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Sabine Ludwigs

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Das Weihnachtskarussell

An einem Abend im Dezember schneite es dicke Flocken. Bald war alles mit Schnee überzogen, auch die Holzbuden und die Dächer über den Fahrgeschäften auf dem Weihnachtsmarkt. Es sah gleich ein bisschen mehr nach Weihnachten aus und die Leute freuten sich über das weiße Gewimmel.

Das altertümliche Holzkarussell stand im hintersten Winkel des Weihnachtsmarktes und wurde von einem großen, hell erleuchteten Tannenbaum fast verdeckt.

Die meisten Menschen eilten daran vorbei, ohne einen Blick darauf zu werfen. Sie wollten lieber zu den modernen Fahrgeschäften, den Verkaufsständen und den Essbuden.

Aber das machte dem alten Mann, dem das Karussell gehörte, nichts aus. Das waren nicht die richtigen Leute für sein Karussell! Er wartete auf ganz besondere Fahrgäste. Liebevoll polierte er mit einem weichen Tuch die bemalten Holzfiguren, die auf den runden Boden montiert waren: ein Hirsch, ein Reh, ein großer und ein kleiner Esel, ein Schlitten, der von einem Rentier gezogen wurde, und zwei Kamele. Mehr Figuren gab es nicht, denn es war kein großes Karussell.

„Das ist schön! Wie im Märchen“, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihm.

Der alte Mann lächelte. Da standen drei Mädchen, jedes mit einem roten Zuckerapfel in der Hand, und schauten mit strahlenden Augen auf das Karussell.

„Ja, das stimmt“, antwortete er. „Und es ist ganz außergewöhnlich! Allerdings kann immer nur ein Kind damit fahren, wenn es erleben will, was für ein besonderes Karussell das ist. Man braucht schon ein wenig Mut dazu!“

Das Mädchen mit der blauen Jacke trat einen Schritt vor. „Wetten, ich trau mich?“

„Gut, ich glaube dir. Komm, steige auf und staune, junge Dame“, lud der Alte sie ein.

„Aber ich habe nur noch zwanzig Cent. Was kostet es denn?“, fragte das Mädchen.

„So ein Zufall, genau so viel kostet es!“, erwiderte der Mann. „Wenn du dir ein Tier ausgesucht hast, setzt du dich darauf, rufst ‘Mirakel!’, und schon geht es los.“

Aufgeregt gab sie ihm das Geld und setzte sich, ohne zu zögern, auf den Hirsch.

„Halte dich gut fest, Marie“, rief Anna und Lisa winkte ihr zu.

„Mirakel!“, flüsterte Marie.

Hui, schon begann das Karussell sich zu drehen! Die Freundinnen, die bunten Lichter und der Mann sausten nur so an ihr vorbei, immer schneller und schneller. Marie jubelte. Und noch eine Runde!

Plötzlich begann der Hirsch seinen Kopf zu bewegen und sein Geweih zu schütteln. Er schnaubte und galoppierte, mit ihr auf seinem Rücken, hinauf in den Himmel. Schneller und schneller, durch das Schneegestöber, am großen, silbernen Mond vorbei.

Marie hatte keine Angst. Sie hielt sich am Geweih fest und beschaute sich die Welt von oben. Wie winzig alles da unten war! Bald schon konnte sie die Menschen und Häuser nicht mehr erkennen.

„Hüh!“, rief sie. „Nur weiter, lieber Hirsch!“

Und der Hirsch flog durch das Schneegestöber.

Nach einiger Zeit ging es wieder hinunter zur Erde, direkt auf einen Wald zu. Es dauerte nicht lange, und Marie konnte die ersten verschneiten Bäume erkennen.

Der Hirschbock setzte zur Landung an und trabte mit Marie durch den Winterwald.

Wunderbar war es hier! Der Schnee glitzerte im Mondlicht und jemand hatte ein Tannenbäumchen mit Lichtern geschmückt.

Da stand eine Krippe, gefüllt mit Heu und Kastanien, für die Rehe und Hirsche. Der Förster hatte sie aufgestellt und auch für die Hasen Kohlblätter und Möhren unter einen Schneeschutz gelegt.

Die Tiere sahen Marie furchtlos an.

In den Zweigen des Weihnachtsbaumes hingen Futterringe und Grieben für die Vögel, die zwischen den Ästen umherhüpften. Die Füchse kauten auf ein paar Speckseiten herum. Weihnachtsgaben für die Tiere, damit sie ihren Winterhunger stillen konnten. „Wie mich das freut!“, sagte Marie und konnte sich nicht sattsehen.

Sie kamen an einem Feld mit den ansehnlichsten Tannen vorbei. Daneben stand ein Schild mit der Aufschrift: „Weihnachtsbäume!“

„Hier muss Papa morgen unseren Tannenbaum kaufen“, dachte Marie.

Da erhob der Hirsch sich wieder in die Lüfte und brachte sie wie der Wind zurück zum Karussell.

„Und, wie war es?“, wollte Lisa wissen. „Hat es Spaß gemacht?“

Konnte es sein, dass sie gar nicht gesehen hatte, wie der Hirsch mit Marie davongeflogen war? Das war doch nicht möglich!

Marie konnte vor lauter Staunen nur ein Wort sagen: „Wundervoll!“

„Jetzt bin ich dran!“, schrie Anna.

Sie kramte das Geldstück hervor und gab es dem Karussellbesitzer.

„Ja, komm nur“, sagte der freundlich. „Suche dir einen Platz und wenn du bereit bist, rufst du ...“

„Ich weiß schon“, unterbrach Anna ihn. Sie schob ihre blonden Zöpfe unter ihre Mütze, kletterte auf den kleinen Esel und sagte laut: „Mirakel!“

Schon ging die wilde Fahrt los.

Annas Herz klopfte vor freudiger Erwartung. Das Karussell wirbelte im Kreis und Anna mit ihm. Da hörte sie mit einem Mal ein lautes Iah. Der Esel schlug mit den Hinterbeinen aus und erhob sich in die Luft, höher und höher.

Anna juchzte. Sie fürchtete sich kein bisschen, wollte nur hinauf zu den Sternen. Das Eselchen galoppierte durch die Wolken und trug sie geradewegs zur himmlischen Weihnachtsbäckerei.

Hier gab es allerhand zu tun! Geschäftig eilten die Engel umher. Teig wurde geknetet, Plätzchen ausgestochen und gebacken.

„Hmm, wie köstlich das duftet!“, dachte Anna.

An einem Tisch wurde Gebäck mit Schokolade überzogen oder mit Zucker bestreut. An anderen Tischen packten Engel Spielzeug, Bücher und Puppen in bunte Päckchen.

Von irgendwo hinter den Wolken hörte man einen Engelschor Weihnachtslieder proben. „Stille Nacht, Heilige Nacht ...“ Es hörte sich so schön an, so hoch und rein!

„Was wollt ihr denn hier?“, fragte da einer der Engel erstaunt. „Wir haben gar keine Zeit für Besuch. Ab mit euch, zurück auf die Erde!“

Gehorsam trabte der Esel los, und schon saß Anna wieder auf dem Karussell.

Sie konnte vor Verwunderung nur den Kopf schütteln. Mit leuchtenden Augen rutschte sie von dem Eselchen herunter.

„Sag du doch wenigstens was“, bettelte Lisa. „Wo Marie schon keinen Ton herausbringt!“

„Oh“, machte Anna. „Oh.“

„Na gut. Jetzt will ich fahren“, rief Lisa.

Sie bezahlte und setzte sich auf ein Kamel.

„Bist du so weit, kleine Dame?“, fragte der alte Mann mit einem Lächeln.

„Jawohl. Es kann losgehen. Mirakel!“

Das Karussell drehte Runde um Runde. Die Höcker des Kamels begannen zu wackeln und schon eilte es durch die Lüfte davon. Lisa jauchzte vor Begeisterung. „Bitte, bring mich zum Christkind!“, bat sie.

Das Kamel lief über die Wolken, dann etwas tiefer und schließlich landete es auf der Erde.

Über ihnen stand ein Stern mit einem langen Schweif. Sein heller Schein erleuchtete die Landschaft. Das Strahlen drang bis in die dunkelsten Winkel. Langsam wanderte das funkelnde Licht über das Himmelszelt.

„Folge dem Weihnachtsstern“, sagte Lisa aufgeregt. Sie zogen dem Himmelslicht hinterher. Schließlich blieb der Stern über einer unansehnlichen Hütte stehen. Er ließ seinen Glanz noch heller erstrahlen.

Sie waren am Stall von Bethlehem angekommen. Da waren die Heiligen Drei Könige. Sie knieten auf dem harten Boden, genauso wie die Hirten. Ein Esel, ein Ochse und ein paar Schafe standen friedlich in einer Ecke. Mitten im Stall sah Lisa die Krippe, in der das Kind lag. Maria und Josef lächelten auf das Neugeborene hinunter. Das Baby schlief friedlich in seinem Bett auf Stroh.

„Das Christkind wurde geboren“, sagte Lisa zu sich selbst. Und sie spürte ein warmes, gutes Gefühl tief in sich drin.

Sie ritt näher an den Stall heran, stieg ab und kniete sich still neben die Hirten.

Hier, vor diesem Stall, waren Menschen und Tiere gleich. Alle wollten das heilige Kind willkommen heißen.

Da sie kein Geschenk für das Christuskind hatte, gratulierte sie ihm einfach nur leise zum Geburtstag. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, kleiner Jesus“, flüsterte sie. „Und frohe Weihnachten.“

Sie wusste nicht, ob das Christkind sie gehört hatte, aber ihr Herz hüpfte vor Freude in der Brust.

Als ihr Kamel schließlich ungeduldig mit den Vorderfüßen scharrte, stieg sie widerwillig auf.

Das Tier sauste los und schwang sich hoch empor. Ehe sie es sich versah, ging es schon wieder hinunter. Im Nu war sie zurück auf dem Weihnachtsmarkt und auf dem Karussell.

Die Mädchen sahen sich an. Vor Erstaunen brachten sie kein Wort heraus.

„So, für heute mache ich Feierabend“, sagte der Karussellbesitzer da. Er lachte und spannte sorgfältig eine Plane über das Karussell. Als es nicht mehr zu sehen war, gingen die Freundinnen, noch immer stumm, nach Hause.

Am nächsten Morgen kam Lisa, ein 20-Cent-Stück in der Faust, auf dem Weihnachtsmarkt an und konnte das Karussell nicht finden. Es war nicht mehr da. Der alte Mann war fort.

Nur Marie und Anna standen ratlos an der Stelle, wo das Karussell aufgebaut gewesen war.

„Glaubt ihr, er kommt nächstes Jahr wieder?“, fragte Marie schließlich.

Anna nickte heftig.

„Ja“, antwortete Lisa. „Ganz, ganz bestimmt!“

Weihnachten

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