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3. Kapitel: Frömmigkeit und Theologie

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In den Formen seiner Frömmigkeit und in der Fülle seiner theologischen Entwürfe bot der Protestantismus des 19. Jahrhunderts ein überaus buntes Bild. Pluralität war auch hier sein Kennzeichen. Ein neuer Bossuet hätte reichlich Gelegenheit gehabt, die These von Vielfalt und Widerspruch zu untermauern. Welche Welten lagen 1817 zwischen den Genfer Theologiestudenten und der dortigen Compagnie des Pasteurs! Die Theologiestudenten trafen sich in einem Zirkel, der sich dem Réveil, der „Erweckung“, zugehörig fühlte, während die Genfer Geistlichkeit zur Wahrung der Lehre Calvins die Pastoren eine Verpflichtung unterschreiben ließ. Im gleichen Jahr 1817 verließ ein steinreicher Schotte, Robert Haldane (1764–1842), die Stadt Edinburgh, um auf dem Kontinent zu missionieren: In seiner Genfer Hotelsuite empfing er die Studenten und legte ihnen völlig unakademisch den Römerbrief aus. In Berlin lehrten und predigten in den 1820er Jahren der vom herrnhutischen Pietismus, von Kant (1724–1804) und Spinoza (1632–1677) geprägte Friedrich Schleiermacher, der theologische Hegelianer Konrad Marheineke (1780–1846), der vom Judentum übergetretene Kirchenhistoriker August Neander (1789–1850), außerdem der konservative Ernst Wilhelm Hengstenberg (1802–1869). In Nordamerika stieg der Stern von Nathaniel William Taylor (1821–1902) auf, Pfarrer in New Haven, dann Professor in Yale. Taylors Anliegen war die Bekämpfung des in der Französischen Revolution hereingebrochenen „Irrglaubens“ durch Glaubenszuversicht und christliche Lebensgestaltung. Einen auch nur annähernd vollständigen Eindruck vom Frömmigkeits- und Theologiepluralismus des protestantischen 19. Jahrhunderts zu vermitteln ist unmöglich. Die Betrachtung muss sich auf wenige Beispiele konzentrieren. Wichtig ist das Mit- und Nebeneinander, oftmals auch Gegeneinander der Frömmigkeitsäußerungen, Lebenshaltungen und theologischen Entwürfe. Die reformatorische Konfessionsfamilie verzweigte sich immer weiter. Straffung und Konzentration gab es nur dort, wo entsprechende Organisationsstrukturen geschaffen wurden.

Ökumenische Kirchengeschichte

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