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Wie Sigfrid mit den Sachsen stritt

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 144 Da kam fremde Nachricht in König Gunthers Landdurch Boten, die von ferne man dorthin gesandtvon unbekannten Recken, die erfüllt von Hass.Als sie die Mär vernahmen, leid war ihnen von Herzen das.

 145 Die will ich euch nennen: es waren Lüdegeraus dem Sachsenlande, ein mächtiger König hehr,dazu vom Dänenlande der König Lüdegast.Dessen Freunde gern trugen jeder Unterstützung Last.

 146 Ihre Boten waren kommen zum Burgundenland;dessen Widersacher hatten sie hingesandt.Man fragte nach ihren Wünschen die unbekannte Schar;dann brachte man sie eilend zu Hof, wo der König war.

 147 Da sprach der König Gunther: »Nun seid mir willkommen!Wer euch hierhergesendet, hab ich noch nicht vernommen.Das möget ihr hören lassen«, sprach der Ritter gut.Da zagten sie gar heftig vor des grimmen Gunthers Mut.

 148 »Wollt Ihr uns, König, erlauben, dass wir die Botschaft sagen,die wir Euch nun bringen, so wollen wirs vortragen.Wir nennen die Herren, die uns hergesandt:Lüdegast und Lüdeger, die wollen heimsuchen dies Land.

 149 Ihr habt deren Hass erworben, Ihr könnt glauben das.Wider Euch hegen die Recken grimmen Hass.Sie planen eine Heerfahrt nach Worms an den Rhein.Ihnen folgen viele Recken. Daran soll Euch kein Zweifel sein.

 150 Binnen zwölf Wochen soll die Fahrt geschehn.Habt Ihr gute Freunde, lasst bald sie es ersehn,dass sie Euch schirmen helfen die Burgen und Euer Land!Sie werden hier zerhauen manches schmucken Schildes Rand.

 151 Oder wollt Ihr verhandeln, so legt dieses dar!Dann reitet nicht so nahe ihre starke Scharnach Worms an dem Rheine zu Euerm Herzeleid,davon verderben müsste manch guter Ritter hier im Streit.«

 152 »Verzieht nun eine Weile«, der edle König sprach,»bis ich es erwogen! Ich künde es euch danach.Hab ich getreue Mannen, denen will ichs vortragen:so wichtige Botschaft muss ich meinen Freunden sagen.«

 153 Dem König war die Botschaft Leides genug;die Kunde im Geheimen im Herzen er trug.Er ließ Hagen holen. Auch andere er entbot.Er hieß alsbald auch gehen zu Hofe hin zu Gernot.

 154 Da kamen nun die Besten zu ihm, die man fand.Er sprach: »Heimsuchen will man unser Landmit starken Heerscharen. Das lasst euch werden leid!Ohne Verschulden will man wider uns erheben Streit.«

 155 »Dem wehren wir mit Schwertern«, sprach da Gernot.»Dann stirbt, wem es beschieden; der soll liegen tot.Darob will ich vergessen nie der Ehre mein.Unsere Widersacher sollen uns willkommen sein.«

 156 Da sprach der starke Hagen: »Das dünkt mich nicht gut.Lüdegast und Lüdeger sind erfüllt von Übermut.Wir können das Heer nicht sammeln in so wenigen Tagen«,sprach der kühne Recke. »Drum müsst Ihr Sigfrid dieses sagen.«

 157 Herberge den Boten in der Stadt man wies.Waren sie auch Feinde, gut zu verpflegen hießsie Gunther, der reiche – das war wohlgetan –,bis er fände die Freunde, die zur Hilfe zögen heran.

 158 Dem König seine Sorgen schufen jedoch viel Leid.Da sah ihn in Trauer der Degen tatbereit,der nicht wissen konnte, was ihm wäre geschehn.Da bat er den König, des Kummers Grund ihm zu gestehn.

 159 »Mich wundert es gar schmerzlich«, sprach da Sigfrid,»wie Ihr so habt verändert die fröhliche Sitt,die Ihr mit uns nun lange mochtet seither pflegen.«Drauf antwortet ihm Gunther, der gar stattliche Degen:

 160 »Nicht mag ich allen Leuten von dem Schweren sagen,das ich muss im Geheimen in meinem Herzen tragen.Doch soll man wahren Freunden klagen die Herzensnot.«Da ward Sigfrids Farbe beides, bleich bald und rot.

 161 Er sprach zu dem König: »Empfanget meinen Eid!Ich will Euch wenden helfen all Euer Leid.Wollt Ihr Freunde suchen, so will ich einer sein.Ich denke es zu vollbringen in Ehren bis zum Ende mein.«

 162 »Nun lohn Euch Gott, Herr Sigfrid! Die Rede dünkt mich gut.Selbst wenn mir Eure Stärke nimmer helfen tut,ich freue mich doch der Kunde, dass Ihr mir seid so hold.Sollt ichs noch erleben, ich wohl es Euch vergelten wollt.

 163 Ich will Euch hören lassen, warum ich traurig bin:durch Boten meiner Feinde vernahm das mein Sinn,dass sie heimsuchen wollen mit einem Heer mich hie.Solches taten Degen uns in diesem Land noch nie.«

 164 »Das achtet nur geringe«, sprach da Sigfrid,»und sänftigt Euern Kummer. Tut, was ich bitt,lasst mich Euch erwerben Ehre und auch Gewinn,eh dass Eure Feinde kommen zu diesem Lande hin!

 165 Wenn Eure starken Feinde zur Hilfe hätten wohldreißigtausend Recken, ich sie bestehen soll,hätt ich deren tausend, Ihr könnt vertrauen mir.«Da sprach der König Gunther: »Das will ich stets vergelten dir.«

 166 »Lasset mir drum folgen von Euch tausend Mann,da ich von den meinen nicht mehr stellen kannals nur zwölf Degen! So schirm ich Euer Land.Euch soll immer dienen fortan in Treuen Sigfrids Hand.

 167 Dazu helfe uns Hagen und auch Ortwein,Dankwart und Sindold, die werten Recken dein;auch soll mit uns reiten Volker, der kühne Mann;der soll die Fahne tragen: niemand besser als er es kann.

 168 Nun lasst die Boten reiten wieder in ihr Land!Dass sie uns bald da sähen, das gebe man ihnen bekannt,so dass unsere Städte Frieden haben fortan!«Da hieß der König entbieten jeden Magen und jeden Mann.

 169 Lüdegers Gesandte zu Hofe kamen so.Dass sie nach Hause sollten, dess waren sie gar froh.Da bot ihnen reiche Gaben Gunther, der König gut,und verhieß ihnen Geleite. Da ward ihnen freudig der Mut.

 170 »Nun sagt«, sprach da Gunther, »dieses den Feinden mein:sie sollten mit ihrer Ausfahrt daheim lieber sein!Doch wollen sie heimsuchen mich hier in meinem Land,es zerrönnen denn meine Freunde, ihnen wird dann Mühsal bekannt.«

 171 Den Boten reiche Gaben man zu Handen trug:davon hieß ihnen geben der reiche König genug.Die durften nicht verschmähen Lüdegers Mannen.Urlaub sie dann nahmen und zogen wohlgemut von dannen.

 172 Als die Boten waren nach Dänemark gekommenund der König Lüdegast dieses hatte vernommen,was sie am Rhein geredet; als er erhielt Bescheid,sein Übermut, der starke, ward ihm ohne Maßen leid.

 173 Man sagte ihm, sie hätten manchen Kühnen bei sich stehn;darunter hätte einen bei Gunther man gesehn,der sei geheißen Sigfrid, der Held aus Niederland.Leid war es Lüdegaste, da er die Kunde recht erkannt.

 174 Da die vom Dänenlande solches hörten melden,da mühten sie noch mehr sich, zu sammeln ihre Helden,so dass der König Lüdegast an Magen und Mannwohl zwanzigtausend Degen zu der Heerfahrt gewann.

 175 Da sammelte auch aus Sachsen der König Lüdeger,bis sie vierzigtausend hatten und noch mehr,mit denen sie reiten wollten in König Gunthers Land.Dort hatten in der Heimat die drei Könige ausgesandt

 176 zu den Burgunden und wackerer Mannen mehr,die zum Krieg sie wollten führen in ihrem Heer.Sie eilten, sich zu rüsten. Das schuf manche Not;darob mussten Degen später schauen viel den Tod.

 177 Sie rüsteten sich zur Reise. Als die Fahrt begann,die Fahne ward anbefohlen Volker, dem kühnen Mann,da sie ziehen wollten bei Worms übern Rhein.Hagen, der starke, der sollte Scharmeister sein.

 178 Mit ihnen ritt Sindold und auch Hunold,die wohl verdienen mochten reicher Könige Gold,Dankwart, der schnelle, und auch Ortwein;die mochten wohl mit Ehren bei dem Heereszuge sein.

 179 »Herr König, bleibt zu Hause«, sprach da Sigfrid,»da mir Eure Recken sollen folgen mit!Weilet bei den Frauen und habt guten Mut!Ich will Euch wohl behüten beides, Ehre so wie Gut.

 180 Die Euch heimsuchen wollen nach Worms an dem Rhein,das will ich wohl verhüten; es soll ihr Schade sein:wir wollen ihnen reiten so weit in ihr Land,dass der Übermut ihnen sei bald in Sorge umgewandt.«

 181 Vom Rheine sie durch Hessen mit den Helden rittengegen das Land der Sachsen. Da ward bald gestritten.Mit Raub und mit Brande verheerten sie das Land,dass es beiden Fürsten bald mit Schmerzen ward bekannt.

 182 An die Mark sie kamen. Die Knechte rückten an.Sigfrid, der vielstarke, zu fragen da begann:»Wer soll das Gesinde uns wohl hüten hie?«Es ward fürwahr in Sachsen zu größerm Leid geritten nie.

 183 Sie sprachen: »Die Unerfahrenen lasst hüten auf den Wegenden vielkühnen Marschall! Er ist ein schneller Degen.Wir büßen umso weniger durch Lüdeger dann ein.Lassen wir ihn und Ortwein bei der Nachhut darum sein!«

 184 »Selber will ich reiten«, sprach Sigfrid, der Degen,»und will wider die Feinde der Warte pflegen,bis ichs recht erkenne, wo die Recken sind.«Da ward bald gewaffnet der schönen Siglinde Kind.

 185 Das Heer befahl er Hagen, als er ausritt dann,und mit ihm Gernot, der vielkühne Mann.Dann ritt allein von dannen er in der Sachsen Land,wo die rechte Kunde wohl mit Ehren bald er fand.

 186 Er sah das Heer, das große, dort liegen auf der Mark;wider seine Mannschaft war es überstark.Es waren wohl vierzigtausend oder noch mehr.Der Held hohen Mutes sah mit Freuden dieses Heer.

 187 Da hatt sich auch ein Recke aus der Feinde Scharbegeben auf die Warte, der wohlbewaffnet war.Den sah der Herr Sigfrid und ihn der kühne Mann.Jeder auf den andern mit Zorn zu blicken da begann.

 188 Ich sag euch, wie er geheißen, der auf Wache stand –einen lichten Schild aus Golde, den trug seine Hand.Es war der König Lüdegast; der hielt des Heeres Hut.Der vieledle Fremdling zeigte gar herrlichen Mut.

 189 Nun hatte auch Herr Lüdegast als Feind ihn sich erkorn.Den Rossen stachelten beide die Flanken mit dem Sporn.Sie senkten auf die Schilde die Schäfte mit ihrer Kraft.Das hat dem hehren König große Mühsal verschafft.

 190 Gespornt die Rosse trugen die Könige geschwindgewaltig wider einander, als trüge sie ein Wind.Mit dem Zaum sie sie wandten gar ritterlich sodann.Mit dem Schwert es erprobte jeder grimmig starke Mann.

 191 Dass das Feld erschallte, schlug da Sigfrid los:es sprühten aus dem Helme wie von Bränden großheißen Feuers Funken von des Helden Hand.Da stritt gar gewaltig der edle Herr aus Niederland.

 192 Da schlug auch ihm Lüdegast gar manchen starken Hieb,dass die Spur beider Stärke auf den Schildern blieb.Das hatten da vernommen von den Seinen dreißig Mann.Ehe sie zu Hilfe kamen, den Sieg Sigfrid da gewann

 193 durch drei starke Wunden, die er dem König schlug,durch die lichte Brünne – die waren gut genug.Das Schwert mit seinen Schneiden hieb aus Wunden Blut.Da ward dem König Lüdegast nun gar traurig der Mut.

 194 Er bat um sein Leben und bot ihm sein Landund sagte ihm, er wäre Lüdegast genannt.Da kamen seine Recken. Sie hatten wohl gesehn,was da zwischen beiden auf der Warte war geschehn.

 195 Da er ihn von dannen führte, da ward er angeranntvon jenen dreißig Recken. Da wehrte Sigfrids Handseinen reichen Geisel mit heftigen Schlägen.Noch mehr Schaden tat dann Sigfrid, der auserwählte Degen.

 196 Die dreißig er zu Tode da wahrlich alle schlug.Nur einen ließ er leben. Der ritt schnell genugund sagte ihnen die Kunde, was hier wäre geschehn;auch konnte man die Wahrheit an seinem roten Helme sehn.

 197 Dänemarks Kriegern ward es grimmig leid,dass ihr Herrscher gefangen, als ihnen ward der Bescheid.Lüdeger man es sagte: zu toben er begannaus übergroßem Zorne. Ihm war Leid angetan.

 198 Lüdegast, der reiche, ward da gebrachtzu Gunthers Gefolgschaft durch Sigfrids Übermacht.Er übergab ihn Hagen, der kühne Recke gut.Als der vernahm die Kunde, da ward ihm fröhlich zumut.

 199 Er hieß die Burgunden die Fahne binden an.»Nun wohl auch«, sprach Sigfrid, »hier wird noch mehr getan.Eh der Tag sich neiget, wenn ich am Leben bleib,trauert im Sachsenlande manches guten Recken Weib.

 200 Ihr Helden von dem Rheine, nun nehmet es wahr:ich kann euch wohl geleiten zu Lüdegers Schar.Da seht ihr Helme zerhauen von guter Helden Hand,eh wir uns wieder wenden hin zum Burgundenland.«

 201 Zu den Rossen eilte Gernot und die ihm untertan.Volker, der kühne, die Fahne hob alsdann,der vielstarke Fiedler; da ritt er vor der Schar.Da waren auch die Gefährten herrlich kampfgerüstet fürwahr.

 202 Sie führten nicht mehr Krieger denn eintausend Mann,dazu noch zwölf Recken. Zu stieben da begannder Staub auf der Straße. Sie ritten über Land.Man sah von ihnen glänzen manchen schmucken Schildesrand.

 203 Dann waren auch die Sachsen mit ihrem Heer gekommenmit wohlgeschärften Schwertern, wie wir es vernommen.Die Schwerter schnitten kräftig in der Recken Hand.Da wollten sie den Fremden die Städte wehren und das Land.

 204 Der Fürsten Scharmeister das Heer da führte an.Da war auch Sigfrid kommen mit seinen Degen heran,die er mitgeführet aus dem Niederland.An diesem Tage ward blutig im Kampfe manches Schildes Rand.

 205 Sindold und Hunold und auch Gernotschlugen in dem Streite gar manchen Helden tot,eh sie es recht erprobet, der Kühnheit zu vertraun;das mussten noch beweinen gar manche wackeren Fraun.

 206 Volker und Hagen und auch Ortwein,die löschten im Streite gar manches Helmes Scheinmit fließendem Blute, kühn in der Schlacht.Da ward auch von Dankwart manche Heldentat vollbracht.

 207 Die Dänen erprobten gar wohl ihre Hand.Vom Anprall hörte man tönen manchen Schildesrandund auch von scharfen Schwertern, damit man Wunden schlug.Die streitkühnen Sachsen taten Schaden da genug.

 208 Jedoch die Burgunden drangen vor im Streit.Von ihnen ward geschlagen manche Wunde weit.Da sah man über Sättel fließen das Blut.So warben um die Ehre diese Ritter kühn und gut.

 209 Man hörte laut erschallen in der Helden Handihre scharfen Waffen, da die von Niederlandihrem Herrn nachdrängten in die dichte Schar.Ritterlich sie kamen mitsamt Sigfrid fürwahr.

 210 Denen von dem Rheine folgte niemand nach.Man konnte fließen sehen den blutigen Bachdurch die lichten Helme von Sigfrids starker Hand,bis er König Lüdeger vor seinen Heergesellen fand.

 211 Dreimal hin und wieder vordrang er dabis an des Heeres Ende. Nun war auch Hagen nah;der half ihm wohl erfüllen, was erstrebt sein Mut,an diesem Tage starben durch sie gar viele Ritter gut.

 212 Als der starke Lüdeger Sigfrid nun fand,und dass er so kräftig schwang in seiner Handdie wundscharfe Waffe und ihrer viel erschlug,darüber ward der König vor Leide zornig genug.

 213 Da gabs ein scharf Gedränge und lauten Schwerterklang,als beider Gefolge wider einander drang.Da erprobten die beiden Recken schärfer sich.Die Scharen begannen zu weichen. Da erhob sich Hass gar grimmiglich.

 214 Dem Herrscher der Sachsen ward gesagt Bescheid,sein Bruder sei gefangen; das schuf ihm herbes Leid.Nicht wusst er, dass der Sieger war Siglindes Kind;man zieh dessen Gernot. Doch bald erkannt er es geschwind.

 215 Solche Schläge gab es von Lüdegers Schwert,dass unterm Sattel Sigfrids strauchelte das Pferd;doch erhob es sich wieder. Der kühne Sigfridin diesem Kampfessturme auf gefährliche Weise stritt.

 216 Da half ihm wohl Hagen und auch Gernot,Ortwein und Volker – da lagen viele tot –,Sindold und Hunold, jeder ein kühner Mann,um die manche Fraue großen Schaden da gewann.

 217 Im Kampfe untrennbar waren die Fürsten hehr.Da sah man über die Helme fliegen manchen Speerdurch die lichten Schilde von der Degen Hand.Man sah gefärbt von Blute manches schmucken Schildes Rand.

 218 In dem starken Sturme schwang sich mancher Mannnieder von dem Rosse. Einander stürmten anSigfrid, der kühne, und auch Lüdeger.Da stritten wohl um Ehre die beiden Helden kühn und hehr.

 219 Der Schildbeschlag des Königs flog weg durch Sigfrids Hand.Sieg zu gewinnen dachte der Held aus Niederlandüber die kühnen Sachsen. Die hatten Ungemach.Hei, was an lichten Ringen der schnelle Dankwart zerbrach.

 220 Da hatte König Lüdeger auf dem Schild erkanntgemalt eine Krone vor Sigfrids Hand.Nun sah er, dass es wäre der hochgemute Mann.Der Held zu seinen Freunden da laut zu rufen begann:

 221 »Gebt es auf zu kämpfen, wer mein Mage und Mann,da ich Sigmunds Erben vor mir sehen kann!Von Niederland den Starken hab ich hier erkannt,ihn hat der üble Teufel zu uns Sachsen hergesandt.«

 222 Da senkte man die Fahnen in dem Kampfe nieder.Frieden er begehrte. Den gewährte man ihm wieder.Doch musst er Geisel werden in König Gunthers Land.Dazu hatt ihn gezwungen des kühnen Sigfrids starke Hand.

 223 Einmütig ließen sie da ab vom Streit.Viel durchschlagne Helme und auch Schilde breitaus der Hand sie legten, so viel man deren fand;die trugen blutige Farbe durch der Burgunden Hand.

 224 Die fingen, wen sie wollten: sie hatten die Gewalt.Da ließen der Herr Gernot und Hagen legen alsbalddie Wunden auf die Bahre. Sie führten mit sich dannan stattlichen Gefangnen nach Burgund fünfhundert Mann.

 225 Die sieglosen Recken nach Dänemark ritten.Es hatten auch die Sachsen so tapfer nicht gestritten,dass man Lob ihnen zollte; drum waren sie verzagt.Da wurden die Gefallnen von ihren Freunden sehr beklagt.

 226 Die Saumtiere trugen die Waffen an den Rhein.Es hatte wohl gefochten mit den Recken seinSigfrid, der starke, er hatte es gut getan.Das musst ihm zugestehen aus Gunthers Heere jedermann.

 227 Zurück nach Worms sandte Boten Gernot.Daheim in seinem Lande den Freunden er entbot,wie es ihm gelungen wäre und den Freunden sein.Es hatten die Vielkühnen wohl erhöht der Ehren Schein.

 228 Ihre Knappen eilten und brachten den Bescheid.Da freuten sich die Schönen, die vorher trugen Leid,hocherfreut ob der Kunde, die zu ihnen gekommen.Da ward edler Frauen eifriges Fragen vernommen,

 229 wie der reichen Könige Mannen es geglückt.Da ward einer der Boten zu Kriemhild geschickt.Das geschah gar heimlich: sie durfte nicht fragen laut;denn einer war darunter, der ihrem Herzen lieb und traut.

 230 Da sie den Boten kommen zur Kemenate sah,Kriemhild, die vielschöne, freundlich sprach sie da:»Sag an frohe Kunde, so geb ich dir mein Gold!Tust du es ohne Trügen, so will ich stets dir bleiben hold.

 231 Wie schied aus dem Kampfe mein Bruder Gernotund meine andern Gefreundten? Blieb ihrer mancher tot?Und wer tat das Beste? Das sollst du mir sagen.«So sprach der biderbe Bote: »Wir hatten nirgends einen Zagen.

 232 Doch zuvorderst im Streite ritt niemand so scharf,vieledle Königstochter, wenn ichs Euch sagen darf,als der vielkühne Fremde aus dem Niederland.In dem Kampf vollbrachte große Wunder Sigfrids Hand.

 233 Was die Recken alle in dem Kampf getan,Dankwart und Hagen, manch edler Königsmann,wie ehrenvoll sie stritten, das ist doch ein Windwider den starken Sigfrid, König Sigmundes Kind.

 234 Sie haben in dem Kampfe der Helden viel geschlagen.Doch könnte Euch die Taten niemand völlig sagen,die Sigfrid vollbrachte, ritt er in den Streit.Den Fraun an ihren Gesippen schuf er grimmiges Leid.

 235 Tod musste beklagen gar manches Helden Braut.Seine Schläge man hörte auf den Helmen also laut,dass aus den Wunden strömte das fließende Blut.Er ist in jeder Tugend ein Ritter tapfer und gut.

 236 Da hat auch viel geleistet von Metz Ortwein:wen er konnt erlangen mit dem Schwerte sein,der musste wund da liegen oder meistens tot.Doch schuf Euer Bruder die allergrößeste Not,

 237 die in Kampfesstürmen konnte je geschehn.Man muss den Auserwählten die Wahrheit zugestehn:die stolzen Burgunden bestanden so die Fahrt,dass sie vor jeder Schande die Ehre haben wohl bewahrt.

 238 Man sah von ihren Händen manchen Sattel leer,als das Feld hallte von ihren Hieben schwer.Die Recken von dem Rheine, die haben so gestritten,dass ihre Feinde besser hätten den Kampf vermieden.

 239 Auch die kühnen Tronjer, die schufen großes Leid,als mit Heereskräften man sie traf im Streit.Da schlug manchen zu Tode des kühnen Hagens Hand.Viel wäre davon zu sagen hier im Burgundenland.

 240 Sindold und Hunold in Gernots Heeresbannund Volker, der kühne, haben so viel getan,dass Lüdeger es immer wird bleiben leid,dass er meine Herren vom Rheine gerufen zum Streit.

 241 Das allerschärfste Streiten, das irgendwo geschah,vom ersten bis zum letzten, das jemand sah,das hat gern gefochten Sigfrids starke Hand.Er bringt reiche Geiseln her in König Gunthers Land.

 242 Die zwang mit seinen Kräften der wackere Mann,so dass der König Lüdegast Schaden viel gewann,und auch von den Sachsen der König Lüdeger.Nun hört von meiner Botschaft, vieledle Königin, noch mehr!

 243 Die hat gefangen beide Sigfrids starke Hand.Nie wurden so viel Geiseln gebracht in dieses Land,als durch seine Verdienste kamen an den Rhein.«Ihr konnte diese Kunde nicht willkommener sein.

 244 »Man bringt an Gesunden fünfhundert oder mehrund auch an Todwunden, wisset, Fraue hehr,wohl achtzig blutige Bahren her in unser Land.Die meisten streckte nieder des kühnen Sigfrids starke Hand.

 245 Die vordem uns vermessen Kampf ansagten am Rhein,die müssen nun Gefangne König Gunthers sein.Die bringt man mit Freuden her in unser Land.«Da erblüht ihre Farbe, da diese Botschaft ihr gesandt.

 246 Es ward ihr lichtes Antlitz vor Liebe rosenrot,da mit Freude war geschieden aus der großen Notder minnigliche Recke, Sigfrid, der kühne Mann.Freude ob der Gefreundten sie mit Rechten auch gewann.

 247 Da sprach die Minnigliche: »Du gabst mir Gutes bekannt.Dafür sollst du haben zum Lohn ein reich Gewand,und zehn Mark von Golde man dir zahlen soll.«So mag man solche Botschaft reichen Frauen bringen wohl.

 248 Man gab ihm zum Lohne das Gold und auch das Kleid.Da trat an die Fenster manche schöne Maid;Sie schauten auf die Straße. Reiten man da fandviele Hochgemuten in der Burgunden Land.

 249 Da sah man Unverletzte; der Wunden Schar da kam.Sie konnten Grüße der Freunde hören ohne Scham.Der König seinen Gästen freudig entgegenritt.Sein übergroßer Kummer, zu Ende war es damit.

 250 Da empfing er wohl die Seinen und die Fremden auch,wie dem reichen König geziemte solcher Brauch,gütig ihnen zu danken, die zu ihm gekommen,dass sie Sieg mit Ehren im Kampfe hatten genommen.

 251 Gunther bat, die Kunde von seinen Freunden zu sagen,wer auf der Heerfahrt wäre tot und erschlagen.Da hatt er nur verloren im Ganzen sechzig Mann,die man beklagen musste, wie man um Helden stets getan.

 252 Die Unversehrten brachten zerhauen manchen Rand,und manche Helme zerschroten in König Gunthers Land.Sie stiegen von den Rossen ab vor dem Saalzu freundlichem Empfange; man hörte fröhlichen Schall.

 253 Zur Herberge brachte die Wegmüden man.Der König seinen Gästen viel zu danken begann.Er hieß die Wunden pflegen und schaffen das Gemach,wie es seiner Tugend gegen Feinde auch entsprach.

 254 Zu Lüdeger sprach er: »Nun seid mir willkommen!Durch Eure Schuld hab ich Schaden viel genommen.Der wird mir entgolten, wenn mirs gelingen kann.Gott lohne meinen Freunden! Sie haben großen Dienst mir getan.«

 255 »Ihr könnt ihnen gerne danken«, sprach König Lüdeger;»so hohe Geiseln gewann kein König mehr.Für würdigen Gewahrsam bieten wir reiches Gut,damit Ihr nun in Gnaden an mir und meinen Freunden tut.«

 256 »Ihr könnt euch«, sprach der König, »frei bewegen hier.Doch dass meine Feinde nicht entweichen mir,dafür begehr ich Bürgen, dass aus meinem Land,sie fliehn nicht ohne Frieden.« Das gelobte ihm der beiden Hand.

 257 Man brachte sie zur Ruhe in guter Herberge da.Die Verwundeten gar sorglich gebettet man da sah.Man schenkte den Gesunden Met und guten Wein.Da konnte das Gefolge nimmer fröhlicher sein.

 258 Die zerhaunen Schilde in den Gewahrsam man trug.Blutiger Sättel gabs da auch genug;die hieß man verbergen: so weinten nicht die Fraun.Gar wehrmüde war da mancher Ritter anzuschaun.

 259 Der König sorgte eifrig für seiner Gäste Wohl.An Fremden und Bekannten ward das Land da voll.Wer schwer verletzt, den ließ man gütig verpflegen.Gering war geworden da der Übermut der Degen.

 260 Wer in Heilkunst bewandert, dem bot man reichen Sold,Silber ohne Waage, dazu das lichte Gold,dass sie die Helden heilten nach des Streites Not.Dazu große Gaben der König seinen Gästen bot.

 261 Wem wieder nach Hause zur Heimfahrt stand der Mut,den bat er, noch zu bleiben, wie man mit Freunden tut.Wie dem Gefolge er lohne, ging der König zu Rat:sie hatten seinen Willen in Ehren erfüllt durch ihre Tat.

 262 Da sprach der König Gernot: »Lasst sie fort alsdann.Über sechs Wochen, sei ihnen kundgetan,dass sie zu einem Feste kommen wieder her.Dann ist mancher geheilet, der nun liegt verwundet schwer.«

 263 Da begehrt auch Urlaub der Held von Niederland.Als dem König Gunther sein Wille ward bekannt,bat er minniglich ihn zu ändern seinen Plan.Wär es nicht um Kriemhild, er hätte nimmer dies getan.

 264 Dazu war zu reich er, dass er nähme Sold.Er hätt es wohl verdienet: der König war ihm holdund alle seine Magen: die hatten wohl gesehn,was durch seine Kräfte in dem Kampfe war geschehn.

 265 Um der Schönen willen zu bleiben er gedacht,die so gern er sähe. Da ward es so gemachtganz nach seinem Wunsche. Sie ward ihm wohlbekannt.Dereinst ritt er fröhlich heim in seines Vaters Land.

 266 Der Fürst ließ alle Zeiten Ritterspiele pflegen.Das tat dann frohen Willens so mancher junge Degen.Auch ließ er Sitze bauen bei Worms an dem Strandfür die, die kommen sollten zu ihm ins Burgundenland.

 267 Zu den selben Zeiten da sie sollten kommen,da hatte die Frau Kriemhild die Kunde wohl vernommen,er plane Festlichkeiten für Mage und Mann.Da ward mit großem Eifer von schönen Frauen viel getan.

 268 Mit Kleidern und mit Bändern, die sie da wollten tragen.Ute, die reiche, hörte die Kunde sagenvon den stolzen Degen, die da sollten kommen.Da ward aus seinen Hüllen manches gute Kleid genommen.

 269 Ihrem Kinde zuliebe ließ sie schneiden manches Kleid,womit sich da zierte manche Frau und manche Maidund viele junge Recken aus Burgundenland.Da ward auch vielen Fremden bereitet herrliches Gewand.

Das Nibelungenlied

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