Читать книгу Das Nibelungenlied - Группа авторов - Страница 15
Wie Gunther mit seinen Gefährten nach Island kam
Оглавление396 Da der König Gunther die vielen Burgen sahund auch die weiten Marken, gar bald sprach er da:»Saget mir, Freund Sigfrid, ist Euch das bekannt,wessen sind die Burgen und auch das herrliche Land?
397 Ich hab in meinem Leben, das muss ich gestehn,so wohlgebaute Burgen nimmermehr gesehnin irgendeinem Lande, wie man hier sie schaut.Ein Mächtiger ist es gewesen, der diese hier hat gebaut.«
398 Antwort gab da Sigfrid: »Es ist mir wohlbekannt:Frau Brünhild gehören Leute und Landund Isenstein, die Feste, wie Ihr von mir gehört.Schöner Frauen Anblick wird Euch heute noch gewährt.
399 Ich will Euch Helden raten, habt alle diesen Mut,dass wir dasselbe sagen! So dünkt es mich gut.Wenn wir noch heute zu Brünhilde gehn,so müssen wir mit Sorgfalt vor der Königin stehn.
400 Wenn wir die Minnigliche und ihr Gefolge sehn,so sollt Ihr auf einer Behauptung bestehn:Gunther sei mein Herrscher und ich sein höriger Mann;wir können unsere Absicht sicherlich erreichen dann.«
401 Bereit dazu sie waren, wie er sie geloben hieß;keiner übermütig von der Rede ließ.Sie sprachen, wie er wollte – zum Vorteil es geschah –,als der König Gunther die schöne Brünhilde sah.
402 »Solches ich nicht sage um deinen Wunsch allein,nur um Kriemhilds willen, das schöne Mägdelein.Die gilt mir wie die Seele und wie mein eigner Leib;ich will es gern verdienen, dass sie werde mein Weib.«
403 Während sie so sprachen, war ihr Schiff so nahzur Burg herangekommen, dass der König sahoben in den Fenstern gar manche schöne Maid.Da begann zu fragen der Recke kühn voll Freudigkeit:
404 »Saget mir, Freund Sigfrid, auf die Frage mein:kennet Ihr die Frauen und auch die Mägdelein,die dort herniederschauen zu uns auf die Flut?Sie zeigen durch ihr Gebaren, dass sie haben hohen Mut.«
405 Da sprach der kühne Sigfrid: »Ihr mögt von hier aus spähn,heimlichen Sinnes, und sollt mir dann gestehn,welche Ihr nehmen wolltet, hättet Ihr die Wahl.«»Das tu ich«, sprach Gunther, der kühne Recke allzumal.
406 »Von ihnen sehe ich eine in jenem Fenster stehnin schneeweißer Kleidung; die ist so wunderschön,die wollen meine Augen. Wohlgetan ist ihr Leib;wenn die Wahl ich hätte, sie müsste werden mein Weib.«
407 »Die hat recht erkoren deiner Augen Schein:es ist die starke Brünhild, das schöne Mägdelein,die dein Herze minnet, dein Leib und auch dein Mut.«All ihr Gebaren, das dünkte König Gunther gut.
408 Die Königin hieß da von den Fenstern gehndie minniglichen Maide: sie sollten da nicht stehnzum Anblick für die Fremden. Sie folgten unverwandt.Was da die Frauen taten, das ist uns weiter auch bekannt.
409 Für die Unbekannten zierten sie ihren Leib,wie es übt als Sitte jedes wackre Weib.An die engen Fenster traten sie heran,wo sie die Recken sahen; das wurde heimlich getan.
410 Ihrer vier nur waren, die da kamen an Land:Sigfrid, der starke, zog ein Ross an der Hand.Das sahen durch die Fenster die minniglichen Fraun.Da war für König Gunther eine große Ehre zu schaun.
411 Sigfrid hielt am Zaume das stattliche Ross,das gute und schöne, stark und groß,bis der König Gunther in dem Sattel saß.Also dient ihm Sigfrid, was er doch später ganz vergaß.
412 Er holte auch das seine von dem Schiffe dann.Solche Dienste hatte selten er getan,dass er je den Bügel gehalten Helden mehr.Das sahen durch die Fenster die Frauen schön sowie hehr.
413 In derselben Weise den Rittern freudenreichvon schneeweißer Farbe waren völlig gleichdie Rosse und die Kleider. Ihrer Schilde Randleuchtete gar prächtig den edeln Männern von der Hand.
414 Auf schön gezierten Sätteln mit Brustriemen schmalherrlich ritten die Helden vor Brünhildens Saal.Daran hingen Glöcklein aus lichtem Golde rot.Sie kamen zu dem Lande, wie ihre Tapferkeit gebot,
415 mit Speeren, neu geschliffen, und wohlgeschmiedetem Schwert,das bis auf die Sporen reichte den Helden wert.Das führten die Vielkühnen, scharf, dazu auch breit.Das alles sah Brünhild, die gar minnigliche Maid.
416 Mit ihnen zusammen kamen Dankwart auch und Hagen.Nun hört diese Kunde, wie die beiden Degenvon rabenschwarzer Farbe trugen ein reich Gewand.Gute und schöne Schilde, große und breite, hielt ihre Hand.
417 Man sah sie Steine tragen aus Libia, dem Land,die funkeln man schaute, bewegte sich ihr Gewand.Sie ließen unbehütet ihr Schifflein auf der Flut.So ritten zu der Feste, die Helden tapfer und gut.
418 Sechsundachtzig Türme drinnen stehn sie sahn,drei weite Pfalzen und einen Saal wohlgetanaus edelm Marmelsteine, grün wie das Gras,darin die starke Brünhild mit ihrem Ingesinde saß.
419 Das Tor ward aufgeschlossen, die Burg aufgetan.Brünhildes Mannen eilten da heranund empfingen wohl die Kühnen in ihrer Herrin Land.Man nahm in Hut die Rosse und ihre Schilde von der Hand.
420 Ein Kämmerer sprach da: »Gebt uns Euer Schwertund auch die lichte Brünne!« »Das wird Euch verwehrt«,sprach Hagen, der kühne. »Wir wollen sie selber tragen.«Da begann ihm Sigfrid rechten Bescheid zu sagen.
421 »In dieser Burg ist es üblich, das will ich Euch sagen,dass keiner der Gäste darf hier Waffen tragen.Gebt sie in Verwahrung! Das ist wohlgetan.«Sehr ungern tat dieses Hagen, König Gunthers Mann.
422 Man schenkte ein den Gästen und sorgte für ihre Ruh.Gar manchen schnellen Degen sah man dem Hofe zuin fürstlichem Gewande allenthalben gehn.Eifrig ward von allen nach den kühnen Helden da gesehn.
423 Da gab man Brünhilde die Nachricht bekannt,es seien fremde Recken gekommen in das Landin reichen Gewanden, geschifft über die Flut.Da begann zu fragen diese Jungfrau schön und gut.
424 »Ihr sollt mich wissen lassen«, sprach die Königin,»welche fremde Recken zu uns gefahren hin,die in meiner Feste so herrlich hier stehn,und aus welchem Grunde der Helden Reise sei geschehn.«
425 Da sprach der Mannen einer: »Herrin, ich muss gestehn,dass ich ihrer keinen bisher habe gesehn.Doch einer ist darunter, der Sigfrids Aussehn hat.Ihr sollt ihn wohl empfangen. Das ist in Treuen mein Rat.
426 Der andre der Gesellen ist rühmlich und hehr;wenn die Macht er hätte, ein König wäre der,möchte er sie haben, ob Fürstenlanden weit.Man sieht ihn bei den andern stehn in rechter Herrlichkeit.
427 Der dritte der Gesellen, der zeigt finstern Sinnund ist doch schönen Aussehns, reiche Königin.Furchtbare Blicke er so viele tut.Er hat in seinem Wesen, glaub ich, grimmigen Mut.
428 Der Jüngste ist darunter, so lieblich dünkt er mich,in jungfräulichen Züchten seh ich so minniglichin edeler Haltung den reichen Degen stehn.Wir müssten es alle fürchten, wäre ihm ein Leid geschehn.
429 So freundlich der Zucht er pfleget, so schön auch ist sein Leib;er könnte wohl weinen machen manches wackere Weib,begönne er zu zürnen. So ist seine Gestalt;er ist in jeder Tugend ein Held von kühner Gewalt.«
430 Da sprach die Königstochter: »Nun bringt mir mein Gewand!Ist der starke Sigfrid gekommen in mein Landum meiner Minne willen, es geht ihm an den Leib,so sehr ich ihn nicht fürchte, dass ich würde sein Weib.«
431 Die Königin legte bald an ein schmuckes Kleid.Es folgte ihren Schritten gar manche schöne Maid,wohl hundert oder drüber; geziert war ihr Leib.Die Gäste wollten schauen gar manches minnigliche Weib.
432 Mit ihnen gingen Recken da aus Island,Brünhildens Degen, das Schwert in der Hand,fünfhundert oder drüber; das war den Gästen leid.Aufstanden von den Sitzen die Helden kühn und wohl bereit.
433 Als die Königstochter Sigfrid nun sah,züchtig die Jungfrau zu dem Recken sagte da:»Seid willkommen, Sigfrid, hier in diesem Land!Weswegen Ihr gekommen, gerne hätt ich das erkannt.«
434 »Dank für Eure Gnade, Frau Brünhild,dass Ihr mich geruht zu grüßen, Fürstentochter mild,vor diesem kühnen Recken, der vor mir stehet hier.Denn mein Herr ist dieser, die Ehre nicht gebühret mir.
435 Vom Rhein ist er geboren; das gibt er dir bekannt.Er hat um deinetwillen besucht dieses Land.Er will dich gerne minnen, was auch die Folge sei.Nun bedenke dich beizeiten! Mein Herr gibt nimmermehr dich frei.
436 Er ist geheißen Gunther und ist ein König hehr.Erwirbt er deine Minne, so begehrt er nichts mehr.Er gebot mir herzufahren, der Recke edler Art.Hätt ichs verweigern dürfen, ich unterließe gern die Fahrt.«
437 Sie sprach: »Ist dein Herr er und bist du sein Mann,die Spiele, die ich bestimme, wagt er sich daranund gewinnt er die Meisterschaft, so minne ich seinen Leib.Wenn nicht, muss er sterben, statt dass ich werde sein Weib.«
438 Hagen sprach da von Tronje: »Fraue, lasst uns sehnEure starken Spiele! Ehe Ihr mögt bestehnGunther, meinen Herrscher, da müsst es übel sein.Er wird wohl noch gewinnen ein so schönes Mägdelein.«
439 »Den Stein soll er werfen und springen danach,den Speer mit mir schleudern. Bedenket Euch gemachund übereilt es nimmer!« Sprach das schöne Weib:»Gebrichts ihm nur an einem, es gehet Euch an Leben und Leib.«
440 Sigfrid, der schnelle, zu dem König trat.Ganz nach seinem Willen zu reden er ihn batmit der starken Brünhild: es könnt ihm nichts geschehn.»Anders wird es enden; ihr Übermut soll ihr vergehn.«
441 Da sprach der König Gunther: »Königin hehr,teilt mit, was Ihr gebietet! Und wäre es auch noch mehr,das bestünd ich alles gerne um Euern schönen Leib.Mein Haupt will ich wagen, damit Ihr werdet mein Weib.«
442 Als da seine Rede vernahm die Königin,ließ sie das Spiel beeilen, wie es ihr passend schien.Auch ließ sie sich bringen alsbald ihr Streitgewand:eine starke Brünne und einen guten Schildesrand.
443 Ein Waffenhemd aus Seide legte an die Maid,das durchschneiden konnte keine Waffe im Streit.Von Stoffen aus Libia war es wohl gemacht.Man sah daran glänzen lichtgewirkter Borten Pracht.
444 Inzwischen ward den Recken die Drohung wohl bewusst.Dankwart und Hagen hatten verloren alle Lust:wie es dem König ginge, sorgte sich ihr Mut.Sie dachten: unsre Reise tut uns Recken nimmer gut.
445 Derweil hatte Sigfrid, der Held ritterlich,ehe es jemand bemerkte, zum Schiff begeben sich,wo er die Tarnkappe verborgen liegen fand.Hinein schlüpft er eilend. Da ward von niemand er erkannt.
446 Zurück eilte er wieder. Da fand er Recken viel,als Brünhild bekannt gab nun ihr hohes Spiel.Dann ging er hin gar heimlich; man ließ es geschehn,so dass niemand von allen, die da waren, ihn gesehn.
447 Der Ring war bezeichnet; da sollte das Spiel geschehnvor vielen kühnen Recken, die es sollten sehn,mehr als siebenhundert; die sah man Waffen tragen.Wer das Spiel gewönne, das sollten diese Helden sagen.
448 Da war gekommen Brünhild, die man gewaffnet fand,als ob sie streiten wollte um aller Könige Land.Sie trug auf der Seide viel Goldstäbchen fein.Ihre minnige Farbe gab drunter herrlichen Schein.
449 Dann kam auch ihr Gesinde. Die trugen unverwandtaus allrotem Golde einen lichten Schildesrandmit stahlharten Spangen, gewaltig groß und breit;damit wollte führen das Kampfspiel die hehre Maid.
450 Der Fürstin Schildfessel war eine Borte fein,grün wie Gras drauf glänzte edeles Gestein;das strahlte mannigfaltig im Schimmer gleich dem Gold.Gar teuer musst es verdienen, wer die Fraue minnen wollt.
451 Der Schild hatt unterm Buckel, wie man uns gesagt,wohl dreier Spannen Dicke, den tragen sollte die Magd.Von Stahl und auch von Golde war er stark genug,den von ihren Kämmerern selbst die Vierzahl mühsam trug.
452 Als der starke Hagen den Schild da tragen sah,der Recke von Tronje voll Unmut sagte da:»Wie nun, König Gunther? Um Leben gehts und Leib;die Ihr begehrt zu minnen, die ist fürwahr des Teufels Weib.«
453 Hört von ihren Kleidern! Sie hatte deren genug:Von Azagaug aus Seide einen Waffenrock sie trug,gar köstlich und gar edel, so dass hellen Scheinvon der schönen Brünhild gab mancher herrliche Stein.
454 Dann trug man hin der Fraue, groß und dazu schwer,den allzeit sie geschleudert, einen mächtigen Ger,scharf und ungefüge, lang sowie breit,der an seinen Kanten gar gefährlich schnitt im Streit.
455 Von des Gers Gewichte höret Wunder sagen!Mit viertehalb Maßen war er beschlagen.Ihn trugen hin zu Brünhild mit Mühe drei Mann.Gunther, der vielkühne, schwer zu sorgen da begann.
456 Er dacht in seinem Sinne: wie soll das ergehn?Der Teufel aus der Hölle, wie könnt er da bestehn?Wäre ich da lebend wieder an dem Rhein,sie dürfte hier gar lange meiner Minne ledig sein.
457 Ihm schufen seine Sorgen, das wisset, Leid genug,herbei alle Waffen für ihn allein man trug.Da ward der reiche König gewaffnet wohl zum Streit.Beinahe ward verwandelt Hagen da der Mut vor Leid.
458 Da sprach von den Burgunden der kühne Dankwart:»Mich muss immer reuen zum Hofe diese Fahrt.Wir hießen immer Recken; gehts uns an den Leib,soll uns in diesem Lande nun verderben solch ein Weib?
459 Mich kränkt das gar schmerzlich, dass ich kam in dieses Land.Ja, hätt mein Bruder Hagen die Waffen in der Handund auch ich die meinen, so möchte sanfter fürwahrin ihrem Übermute auftreten Brünhilds Schar.
460 Das sag ich euch in Wahrheit: sie müssten sich bescheiden;und hätt ich auch beschworen den Frieden mit tausend Eiden,eh dass ich sterben sähe den lieben Herren mein,ihr Leben müsste lassen das vielschöne Mägdelein.
461 Wir würden in Freiheit räumen dieses Land,ich und mein Bruder Hagen. Hätten wir das Gewand,des wir in Not bedürfen, und unsere Schwerter gut,so würde wohl besänftigt der Fraue starker Übermut.«
462 Die Königin es hörte, was Dankwart sagte da.Mit lächelndem Munde sie über die Achsel sah:»Dünkt er sich so tapfer, so bringet ihr Gewand!Und ihre scharfen Waffen gebt den Recken in die Hand!
463 Mir gilt das nicht anders, wenn sie bewaffnet sind,als ob sie bloß dastünden«, sprach das Königskind.»Ich fürchte niemandes Stärke, der mir ward bekannt,ich getraue mich zu bestehen im Streit wohl jedes Helden Hand.«
464 Da sie die Schwerter erhielten, wie die Frau gebot,da wurde vor Freude der kühne Dankwart rot.»Lasst spielen, was sie wollen!« sprach der Recke wert.»Gunther ist unbezwungen, da wir nun haben unser Schwert.«
465 Brünhildes Stärke zeigte sich nicht klein.Man trug in den Ring ihr einen runden Marmelstein,groß und ungefüge, gewaltig und schwer.Zwölf kühne Helden trugen mühsam nur der Frau ihn her.
466 Den warf sie alle Zeiten, wie sie den Ger verschoss.Der Burgunden Sorge wurde übergroß.»Wehe«, sprach da Hagen, »ist die dem König traut?Sie sollte in der Hölle sein des übeln Teufels Braut!«
467 An ihren weißen Armen sie die Ärmel wandund schickte sich an, zu fassen den Schild mit der Hand.Den Ger schwang sie nach oben. Der Kampfbeginn war das.Gunther und Sigfrid waren besorgt um Brünhilds Hass.
468 Wär ihm der starke Sigfrid nicht rasch zu Hilfe gekommen,so hätte sie dem König das Leben wohl genommen.Hinzu trat er gar heimlich und rührte seine Hand.Gunther ob seiner Künste in großer Sorge sich befand.
469 Wer hat mich da berühret? dachte der kühne Mann.Er schaute allenthalben; doch traf er niemand an.Der sprach: »Ich bin es, Sigfrid, der liebe Helfer dein.Ohne Sorge sollst du vor dieser Königin nun sein.
470 Den Schild gib in die Hand mir und lass mich ihn tragen!Und merke meine Lehre, die du mich hörest sagen:du habe die Gebärde! Das Werk vollbringe ich.«Als dieses er vernommen, in Trost der König fasste sich.
471 »Verhehl nun meine Künste! Das ist uns beiden gut.Die Königin vermag dann ihren starken Übermutan dir nicht zu vollbringen, darauf ihr Wille geht.Nun sieh, wie furchterweckend vor dir sie in dem Ringe steht!«
472 Da warf mit allen Kräften die vielstarke Maidden Ger nach dem Schilde, mächtig und breit.Den trug an seinem Arme der Siglinde Kind.Feuer sprang aus dem Stahle, als ob da wehete ein Wind.
473 Des starken Speeres Schneide so den Schild durchdrang,dass lohendes Feuer aus den Ringen sprang,vom Wurf strauchelten beide, die Recken auserkoren:betäubt waren so stark sie, dass sie das Leben fast verloren.
474 Sigfrid, dem Vielkühnen, aus dem Munde schoss das Blut.Doch schnell sprang auf er wieder. Dann nahm der Recke gutden Ger, den sie geschleudert ihm durch des Schildes Rand.Den warf zurück ihr wieder seine kraftgewaltige Hand.
475 Er dachte: ich will nicht treffen das schöne Mägdelein.Er kehrte des Geres Spitze hinter den Rücken sein.Mit der Speerstange warf der kühne Mannauf sie mit solchen Kräften, dass sie zu straucheln begann.
476 Feuer stob aus dem Stahle, als triebe es ein Wind.Den Wurf tat mit Kräften der Sigelinde Kind.Sie konnte nicht bestehen den Wurf mit ihrer Kraft.Das hätte König Gunther fürwahr nimmer geschafft.
477 Brünhild, die schöne, auf gar eilend sprang.»Gunther, edler Ritter, für den Wurf habe Dank!«Sie wähnte, dass er es hätte mit seiner Kraft getan.Ihr war heimlich begegnet ein viel stärkerer Mann.
478 Dann ging sie hin geschwinde, zornig war ihr Mut.Den Stein hob empor sie, die edle Jungfrau gut.Sie warf mit allen Kräften ihn weit aus der HandNachsprang sie dann dem Wurfe, dass laut erklang ihr Gewand.
479 Der Stein war gefallen wohl zwölf Klafter weit.Doch übertraf im Sprunge den Wurf die edle Maid.Wo der Stein gelegen, ging da Sigfrid hin.Berühren tat ihn Gunther; doch warf der edle Recke ihn.
480 Sigfrid war ja tapfer, dazu stark und lang.Den Stein warf er weiter, dazu er weiter sprang.Das war ein großes Wunder und kunstvoll genug,dass er bei dem Sprunge den König Gunther auch noch trug.
481 Der Sprung, der war vollführet; der Stein, er lag da.Dennoch keinen andern als Gunther man sah.Brünhild, die schöne, ward vor Zorne rot,Sigfrid hatte bewahret König Gunther vor dem Tod.
482 Zu ihrem Ingesinde sprach die Fürstin da,da sie am Rand des Ringes gesund den Helden sah:»Sogleich tretet näher, wer mein Mage und Mann!Ihr sollt dem König Gunther alle werden untertan.«
483 Da legten die Kühnen die Waffen aus der Hand.Es neigte sich zu Füßen aus BurgundenlandGunther, dem reichen, mancher kühne Mann.Sie wähnten, die Spiele hätt er mit seiner Kraft getan.
484 Er grüßte sie in Minne; denn er war tugendsam.Die liebliche Jungfrau an der Hand ihn nahm.Sie erlaubt ihm, dass er sollte haben die Gewalt.Drob freute sich da Hagen, der als kühn und verwegen galt.
485 Sie bat den edeln Ritter, mit ihr zu gehen fortin den weiten Palas, viel Mannen waren dort.In Ehrfurcht man dem Degen besten Dienst entbot;durch Sigfrids Kräfte waren sie gekommen aus der Not.
486 Sigfrid, der schnelle, war wohl klug genug,so dass die Tarnkappe zum Versteck er wieder trug.Dann kam zurück er wieder, wo manche Fraue saß.Er sprach zu dem König und tat ganz unbefangen das:
487 »Was wartet Ihr, mein Herrscher, wann beginnt das Spiel,dazu Euch entboten die Königin so viel?Nun lasset das uns schauen, wie dies werde getan!«Als ob er nichts gesehen, stellte sich der listige Mann.
488 Die Königin sprach da: »Wie ist das geschehn,dass Ihr habt, Herr Sigfrid, die Spiele nicht gesehn,die hier hat gewonnen König Gunthers Hand?«Antwort gab da Hagen, der Held aus Burgundenland:
489 »Als Ihr also schmerzlich betrübt uns den Mut,da war bei dem Schiffe Sigfrid, der Degen gut,wie der Held vom Rheine das Spiel mit Euch gewann.Drum ist es ihm unbekannt«, sprach da König Gunthers Mann.
490 »Wohl mir ob der Kunde«, sprach Sigfrid, der Degen,»dass Euer Hochmut also ist erlegen,dass ein so Kühner lebet, der Euer Meister möchte sein.Nun sollt Ihr, edle Jungfrau, von hier uns folgen an den Rhein.«
491 Die Königin sprach da: »Das kann noch nicht sein.Es müssen erst erfahren die Magen und Mannen mein.So leicht kann ich wahrlich nicht verlassen mein Land.Meinen hohen Gefreundten muss es werden erst bekannt.«
492 Boten hieß sie reiten allenthalben alsdann:sie sandte zu ihren Gefreundten, jedem Magen und Mann;die bot sie bald zu kommen zu Hof nach Islandund gebot, allen zu geben reiches, herrliches Gewand.
493 Sie ritten alle Tage zur Burg der Königinvom Morgen bis zum Abend scharenweise hin.»Ja doch«, sprach Hagen; »was erreichten wir?Wir erwarten uns zum Schaden der schönen Brünhild Mannen hier,
494 wenn in solcher Stärke sie kommen in das Land;Brünhildes Wille ist uns unbekannt.Wenn sie also zürnet, dass wir wären verloren,so ist die edle Jungfrau zum großen Unheil uns geboren.«
495 Da sprach der edle Sigfrid: »Dem will ich widerstehn.Was euch Sorgen schaffet, das lass ich nicht geschehn.Ich will euch Hilfe bringen her in dieses Landvon auserwählten Degen, die euch bisher noch unbekannt.
496 Ihr sollt nach mir nicht fragen. Ich will von hinnen fahren.Gott möge eure Ehre derweil wohl bewahren!Gar bald kehr ich wieder und bringe euch tausend Mannder allerbesten Degen, von denen jemand Kunde gewann.«
497 »So bleibet nur nicht zu lange!« der König sprach also.»Wir sind ob Eurer Hilfe aus rechtem Grunde froh.«Er sprach: »Ich kehre wieder in wenigen Tagen.Dass Ihr mich ausgesendet, das sollt Ihr Brünhilde sagen.«