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Die Herausgeber Vorwort
ОглавлениеIst Coaching wirklich so ein »besonderes« Beratungsformat? Schließlich ist der Begriff inzwischen allgegenwärtig, vieles, was vorher »Beratung« hieß, wird jetzt als »Coaching« angeboten und ist damit Teil des Alltags geworden. Wir meinen, dass genau das das Besondere ist:
Coaching ist modern und attraktiv. Zumindest bei größeren Unternehmen erfreut sich diese Art der Einzel-Beratung inzwischen großer Akzeptanz. Haben Manager bis vor einigen Jahren noch eher verschämt darüber geschwiegen, dass sie sich beraten lassen, kann man heute auf Führungskräfte treffen, die das ihnen angebotene Coaching als eine Art Statussymbol begreifen: »So viel Aufwand und Geld bin ich meinem Unternehmen wert.«
Coaching ist aber nicht nur etablierter Bestandteil im Maßnahmen-Katalog von Personalentwicklern. Der Begriff hat von dort weite Teile der Beratungslandschaft erobert, und so trifft man jetzt auch im sozialen Feld auf Familien-Coaches, Schul-Coaches, Gesundheits-Coaches und Lebens-Coaches. Ganz zu schweigen von den entsprechenden Angeboten aus den Bereichen Life-Style bis Esoterik, die sich mit dem »xy-Coaching« den Anschein von Professionalität und Effektivität geben. Schließlich denkt man bei Coaching an Spitzensportler und/oder Manager und assoziiert somit Leistung, Zielerreichung und Erfolg.
Was uns zu einer weiteren Besonderheit des Formats Coaching führt: Trotz aller Popularität scheint nach wie vor nicht klar, was »Coaching« eigentlich ist. Diese Feststellung bezieht sich nicht nur auf das weite Feld der sozialen oder spirituellen Beratung, das sich, so steht zu vermuten, den Begriff ausleiht, weil er attraktiv ist. Auch im Umfeld der Organisation herrscht zum Teil Unklarheit über Rahmen, Inhalt und Anwendungsmöglichkeiten dieser Art der Beratung. Je nach Selbstverständnis und Menschenbild der Organisation wird Coaching entweder als »Therapie light«, »Mittel zur individuellen Entwicklung«, »Mittel zur Verbesserung der Performance des Mitarbeiters«, »Reparatur-Werkstatt« oder »Incentive für verdiente Mitarbeiter« verstanden und jeweils mit hohen Erwartungen an seinen Erfolg eingesetzt. Durchgeführt von Coaches, die sich, je nach professionellem Selbstverständnis und Menschenbild, als Therapeuten, Organisationsberater, Trainer, Ersatz-Führungskräfte oder Dienstleister verstehen. Entsprechend weit gefächert sind die Methoden und Interventionen, die im Laufe eines Coaching-Prozesses zur Anwendung kommen können. Neben den altbewährten Ansätzen, die Coaches aus der Organisationsberatung und der humanistischen Psychologie übernehmen, um die Co-Kreation der Beratungssituation zu befördern, finden sich, um nur ein paar Beispiele zu nennen, inzwischen auch die Vertreter von NLP, Wingwave, EMDR, Positive Psychology, Provokativer Therapie, Chanting, Hypnose etc. als Coaches in Organisationen ein. Worüber in all der Unübersichtlichkeit inzwischen weitgehend Einigkeit herrscht, sind einige Rahmenbedingungen des Formats Coaching: Es findet unter vier Augen statt, die Inhalte sind vertraulich und es ist zeitlich begrenzt.
Womit wir bei einer weiteren Besonderheit dieser Art von Beratung sind, ihrer potenziellen Unangepasstheit an die Organisations-Logik. Im geschützten Raum kann der Mitarbeiter seine persönliche und individuelle Position zu den Anforderungen und Phänomenen der Organisation mit jemandem reflektieren und klären, der nicht Teil der Organisation ist. Daraus können theoretisch intensive Lernerfahrungen für den Mitarbeiter und positiv verstörende Impulse für die bisherige Ordnung der Organisation entstehen. Theoretisch. Praktisch wird Coaching mindestens genauso häufig zum (Trost-)Pflaster oder zur Alibiveranstaltung, dessen Wirkung sich in den Weiten der Organisation oder der Bequemlichkeit der handelnden Personen verliert.
Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass das professionelle Rollenverständnis der als Coach tätigen Berater in diesem Geschehen eine große Rolle spielt. Der Auftrag der Organisation ist das eine. Inwieweit der Coach dem entspricht, ist das andere. Das hängt (u. a.) von seinem beraterischen Selbstverständnis, seinem Bild von Organisationen und seinem Konzept von persönlicher Veränderung ab. Dies sind Gründe, weshalb Coaching auch für Coaches ein anspruchsvolles und besonderes Beratungsformat ist.
Die Organisation als Ort und bedeutsames Umfeld, in der und für welche Coaching stattfindet, der Mitarbeiter als Funktionsträger und Individuum mit Körper, Geist und Seele und der Coach als beratender Unterstützer lassen Coaching zu einem komplexen Geschehen auf verschiedenen Ebenen werden, die es sich aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten lohnt. Einige dieser Ebenen adressieren die Beiträge in diesem Buch:
• Sabine Engelmann klärt und definiert das Konzept von »GestaltCoaching«.
• Sandra Čanić zeigt den Weg von »Awareness to Change« auf.
• Hans Baumeister beantwortet die Frage, wie das Bild der Organisation die Vorgehensweise im Coaching beeinflusst.
• Monika Spiegel untersucht die Persönlichkeitsstruktur von Führungskräften im Spannungsfeld.
• Christof Schneck beschäftigt sich mit dem Umgang mit narzisstischen Phänomenen im Management Coaching.
• Jürgen Fabian geht der Frage der persönlichen Leistung und Lebensqualität in effizienzgetriebenen Organisationen nach und entwickelt daraus Ansatzpunkte für die Arbeit im Coaching.
• André Kindhauser schildert seinen ganz persönlichen Weg vom Banker zum Gestaltberater.
• Karin Schwenk beschreibt die Anwendung einer besonderen Methode im Coaching von Arbeitslosen.
• Tom Gerum lässt uns teilhaben an seinem Selbstcoaching mit der Methode »Embedded Handbuch«, und schließlich, statt eines Nachworts, nimmt uns
• Werner Gill mit auf einen gedanklichen Streifzug und zeigt, dass jeder Ausgang auch ein Eingang ist.