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Organisationen und ihre sie steuernden Prozesse werden komplexer, und damit verändern sich auch die Anforderungen an die Mitglieder der Organisation. Neben reinen Steuerungsaufgaben im Management muss eine Führungskraft zunehmend anspruchsvolle Beziehungsarbeit leisten, worauf sie in der Ausbildung oder im Studium für gewöhnlich nicht vorbereitet wurde. Aus den daraus resultierenden Fragestellungen für den Einzelnen ist in den letzten Jahren ein zusätzlicher Beratungsbedarf und ein neues Beratungsformat entstanden: Coaching. Coaching wendet Konzepte und Modelle aus der Management- und Organisationsberatung an und nutzt gleichzeitig Konzepte und Modelle aus dem Feld der personenbezogenen Beratung. Eine der konzeptuellen Quellen, aus der Berater in diesem Zusammenhang schöpfen, ist die Gestalttherapie.

Gestalttherapie ist, wie beschrieben, ein modernes psychotherapeutisches Verfahren, das über ein solides Fundament aus erkenntnistheoretischen Konzepten und daraus abgeleiteten Methoden verfügt, Menschen bei und in ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Sie versteht den Menschen als Bestandteil eines Organismus-Umweltfeldes und damit eingebettet in seine sozialen Beziehungen. Aus diesem Grund gilt die therapeutische Beziehung als zentrale Dimension der Therapie.

Am Anfang meiner Überlegungen stand die Frage: Was ist GestaltCoaching, wenn es mehr sein soll als nur die Anwendung verschiedener gestalttherapeutischer Techniken im Rahmen eines Coachingprozesses und wenn es seinen Titel nicht nur dadurch erhält, dass es ein Gestalttherapeut durchführt? Wie gezeigt wurde, gibt es eine Reihe von theoretischen Ansätzen und darauf aufbauenden praxisorientierten Vorgehensweisen der Gestalttherapie, die die Grundlage und den Rahmen für ein Coaching-Konzept bilden, das als GestaltCoaching bezeichnet werden kann:

Auch GestaltCoaching ist in erster Linie Coaching, das heißt eine Einzelberatung im Kontext von Organisation bezogen auf ein Thema, das an der Schnittstelle Mensch und Organisation entsteht.

GestaltCoaching orientiert sich in seinem Ablauf an den Phasen des Kontaktzyklus und versteht den Beratungsprozess als ein zusammenhängendes Geschehen. Daraus lassen sich Empfehlungen sowohl für die Gestaltung der einzelnen Prozess-Phasen als auch für den Ablauf der einzelnen Coaching-Sitzungen ableiten.

Der gestalttherapeutisch arbeitende Coach strebt eine dialogische Beziehung mit dem Coachee an, die auf der persönlichen Ebene so partnerschaftlich wie möglich ist. Gleichzeitig ist sich der Coach der funktionalen Ebene der Beziehung und des Organisationskontextes und dessen Anforderungen bewusst.

GestaltCoaching verfolgt das Ziel, die Selbstwahrnehmung und die Selbstreflexion des Coachee zu stärken und ihn darin zu unterstützen, seine Potenziale im Austausch mit der Umwelt aktiv zu nutzen und seinen Handlungsspielraum zu erweitern.

Der Zyklus des Erlebens und die Kontaktfunktionen sind Referenzrahmen, die der Coach diagnostisch nutzt. Er stellt dem Coachee selektiv authentisch seine Wahrnehmungen und Einschätzungen zur Verfügung. Ob sie stimmig und zutreffend sind, darüber entscheiden beide im Dialog.

Die Verantwortung für den Coachingprozess liegt bei Coach und Coachee. Der Coachee als Initiator und Fragesteller, dessen Engagement den Prozess trägt, der Coach als Experte für die Steuerung von Lernprozessen. Zudem nimmt der Coach den Coachee auch in seiner existenziellen Verantwortung für sich und sein Leben wahr und respektiert dessen So-geworden-Sein.

Bezogen auf das Konzept der paradoxen Theorie der Veränderung arbeitet der Coach ausgehend vom Hier und Jetzt der aktuellen Situation und lässt Veränderungsimpulse geschehen, statt sie herbeizuführen. Die Verantwortung im Sinne von Befähigung für jede Veränderung liegt beim Coachee. Voraussetzung für eine Veränderung ist das Anerkennen dessen, wie es jetzt ist. Der Beratungsprozess im GestaltCoaching ist deshalb zunächst bewusstseinsorientiert und erst in zweiter Linie aktionsorientiert.

Mit diesem Verständnis von GestaltCoaching stellen sich gestalttherapeutisch arbeitende Coaches aktiv in das Spannnungsfeld von Personeninteresse und Organisationsinteresse. Sie unterstützen die Person darin, sich auf ein, wie der irisch-amerikanische Dichter David Whyte es nennt »wirkliches Gespräch« mit ihrer Umwelt einzulassen:

»In order to get a real conversation with the world you have to drop artificial language, you have to drop politics, and you have to drop an environment based on fear and hiding. People must be encouraged not only to know their craft, their products, their work and the people they serve, but know a little of themselves. In order to respond to the world of wants, they must know something of what they want themselves. Just as important they must know what they do not want.«101

Sie tun das in einem Organisations-Umfeld, das (immer noch) von einem eher eindimensionalen Managementverständnis geprägt ist:

»Manager is derived from the old Italian and French words maneggio and manège, meaning the training, handling and riding of a horse.

It is strange to think that the whole spirit of management is derived from the image of getting on the back of a beast, digging your knees in and heading it in a certain direction. The word manager conjures images of domination, command, and ultimate control, and the taming of a potentially wild energy. (…) All appropriate things if you wish to ride a horse, but most people don’t respond very passionately or very creatively to being ridden (…)«102

Dieses Spannungsfeld zwischen Interesse der Person und Interesse der Organisation als den produktiven Ort »dazwischen« zu verstehen, an dem GestaltCoaching stattfindet und wirkt, ist die Herausforderung, vor die sich jeder Coach immer wieder gestellt sieht.

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