organisationen, die ihm helfen, sich in diesem Feld zu orientieren (und seinem Bewusstsein darüber, welche das sind), braucht der Coach auch Kriterien dafür, wie Probleme auf der persönlichen Ebene »gemacht« werden.
Die Begriffe ›Diagnose‹ und ›Diagnostik‹ werden für gewöhnlich mit dem Feststellen oder Bestimmen von Krankheit in Verbindung gebracht und deshalb im nicht-therapeutischen Kontext mit Vorsicht oder Zurückhaltung verwendet.90 Und auch im Verlauf der Entwicklung der Gestalttherapie gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie sinnvoll oder einschränkend eine gestalttherapeutische Diagnostik sei.91
Gleichzeitig basiert jede beraterische oder therapeutische Intervention auf den Annahmen des Beraters/Therapeuten über den Klienten als Person, darüber, was in der gegenwärtigen Situation für den Klienten förderlich/nicht förderlich ist, welche Beziehung zwischen ihm und dem Klienten besteht, in welchem Feld mit welchen Einflussgrößen sie sich befinden.
»Wir können nicht vermeiden zu diagnostizieren: Wir stehen vor der Wahl, ob wir es schludrig und nachlässig oder auf gut durchdachte, bewusste Weise tun. Die Gefahr, dem Klienten ein Glaubens- oder Wertesystem überzustülpen, verschärft sich, wenn man ohne Bewusstheit diagnostiziert.«92
Diagnostizieren heißt, Konzepte und Annahmen darüber anzuwenden, was auf die gegenwärtige Situation bezogen, »funktional« und »dysfunktional« ist, »gesund« oder »krank«. Die gestalttherapeutische Diagnostik hat beides im Auge, die »gesunde« kreative Anpassung eines Menschen in seinem Umweltfeld, seine Ressourcen und Potenziale und wie er sie aktiviert, sowie die Art und Weise, wie er seine Anpassung einschränkt oder sein Erleben blockiert. Dabei betrachtet sie die Person als Ganzheit, in der Körper, Seele und Geist verbunden sind. Der Dynamik der dialogischen Beziehung entsprechend, geht es beim ›Feststellen und Erkennen‹ nicht in erster Linie darum, dass der Berater etwas über den Klienten erfährt, sondern dass der Klient etwas über sich erfährt.
Der gestalttherapeutisch diagnostizierende Coach richtet seine Aufmerksamkeit auf drei Bereiche: Das, was er unmittelbar an seinem Gegenüber beobachten kann, wie dieser auf seine Beziehungsangebote eingeht und an welchen Stellen er unter Umständen seinen Prozess der Erfahrung unterbricht.