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Reaktivität
ОглавлениеBezeichnet, vereinfacht gesprochen, den Kontaktmodus »Überlebensprogramm«, das durch unbewusste Angst und deren Unterdrückung ausgelöst wird. Der Organismus meint angegriffen zu werden und reagiert archaisch mit den Mitteln Kampf, Flucht oder Sich-Totstellen. Die weniger archaischen Ausdrucksformen können statt Kampf z. B. Abwertung und Bloßstellen sein. Statt die Flucht zu ergreifen, erfolgt Rückzug oder man wendet sich ab. Sachlich und hart bleiben, sich nichts anmerken lassen sind Ausdruck des Sich-Totstellens. Allen diesen Reaktionen ist gemein, dass sie reflexhaft erfolgen und quasi automatisch ablaufen.
In einem Interview mit Milan Sreckovic antwortete Laura Perls auf die Frage nach dem Stellenwert diagnostischer Überlegungen in ihrer therapeutischen Arbeit:
»Ich achte bei der Arbeit (…) nicht auf Etiketten. Etikettieren verursacht zum größten Teil Vorurteile. (…) Wie ich in der Therapie vorgehe, richtet sich auch danach, wie viel Kontakt mit dem Klienten möglich ist. Wenn ich jemanden kaum oder wenig kenne, gehe ich ganz von der Oberfläche aus – was ich sehe oder was ich wahrnehme – und dann schaue ich, wie und ob der Klient das auch wahrnimmt. Ich gehe immer von der momentanen Situation aus (…) Für mich ist dabei wichtig, wie der Klient seine eigene organismische Selbstregulierung (Atmung, Kreislauf etc.) durch Muskelverspannungen unterbricht, wie er die Wirksamkeit seiner Kommunikationen durch die fixierten Sprach- und Verhaltensgewohnheiten verringert.«99
Dabei zu beginnen, wie viel und welche Art Kontakt mit dem Gegenüber in einer Beratungssituation möglich ist, gilt natürlich auch für jede Coaching-Beziehung. Das bedeutet konkret, dass sich Coach und Coachee darüber verständigen müssen, inwieweit der Coachee Interesse an den Wahrnehmungen des Coaches hat. Solange sich der Coachee in seinem Feld als funktional und stimmig erlebt, hat er zunächst oft wenig Veranlassung oder Neugier, sich auf das unsichere Feld der Selbsterfahrung und Selbstreflexion zu begeben. Außerdem gilt:
»Rückmeldearbeit ist (…) erst möglich, wenn der Berater als Informationsquelle für den Klienten glaubwürdig geworden ist. Nur dann sind die emotionalen und kognitiven Dissonanzen überhaupt aushaltbar, die für den Klienten mit der Entgegennahme ungewohnter Rückmeldeinformationen entstehen.«100
Glaubwürdig wird der Coach nicht nur durch die Kompetenz-Zuschreibung des Coachee, sondern auch dadurch, dass er sich in der intendierten dialogischen Beziehung die Deutungsmacht über das Wahrgenommene und Erlebte mit dem Coachee teilt und dem Drang widersteht, »doch so viel mehr machen zu können.«