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Vom Vergessen all des Vergangenen

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Doch die Menschen dieses Landes, denen bis heute – verglichen mit anderen Ländern – wunderbarerweise viel an Lebensqualität und sozialer Sicherheit, Freiheit und Wohlstand beschieden ist, sind allzu leicht versucht, ihre Vergangenheit abzustreifen, all „das Böse“, die eigene Schuld und die Schicksalsschläge zu verdrängen, zu verharmlosen und zu vergessen. Sie verlieren damit freilich nicht nur einen wesentlichen Teil der eigenen Geschichte und ihrer Identität, ihrer Überlieferung und ihrer„Wahrheit“. Sie vergessen auch ihre Toten, die Opfer, die unerlösten Schreie. Eindringlich klingen die Stimmen jener Mahner, die frühzeitig schon eine „damnatio memoriae“, ein Erlöschen der Erinnerung der Millionen von Menschen heraufziehen sahen. Max Horkheimer zum Beispiel:

„Vergessen“, schreibt er in seinen Notizen ‚Dämmerung‘. „Wenn einer ganz tief unten ist, einer Ewigkeit von Qual, die ihm andere Menschen bereiten, ausgesetzt, so hegt er wie ein erlösendes Wunschbild den Gedanken, dass einer komme, der im Licht steht und ihm Wahrheit und Gerechtigkeit widerfahren lässt. Es braucht für ihn nicht einmal zu seinen Lebzeiten zu geschehen und auch nicht zu Lebzeiten derer, die ihn zu Tode foltern, aber einmal, irgendwann einmal, soll doch alles zurechtgerückt werden. Die Lügen, das falsche Bild, das man von ihm in die Welt bringt, ohne dass er sich noch dagegen wehren könnte, sollen einmal vor der Wahrheit vergehen, und sein wirkliches Leben, seine Gedanken und Ziele, ebenso wie das ihm am Ende zugefügte Leid und Unrecht sollen offenbar werden. Bitter ist es, verkannt und im Dunkel zu sterben.“1

Wer, um einem Wort Richard von Weizsäckers aus seiner Rede vom 8. Mai 1985 zu folgen, wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Viele Menschen scheinen heute tatsächlich blind zu sein für die Gegenwart und starren auf die Zukunft, ob und was ihnen die Technik, die Wirtschaft, der Markt von morgen bescheren.

Dem Entsetzen täglich in die Fratze sehen

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