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Buddhismus in Japan

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Japan stand um das Jahr 600 am Beginn einer neuen Epoche, die durch eine weitreichende Rezeption der chinesischen Kultur geprägt ist. Religionsgeschichtlich bedeutsam ist vor allem die Einführung des chinesischen Buddhismus, welcher der Tradition zufolge im Jahre 552 durch eine koreanische Gesandtschaft nach Japan gebracht worden war. Die Übernahme chinesischen Kulturgutes während der folgenden Jahrhunderte erstreckte sich auf so unterschiedliche Gebiete wie staatliche Verwaltung, Technik und Architektur und nicht zuletzt die chinesische Schrift und literarische Tradition. Buddhistische Mönche, die zum Studium nach China reisten, waren wichtige Träger dieses kulturellen Transfers. Im 8. Jahrhundert wurden in der Hauptstadt Nara sechs Klöster gegründet, in denen jeweils eine der während der Tang-Zeit in China bedeutenden buddhistischen Schulen vertreten war.

Buddhismus und Shintō

Der Buddhismus der Nara-Zeit (710–784) war durch eine enge Verbindung mit dem Kaiserhaus gekennzeichnet, die die Verbreitung der Lehre auch außerhalb der Hauptstadt begünstigte und staatliche Privilegien sicherte. Der staatlich geförderte Buddhismus hatte jedoch nur geringe Breitenwirkung und war im Wesentlichen auf das gelehrte Studium in den Klöstern und die Riten der Mönche beschränkt, durch die das Wohlergehen des Kaiserhauses und des Staates gesichert werden sollten. Daneben entstanden aber auch volkstümliche Formen des Buddhismus, die durch einzelne Mönche, oft aber durch nichtordinierte Priester und Bergasketen propagiert wurden. In diesen Strömungen vermischten sich buddhistische Einflüsse mit Elementen der traditionellen Religion, wie der Verehrung einheimischer Gottheiten (kami) und den damit verbundenen Festen. Diese vorbuddhistische religiöse Tradition verfügte weder über eine systematisierte Lehre noch über eine einheitliche Organisation. In Abgrenzung zum Buddhismus wurde sie nun als Shinto („Weg der Kami“) bezeichnet. Auch nach der Ausbreitung des Buddhismus bestand die Tradition des Shinto weiter, so dass beide Religionsformen mitunter in Spannung, meist aber harmonisch koexistierten. So wurde im 8. Jahrhundert die Sonnengöttin Amaterasu, auf die sich das Kaiserhaus zurückführte, als Erscheinungsform des Buddha Vairocana erklärt, dessen Symbol die Sonne ist. Damit war eine dogmatische Grundlage für die in der Folgezeit meist harmonische Verbindung von Buddhismus und Shinto geschaffen.

Die Kegon- und die Tendai-Schule

Die großen Tempel in Nara wurden durch die Gewährung von Steuerfreiheit und Landschenkungen zu wirtschaftlich und politisch einflussreichen Machtfaktoren. Unter anderem um sich dieser Macht zu entziehen, wurde 794 die kaiserliche Residenz nach Heian (heute Kyōto) verlegt. In der folgenden Heian-Zeit (794–1185) etablierten sich zwei buddhistische Schulen, die die gesamte spätere Entwicklung des japanischen Buddhismus wesentlich beeinflussten. Der gelehrte Mönch Kūkai (Ehrentitel: Kōbō-daishi, 774–835) reiste 804 nach China, wo er die esoterische Lehre der Schule des „Wahren Wortes“ (jap. Kegon, chin. Zhenyan) studierte. Die Kegon-Schule, die schon in Nara bestanden hatte, wurde durch Kūkai zu einer der beherrschenden Richtungen des Buddhismus in Japan. Ihre Wirkung resultierte sowohl aus einer hochentwickelten esoterischen Lehre als auch esoterischen Riten, die Kūkai zu höchstem Ansehen im Kaiserhaus verhalfen. Kūkais Nachruhm als umfassend gebildeter Mönch ließ ihn zu einer der bedeutendsten Gestalten des japanischen Buddhismus werden. Sein Zeitgenosse Saichō (Ehrentitel: Dengyōdaishi, 767–822), der mit ihm zusammen nach China gereist war, brachte von dort die Tradition der damals in China dominierenden Tiantai- (jap. Tendai-)Schule mit. Ein zentraler Text der Tendai-Schule war das Lotos-Sutra, in dem die Mahayana-Lehre von der Erlösung aller Lebewesen ihren hervorragendsten literarischen Ausdruck fand. Wie Kūkai wurde auch Saichō durch das Kaiserhaus protegiert, so dass sich die Tendai-Lehre zu einer auch in der Folgezeit einflussreichen Richtung des Buddhismus entwickeln konnte. In einem gewissen Kontrast zu den intellektuellen und religiösen Leistungen der Schule standen interne Rivalitäten zwischen den großen Klöstern, die nicht selten die Form bewaffneter Auseinandersetzungen annahmen.

Laienbuddhismus

Die fortschreitende Militarisierung der japanischen Gesellschaft erreichte während der Kamakura- (1185–1333) und der Muromachi-Zeit (1338–1573) ihren Höhepunkt. Die politische Macht lag in den Händen eines Militärgouverneurs (Shōgun) und einer Klasse von Kriegern (Samurai oder Bushi), deren Lebensführung und Werte das kulturelle Klima deutlich veränderten. Der Buddhismus nahm in dieser Zeit seine spezifisch japanischen Formen an, die nicht mehr durch die Vorlieben des Kaiserhofes und der Aristokratie bestimmt wurden, sondern durch die religiösen Bedürfnisse breiter Bevölkerungskreise. Anstelle aufwendiger Rituale und intellektueller Gelehrsamkeit traten einfache Lehren und Praktiken, die für alle zugänglich waren. Der Laienbuddhismus gewann an Bedeutung und selbst Mönche gaben zunehmend die zölibatäre Lebensweise auf, so dass im japanischen Buddhismus schließlich die traditionellen buddhistischen Ordensregeln weitgehend ignoriert wurden. Eine langfristige Konsequenz dieser Entwicklung war eine gewisse Verweltlichung des Klerus.

Amida Buddhismus

Die militärischen Auseinandersetzungen und die soziale Unsicherheit der Kamakura-Epoche bildeten den Hintergrund für das Aufkommen neuer buddhistischer Richtungen. Von bleibender Bedeutung waren die Schule des Reinen Landes, die Zen-Schule und die Schule des Nichiren. Die beiden erstgenannten waren nicht völlig neu, sondern hatten Vorläufer, die in die Heian-Zeit und bis nach China zurückreichten. Jedoch wurden sie in der Kamakura-Zeit zu Bewegungen, die den Buddhismus in Japan in besonderer Weise prägen. Im Zentrum der Schule des Reinen Landes (Jōdo-shū) stand auch hier der Glaube an die erlösende Hilfe des Buddha Amida (chin.: Amituo, Sanskrit: Amitabha) und die Hoffnung auf eine Wiedergeburt in seinem Westlichen Paradies. Der Gründer der Jōdo-shū, Genku (bekannter unter seinem postumen Namen Hōnen, 1133–1212), machte die Anrufung des Buddhas Amida (nembutsu) zur zentralen religiösen Praxis, die in allen Schichten der Bevölkerung große Popularität gewann. Hōnens Schüler Shinran (1173–1262) entwickelte die Lehre weiter und wurde zum Ausgangspunkt der einflussreichen „Wahren Schule des Reinen Landes“ (Jōdo-shinshū).

Zen Buddhismus

Im Unterschied zum Amida-Buddhismus der Schule des Reinen Landes vertrat der Zen-Buddhismus die Lehre, dass Erlösung nicht durch übernatürliche Hilfe, sondern nur aus eigener Kraft erlangt werden könne. Zen bedeutet Meditation, und wie in China war die Praxis der Meditation der Weg, die eigene Buddha-Natur zu erkennen und damit die Erleuchtung zu erlangen. In Japan wurde diese Schule durch Myōan Eisai (Eisei, 1141–1215) und Dōgen (1200–1253) popularisiert, die beide in China studiert hatten und jeweils unterschiedliche Richtungen des Chan-/Zen-Buddhismus mitbrachten. Der Zen-Buddhismus prägte nachhaltig den ästhetischen Geschmack der japanischen Kultur, unter anderem Dichtung, Malerei und Gartenkunst. Zen-Tempel waren Zentren der Gelehrsamkeit, in denen auch die Philosophie des Neo-Konfuzianismus studiert wurde. Die Verbindung von buddhistischer Disziplin des Geistes und konfuzianischem Moralkodex entsprach der Lebenshaltung der Kriegerklasse, die vom Zen-Buddhismus in besonderer Weise angezogen wurde.

Nichiren-Buddhismus

Ohne chinesische Vorläufer ist die dritte neue Richtung des Buddhismus der Kamakura-Zeit, die durch den Mönch Nichiren (1222–1282) begründet wurde. Wie die meisten buddhistischen Reformer dieser Epoche stand auch er zunächst in der Tradition des Tendai-Buddhismus, von dem er die Hochschätzung des Lotos-Sutra übernommen hatte. Jedoch steigerte er die Bedeutung des Lotos-Sutra in unerhörter Weise, indem er der Schrift selbst eine erlösende Kraft zuschrieb. Durch die Rezitation allein des Titels des Lotos-Sutra, in dem gewissermaßen die Essenz der grundlegenden Wahrheit des Buddhismus enthalten sei, könne der Zustand der Erleuchtung erreicht werden. Nichiren vertrat eine exklusivistische und zugleich politisch gefärbte Lehre, die beanspruchte, Japan durch soziale und politische Reformen auf der Grundlage seines Verständnisses des Lotos-Sutra aus Not und Gefahr zu erretten. Die anderen buddhistischen Schulen wurden als Irrlehren angegriffen. Nichiren sah sich deshalb seinerseits Verfolgungen ausgesetzt, konnte jedoch durch seine Missionstätigkeit eine Schule begründen, die bis heute besteht.

Rivalitäten und Konflikt

Rivalitäten und Konflikte zwischen verschiedenen buddhistischen Schulen waren in Japan keine Seltenheit. Auch Hōnen und Shinran waren wegen ihrer populären Lehren Angriffen durch Mönche der älteren Schulen ausgesetzt und wurden zeitweise staatlich verfolgt. In der Muromachi-Zeit unterhielt die Wahre Schule des Reinen Landes dann selbst bewaffnete Verbände, deren militärische Macht ebenso wie die der Mönchs-Armeen der Tendai-Tempel erst Ende des 16. Jahrhunderts gebrochen wurde. Volkstümlichere Formen des Buddhismus waren die zahlreichen wandernden Bettelmönche und Gruppen von Laienbuddhisten, die eng mit den lokalen Traditionen des Shintō verbunden waren. Shintō-Praktiken und buddhistische Frömmigkeit schlossen sich nicht wechselseitig aus, sondern bildeten eine Synthese, die dem religiösen Leben in Japan sein eigenes Gepräge gab.

In dem knappen Jahrtausend von 600 bis 1500 n. Chr. entfalteten sich die großen religiösen Traditionen Asiens zu der Form, auf die europäische Missionare und Händler zu Beginn der Neuzeit stießen. Weiter im Westen der Alten Welt, in Europa, vollzog sich im gleichen Zeitraum die Entfaltung des lateinischen und orthodoxen Christentums. Die Expansionsdynamik der großen Religionen formte religiöse Zivilisationen, deren Kohärenz sich wahrscheinlich am deutlichsten in der Verbreitung der die Grenzen von Völkern und Staaten überschreitenden religiösen Literaturen zeigt. So wie die intellektuelle Einheit des westeuropäischen Christentums durch seine lateinische Literatur vermittelt wurde und die der orthodoxen Kirche durch ihre griechische Tradition, so wurden der Hinduismus durch seine Sanskrit-Literatur, der ostasiatische Buddhismus durch den chinesischen Kanon, der Theravada-Buddhismus Südasiens durch den Pali-Kanon und die islamische Welt durch arabische und persische Literatur geprägt. Allerdings wirkten die literarischen Traditionen in erster Linie auf die intellektuellen Eliten, während ihr Einfluss auf das religiöse Leben der breiten Bevölkerung nur mittelbar war. Ethnische und regionale Traditionen waren weiterhin wirksam, weswegen die Expansion der Religionen nicht zu religiös homogenen Zivilisationen von Hinduismus, Buddhismus, Christentum und Islam führte, sondern unterschiedliche regionale Ausprägungen hervorbrachte. Trotz dieser internen Differenzierungen waren jedoch gegen Ende des 15. Jahrhunderts in der Alten Welt religiöse Großräume entstanden, deren Grenzen im Wesentlichen noch heute bestehen.

wbg Weltgeschichte Bd. III

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