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Themenstrang 3: Unerwartetes bewältigen

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«Ist jemals eine Organisation deshalb am Überleben gescheitert, weil sie etwas Wichtiges vergessen hat? Es ist wahrscheinlicher, dass Organisationen deshalb scheitern, weil sie zu vieles zu lange im Gedächtnis behalten und fortfahren so zu tun, wie sie es schon immer getan haben.» (Weick, 1995, S. 320)

Trotz bisherigem Erfolg kann der Mensch jederzeit scheitern; dies vor allem dann, wenn er neuen Herausforderungen mit altbekannten Reaktionen begegnet und dadurch «falsches» Wissen nicht verlernt. Argyris ist vermutlich der bekannteste Autor, der sich aus dieser Perspektive mit organisationalem Lernen beschäftigt hat und Aspekte individuellen Lernens zu organisationalem Lernen transferierte. Er begründete die Konzepte der «defensiven Routinen» und der «eingeübten Inkompetenz» (Argyris, 1996).

Defensive Routinen sind Handlungen, die Menschen und Organisationen vor negativen Überraschungen, Gesichtsverlust oder Bedrohungen bewahren und sie gleichzeitig daran hindern, die Ursachen dafür zu reduzieren.

Gelernte und fixierte Grundmuster im Umgang mit schwierigen oder neuartigen Situationen funktionieren häufig linear als «single-loop learning», einem steten Kreislauf von Aktion und Reaktion, ohne die Vorgehensweise grundsätzlich und reflexiv auf einer Metaebene infrage zu stellen («double-loop learning»). Dabei entwickeln sich organisationale defensive sich wiederholende Muster, die eigentliches Lernen – als aktive Anpassung an veränderte Verhältnisse – verhindern. Organisationales Lernen findet laut Argyris und Schön (2002, S. 31f. und S. 47) dann statt, wenn frühere Erfahrungen von Erfolg und Misserfolg analysiert und interpretiert werden, wenn auf Überraschungen – bei Nichtübereinstimmung von erwarteten und erfolgten Ergebnissen – mit Reflexion und veränderter Aktion geantwortet wird.

Für Weick und Sutcliffe (2016, S. 72–76) geht es jedoch – gerade in Krisensituationen (wie der zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Buches virulenten Covid-19-Krise) – nicht darum, das Unerwartete mit Routinen und Plänen einzudämmen, sondern variabel mit dem Unerwarteten umzugehen. Sie beschreiben dabei Konzepte wie «organisationale Resilienz», das «Sense-Making» und «achtsames Organisieren». Mehr dazu im Text von Thomann in diesem Buch.

Relevante Fragen zu diesem Themenstrang sind unter anderem:

 Ist die Thematik des Umganges mit Unerwartetem in Bezug auf Organisationen in den beiden Feldern Gesundheit und Bildung wirklich so neu? Kann man jetzt schon von Unterschieden in der organisationalen Dynamik und im Führungshandeln zwischen «vorher», «während» und einem allfälligen «danach» sprechen, von «vor der Krise», «während der Krise» und «nach der Krise»? Waren Organisationen (Spitäler, Kliniken, Schulen, Hochschulen) vor Corona beständig, stabil und planbar?

 Wie können Führungskräfte im Gesundheitswesen und im Bildungsbereich unerwartete Krisen wie Covid-19 produktiv bewältigen? Welches Potenzial liegt in der Krisenbewältigung?

 Wie viel Planung, wie viel Antizipation, wie viel Vorsorge ist dabei möglich, wie viel Improvisation notwendig?

 Wie lassen sich Begriffe wie «Risiko», «Ungewissheit», «Unvorhersehbares», «Unerwartetes» und «Unsicherheit» unterscheiden?

 Welche Kennzeichen von Resilienz lassen sich in Krisenzeiten in Organisationen ausmachen?

 Welches Führungsverhalten ist adäquat für den Umgang mit Unerwartetem?

Porträt von Janine Allimann: Hans-Peter Karrer

Porträt von Jacqueline Martin: Sylvia Kaap-Fröhlich

Theoretischer Bezug: Geri Thomann

Zwischen Expertise und Führung (E-Book)

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