Читать книгу Autismus-Spektrum-Störungen im Erwachsenenalter - Группа авторов - Страница 5
Vorwort zur 2. Auflage
ОглавлениеSeit Erscheinen der Erstauflage dieses Buches ist das Autismus-Thema in den Medien fast noch populärer geworden. Kaum eine große Fernsehserie verzichtet auf den sympathischen Nerd, der sonderbar und anders ist und zur Unterhaltung in Form vieler kommunikativer Missverständnisse beiträgt. Und auch in den Printmedien erfreut sich das Thema einer ungebrochenen Popularität. In einem eigentümlichen Gegensatz dazu spielt der Autismus im Bereich der Erwachsenenpsychiatrie und –psychotherapie nach wie vor nur eine randständige Rolle. An den meisten Uni- und Fachkliniken gibt es immer noch kein spezifisches diagnostisches und therapeutisches Angebot. Und auch der Versuch, für autistische Patientinnen und Patienten kompetente ambulante psychotherapeutische Hilfe zu organisieren, ist vielerorts zum Scheitern verurteilt.
Dabei belegen die jüngsten Zahlen des Center for Disease Control, dass die Prävalenz von Autismus-Spektrum-Störungen in den USA aktuell mit etwa 1,5% angegeben wird. Damit liegt sie erkennbar oberhalb der Häufigkeit der schizophreniformen Störungen. Aber nicht nur im klassisch psychiatrischen Setting, sondern auch in der ambulanten und stationären Psychotherapie werden Therapeuten ständig mit dem Thema konfrontiert – oft ohne es zu wissen. Denn das mit dem Autismus verbundene Anders-Sein ist mit erheblichen negativen Konsequenzen in Hinblick auf die Akzeptanz der Betroffenen in ihrem gesellschaftlichen und privaten Umfeld und am Arbeitsplatz verbunden. Die klinische Erfahrung zeigt, dass insbesondere der hochfunktionale Autismus oft als Basisstörung für sich sekundär daraus entwickelnde atypische oder komplexe psychische Störungen fungiert. Zunehmend wird auch klar, dass gerade im Bereich der psychotherapeutischen Medizin viele Menschen unter der Diagnose einer atypischen Depression, sozialen Phobie, Anpassungsstörung oder narzisstischen oder Borderline-Persönlichkeitsstörung gesehen werden, für die der bis dato nicht erkannte Autismus schließlich zum Schlüssel für das Verständnis der komplexen Symptome und Probleme wird.
Umso erfreulicher ist es, dass der Erfolg dieses Buches zeigt, dass das Interesse an der Thematik in Fachkreisen groß ist. Daher konnte bereits nach 3 Jahren eine aktualisierte und erweiterte Neuauflage herausgebracht werden. Unverändert wird der Weg zur sicheren Diagnose einer hochfunktionalen Autismus-Spektrum-Störung gewiesen. Dabei wurden nun die Neuentwicklungen durch das DSM-5 berücksichtigt. Ausführlich werden die klassischen und sehr häufigen psychischen Komorbiditäten thematisiert, die das Erkennen eines Autismus erschweren können. Umfassend werden therapeutische Interventionsmöglichkeiten wie Einzel- über Gruppenpsychotherapie inklusive des FASTER-Konzepts sowie stationäre und medikamentöse Therapie vorgestellt. In neuen Kapiteln wurden die Therapiemöglichkeiten und –wirklichkeiten in der ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Praxis sowie die Bedeutung der Diagnose auch für Angehörige ergänzt.
Ich hoffe, dass das Buch dazu beitragen kann, Neugier an diesem spannenden und oft sehr faszinierenden Themenbereich zu erwecken und Ideen zu vermitteln, wie den betroffenen Menschen bei der Bewältigung ihres Lebens geholfen werden kann.
Freiburg, November 2015
Ludger Tebartz van Elst